An und für dich
zu erzählen. Das war damals deine Entscheidung, und das hier ist jetzt meine.«
Sie löste den Wohnungsschlüssel von ihrem Schlüsselbund und legte ihn auf das Tischchen im Flur. Dann zog sie die Tür hinter sich zu. Und Mrs. O’Keefe, die so tat, als würde sie ihre Rosen stutzen, sah ihr dabei zu, wie sie sich draußen hinter der Magnolie übergab.
28
Lizzie und Luke buddelten ein Loch neben dem leeren Planschbecken. Draußen, in dem kleinen, verwilderten Garten, sah es aus, als wären sie dieselben Kinder wie vor dem Sommer. Das waren sie jedoch nicht.
Luke aß kaum noch etwas, und Lizzie machte wieder ins Bett. Es ging ihnen nicht gut, wenn sie den Tag mit Conor verbrachten, und es ging ihnen nicht gut, wenn sie zu Hause bei Jess waren. Was bedeutete, dachte Jess, als sie ihre Tasse abspülte, dass es ihnen jeden einzelnen Tag schlecht gegangen war, seitdem Conor sie verlassen hatte. Und heute würde sie etwas dagegen tun. Sie würde ihn bitten, nach Hause zu kommen. Conor hatte ihr vorhin eine SMS geschickt und gefragt, ob er heute um zwei vorbeikommen könnte, und sie hatte sich den Nachmittag freigenommen. Sie würden sich zusammensetzen, wie Erwachsene miteinander reden und die Sache regeln.
Er war derjenige, der gegangen war. Sie musste ihm klarmachen, dass sein Handeln Folgen hatte. Aber sie war wahrscheinlich ungerecht gewesen, als er ihr von dem Streit in der Schule erzählt hatte. Saffy hatte recht: Conor würde niemandem mit Absicht wehtun, schon gar keinem Kind. Und dass er seinen Job als Nachhilfelehrer verloren hatte, war nicht das Ende der Welt. Es gab andere Sommerschulen, an denen er unterrichten konnte. Sie würden schon irgendwie klarkommen.
Sie wollte ihn nicht sofort bitten, wieder zu Hause einzuziehen. Ihre Eltern hatten ein Ferienhaus in Kinsale, und jetzt, da Conor nicht arbeiten musste, konnten sie vielleicht eine Woche mit den Kindern dort hinfahren. Zeit miteinander verbringen. Versuchen, wieder zueinanderzufinden.
Jess betrachtete ihr Spiegelbild im Fenster. Sie sah aus wie immer. Dieselben strubbeligen blonden Haare, derselbe zu große Mund, dieselben blaugrauen Augen. Sie trug eine alte, graue Strickjacke, an der mehrere Knöpfe fehlten, und etwas eingelaufene schwarze Leggins. Sie hatte nicht vorgehabt, sich noch umzuziehen, aber auf einmal wollte sie es doch. Es war nicht wie damals mit den dämlichen Dessous. Er sollte sie nur von ihrer schönsten Seite sehen. Sie rief die Kinder herein, setzte ihnen ihr Mittagessen vor und lief nach oben unter die Dusche.
Sie zog ein sauberes Sommerkleid an, tupfte sich ein wenig Parfum an den Hals und kämmte sich die Haare. Sie öffnete den Kleiderschrank, um ihre Sandalen herauszuholen. Ein Sweatshirt von Conor war hinter die Schuhe gefallen. Jess schüttelte es aus. Sie hatte es immer geliebt, wie groß Conors Sachen waren. Es gab ihr ein Gefühl von Geborgenheit.
Hatte sie ihm das jemals gesagt? Sie vergrub das Gesicht in dem weichen, grauen Baumwollstoff. Er duftete immer noch nach ihm. Niemand roch wie Conor. Er roch nach zu Hause. Sie vermisste ihn so sehr. Sie vermisste alles an ihm. In der Tasche des Sweatshirts raschelte etwas. Sie zog einen Zettel heraus. Es war die Rechnung für ihre Visakarte. Und es waren fast zwölftausend Euro.
»Brendan!« Lizzie kam in die Küche gerannt, wo Jess am Tisch saß. »Daddy ist da, und er hat Brendan in einem Karton dabei!« Einen Moment später kam Luke dazu, in der Hand Brendans Käfig, und er strahlte. Conor kam hinter ihm herein. Er hatte einen Schuhkarton in der Hand, in dessen Seite ein Loch war. Eine winzige, weiße Nasenspitze kam zum Vorschein und verschwand wieder.
Er lächelte. »Rat mal, wen ich gefunden habe. Er ist schon vor ein paar Tagen aufgetaucht, aber ich wollte mit der Überraschung noch warten, bis wir uns sehen.« Er öffnete vorsichtig den Karton und holte einen Hamster heraus. »Es ist Brendan.« Er hatte es tatsächlich geschafft, einen Hamster zu finden, der ihm fast aufs Haar glich, das musste Jess ihm lassen.
Ihr Ton war schneidend. »Das ist nicht Brendan«, erklärte sie den Zwillingen. »Brendan ist tot. Daddy hat einen Hamster gekauft, der so aussieht wie er. Das ist schön, aber es ist nicht Brendan.«
Ihre Gesichter erstarrten. Lukes Unterlippe zitterte.
»Doch, das ist wirklich Brendan«, sagte Conor. »Ich weiß nicht, wie er zu Greg und Saffy in die Wohnung gekommen ist, aber irgendwie hat er es eben geschafft. Er hat wild bei ihnen in der Küche
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