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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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Herrschaft wohnten, hatte
Mariazinha darauf bestanden, jeden Abend nach Hause gehen zu dürfen. »Lieber
Herr Jesus, ich kann doch nicht mit einem Junggesellen das Haus teilen!«
    Aaron fand zwar die Idee, jemand könne ihm ein
Verhältnis mit Mariazinha unterstellen, absurd, aber es war ihm nur recht, wenn
sie nicht mit ihm unter einem Dach lebte.
    Als Aaron gerade unentschlossen einen kleinen
Bilderrahmen musterte, klingelte es an der Tür. Wer das wohl sein mochte?
Vielleicht Vita? Sie hatte die beunruhigende Angewohnheit, manchmal
unangemeldet vorbeizuschauen. Aarons Herz schlug schneller. Er legte den Rahmen
zurück in die Kiste, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, klopfte die staubigen
Knie seiner Hose ab und hoffte, dass er nicht gar zu unmöglich aussah.
    Doch an der Tür standen die Witherfords und
sahen ihn vorwurfsvoll an.
    »Sagen Sie nicht, dass Sie in diesem Aufzug
ausgehen wollen.« Charles Witherfords Miene oszillierte zwischen verärgert und
belustigt.
    »Sie haben unsere Verabredung vergessen, nicht
wahr?«, stellte seine Frau fest.
    »Aber nein, keineswegs. Ich habe mich nur in der
Zeit verschätzt. Kommen Sie doch bitte herein, und trinken Sie ein Glas, während
ich mich schnell fertig mache.« Wenn Aaron eines bei der Ausübung seines
Berufes gelernt hatte, dann die Kunst, sich nie Überraschung oder andere Gefühlsregungen
anmerken zu lassen. Er hatte tatsächlich nicht mehr daran gedacht, dass er
heute mit dem Paar verabredet war, mit dem ihn inzwischen mehr verband als eine
reine Geschäftsbeziehung. Aaron fand die Leute sehr angenehm, und wenn er
weiter so oft mit ihnen ausging, um beim Testen neuer Restaurants über
juristische Angelegenheiten oder gemeinsame Bekannte zu reden, wären sie sicher
bald enge Freunde. In Rekordzeit machte er sich zurecht. Als er das
Konferenzzimmer betrat, beäugte ihn Loreta Witherford von Kopf bis Fuß und
sagte zu ihrem Mann: »Charles, ob es wohl stimmt, was man hört, und es wirklich
die Liebe ist, die unseren guten Aaron hier in einen so adretten Mann
verwandelt hat?«
    Aaron mochte solche Frotzeleien nicht, behielt
aber den spielerischen Ton bei. »Das würde ja bedeuten, dass > unser guter
Charles hier < nicht verliebt ist, so wie er schon wieder aussieht – und das,
liebe Loreta, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Jeder sieht,
dass der Mann Sie anbetet.« Loreta und Charles fielen in Aarons Lachen ein,
bevor sie sich verstohlen einen kleinen Kuss gaben.
    Gut gelaunt machten sie sich auf den Weg zu »Chez
Louis«, einem Lokal, das ganz neu eröffnet hatte und in dem ein gefeierter
französischer Koch seine Kunst ausübte. Die Mehrzahl der Gäste kam allerdings
nicht wegen der delikaten Speisen, die ohnehin kaum jemand zu würdigen wusste,
sondern um sich und ihre vermeintlich gehobene Lebensart allen Mitgliedern der
Gesellschaft, die hier verkehrten, zu zeigen.
    »Foie gras de canard«, las Charles mit seinem
starken englischen Akzent aus der Speisekarte vor, »pfui Teufel! Die Franzosen
sind wirklich verrückt. Und nicht nur beim Essen. Habe ich schon erzählt, dass
sie den Bau des Panama-Kanals durch die Ausgabe von Aktien finanzieren wollen?
Damit übernehmen sie sich, darauf wette ich mein ganzes Hab und Gut.«
    »Aber die Idee ist doch nicht schlecht«, wandte
Aaron ein. »Ein Kanal, der den Atlantik mit dem Pazifik verbindet, wäre auch für
Brasilien von großem Vorteil. Unsere Exportgüter, vor allem Kaffee, könnten per
Schiff viel schneller und kostengünstiger in die westlichen US-Staaten
transportiert werden, die ja ein aufstrebender Markt sind.«
    »Aber der Bau eines solchen Kanals ist
langwierig und kostet ein Vermögen. Ihn zu passieren wäre auch für die Schiffe
teuer – bestimmt würde eine exorbitante Maut verlangt. Nein, es ist besser, auf
die Erweiterung der amerikanischen Eisenbahnstrecken zu setzen. Wenn Sie Ihr
Geld klug anlegen wollen, sollten Sie in Aktien der großen Stahl- und
Eisenbahnunternehmen investieren.«
    »Welches Geld, Charles? Bei meinen
bescheidenen Honoraren ...«
    Charles Witherford lachte so laut, dass sich
einige Leute an den Nebentischen nach ihm umdrehten. Aaron zwinkerte Loreta zu.
Alle drei wussten, dass Aaron an den neuen Klienten, die er mit Hilfe der
Witherfords akquiriert hatte, nicht schlecht verdiente. Nachdem sie ihre Aperitifs
bekommen und sich für ihre Gerichte sowie einen Wein entschieden hatten,
erkundigte sich Aaron nach den Kindern der Witherfords, insbesondere nach

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