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An und für dich

An und für dich

Titel: An und für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Griffin
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perfekt.«
    Saffy hatte noch nie in einem Zelt geschlafen, und es sah auch nicht so aus, als ob sie in diesem schlafen würde. Der Schlafsack hatte sich um ihre Beine gewickelt, aber sie traute sich nicht, sich zu bewegen, weil Liam und Joe sonst aufwachen könnten. Immer wieder hatte sie das Gefühl, ihr würde etwas durchs Gesicht krabbeln. Dicht an ihrem einen Ohr trommelte der Regen auf die Zeltwand, und Liam schnarchte ihr ins andere.
    Ihr war heiß. Sie hatte Hunger. Es juckte sie überall, und als sie sich endlich überwunden und aus ihrem Schlafsack herausgearbeitet hatte, musste sie zur Toilette. Es gab aber keine. Sie hockte sich hinter einen Baum, hoffte inständig, dass in dem feuchten Gras keine Blutegel saßen, und bemühte sich, sich nicht auf den Fuß zu pinkeln.
    Sie hatte keine Taschentücher in ihrer Handtasche, erinnerte sich aber, dass im Handschuhfach eine Packung Feuchttücher lag. Als sie im Auto saß, fühlte sich der Sitz unter ihr so warm und weich und trocken an, dass sie sich für einen Moment zurücklehnte und die Tür schloss.
    Sie erwachte, weil jemand ans Fenster klopfte. Sie schrie auf, und während ihr Schrei noch in der Luft hing, erkannte sie, dass es nur Joe war.
    Sie kurbelte das Fenster hinunter. »Tut mir leid!«, flüsterte sie. »Ich musste nur pinkeln. Ich wollte hier nicht einschlafen.«
    Irgendetwas stimmte nicht. Joe stand dort so komisch im Regen und sah sie nicht an. Er reichte ihr ihr Blackberry.
    »Für dich.«
    »Wer ist es denn?« Sie versuchte, in der Dunkelheit seinen Blick einzufangen, aber er hatte sich schon weggedreht.
    »Dein Mann«, sagte er. »Anscheinend.«
    Greg hatte Übung darin, schlechte Nachrichten zu überbringen. Als Mac Malone hatte er es in fast jeder Folge getan. Damals hatte er allerdings ein Drehbuch gehabt, an das er sich hatte halten können, und nun musste er einfach drauflosreden.
    »Deine Mutter, Saffy. Sie … Scheiße, ich weiß nicht, ob …«
    Saffy vergaß, dass sie schon saß, und versuchte, sich am Autodach festzuhalten, um nicht umzukippen.
    »Was? Was ist mit meiner Mutter, Greg?«
    »Sie ist zusammengebrochen. Dieser Catweazle-Typ, ihr Freund – Ben? Ken?«
    »Len?«
    »Er wollte sie besuchen und hat sie gefunden. Es ist schlimm … ich meine … sieht nicht gut aus. Wie schnell kannst du herkommen? Ich meine … zum Krankenhaus Vincent’s?«
    Saffy schaltete die Scheinwerfer ein. Aus der Dunkelheit sprangen ihr tropfnasse Bäume und Büsche entgegen. »Ich brauch eine Stunde. Anderthalb. Geht’s ihr gut, Greg? Wird sie …?«
    Saffy hielt das Wort »sterben« vorsichtig im Mund, wie einen Glassplitter, aber sie schaffte es nicht, es auszuspucken.
    »Keine Ahnung. Anderthalb Stunden? Saff, wo bist du denn? Ich dachte, du kümmerst dich um sie? Scheiße, Polizei! Ich hab keine Freisprechanlage. Ich muss auflegen. Beeil dich, ja?«
    Joe stand ein paar Meter von ihrem Auto entfernt mit dem Rücken zu ihr im strömenden Regen. Seine nackten Füße waren schlammig. Seine schwarze Unterhose war vollkommen durchnässt. Seine Haare klebten ihm am Kopf.
    »Ich muss los …« Saffy startete den Motor. »Meine Mutter ist …«
    »Ich weiß.« Er sah sie immer noch nicht an. »Hat mir dein Mann schon gesagt.«
    Die Regenwolke schien genau über ihnen zu stehen. Riesige, fette Tropfen trommelten auf das Autodach. Er sagte etwas, was sie nicht verstand.
    »Wie bitte?«
    »Soll ich dich fahren?«
    »Nein. Bleib hier bei Liam.« Wenn er sie doch nur ansehen oder etwas näher kommen würde. »Joe, ich kann das alles erklären.«
    »Da gibt’s nichts zu erklären.« Er klang erschöpft. »Ist ja nicht das erste Mal, dass ich belogen werde. Ich kenn mich auf dem Gebiet ziemlich gut aus.«
    »Ich hab nicht gelogen«, sagte Saffy. »Echt nicht, Joe. Rein theoretisch sind wir verheiratet, aber …«
    »Ich will’s gar nicht wissen. Wirklich nicht. Fahr los«, sagte er. »Fahr einfach.«

Teil Drei

30
    Die glatzköpfige alte Frau auf der Metalltrage konnte unmöglich ihre Mutter sein. Sie war es aber. Jill war bewusstlos. Sie war komplett verkabelt. Aus dem Arm und aus der Nase kamen Schläuche, die unter der blauen Decke verschwanden. Ein nackter Fuß ragte unter der Decke hervor. Die Ferse war schmutzig und der pinkfarbene Nagellack abgesplittert. Saffy zog sich den Pullover aus und deckte ihn darüber.
    Sie setzte sich auf einen abgenutzten grünen Plastikstuhl und nahm die Hand ihrer Mutter. Sie war kühl und leblos, als ob Jill aus ihr

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