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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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voll
genug, um sinnlich zu wirken. Cordélias Wimpern waren, anders als bei den
meisten Schwarzen, nicht zu Halbkreisen gebogen, sondern waren lang und sanft
gerundet. Ihr Haar, das nicht die typische Krause hatte, trug sie kurz, als
wolle sie damit ihre Solidarität mit den Feldsklavinnen bekunden.
    Die Spannung, die in der Luft lag, schien León
zu amüsieren. Er hatte einen Mundwinkel zu einem schiefen Lächeln nach oben
verzogen.
    »Vita, wieso haben wir alle hier nichts von
Ihrem Besuch erfahren? Und wo haben Sie Ihren Verehrer Aaron Nogueira gelassen?«
    »Aaron«, erklärte Pedro, der sich inzwischen zu
ihnen gesellt hatte, »ist nicht in der Stadt. Er bedauert es zutiefst, dass er
meine
    Schwester verpasst. Andererseits ist er klug
genug, um zu wissen, dass eine neuerliche Begegnung ihm nicht gut bekäme – er
hat sich gerade wieder in den Griff bekommen.«
    Aarons Schwärmerei für Vitória hatte anscheinend
schon die Runde gemacht. Vitória war das peinlich.
    »Und da ich dich ja seit ein paar Wochen nicht
mehr zu Gesicht bekommen habe«, fuhr Pedro zu León gewandt fort, »konnte ich
dir auch nichts von meinem Familienbesuch erzählen. Hätte ich es dir etwa
schreiben sollen?«
    León sah Vitória mit durchdringendem Blick an.
Nein, nicht ihr Bruder, sie selbst hätte es ihm schreiben sollen. Und das hätte
sie auch getan, wenn sie die Möglichkeit gehabt hätte, unbemerkt einen Brief
zur Post bringen zu lassen. Aber das konnte sie ihm hier nicht mitteilen, nicht
ohne gleichzeitig ihren beschämenden Hausarrest zu erwähnen. Und das würde sie
niemals tun, solange diese impertinente Cordélia dabei war.
    »Wie lange bleiben Sie in Rio?«, fragte León Vitória.
    »Nur drei Tage. Meine Mutter und ich machen ein
paar Weihnachtseinkäufe. Übermorgen fahren wir schon wieder zurück.« In Leóns
Augen lag die unausgesprochene Frage, ob sie sich würden sehen können.
Jedenfalls interpretierte Vitória so seinen funkelnden Blick, der unverwandt
auf sie gerichtet war und der ihr die Knie weich werden ließ.
    »Haben Sie eigentlich schon die Kaviartoasts
probiert, die es hier gibt? Nein? Na, dann wird es aber Zeit, sie sind vorzüglich.«
León ging zum Tresen hinüber, an dem Erfrischungen angeboten wurden.
    Vitória fragte sich, was dieser abrupte
Themenwechsel zu bedeuten hatte. Sie sah León nach, der sich mit federndem Gang
geschickt durch die Menge bewegte.
    Vitória hörte nicht, was Joana zu Cordélia
sagte, genauso wenig, wie sie dem Gespräch von Pedro und João Henrique
Beachtung schenkte. Dona Alma und Senhor Manuel waren noch immer miteinander
beschäftigt, und die glänzenden Augen ihrer Mutter hätten Vitória zu denken
gegeben, wenn sie sie bemerkt hätte. Aber das hatte sie nicht.
    Sie stand ganz still, das Gesicht noch immer in
Richtung Bar gedreht. Erst als León wieder auf sie zukam, ließ die vorübergehende
Betäubung nach. Vitória bemerkte, dass Cordélia sie anstarrte. »Sie werden sich
an ihm verbrennen«, raunte die Mulattin ihr zu. Als León wieder zu ihnen stieß,
warf sie ihm ein strahlendes Lächeln zu.
    »Der Kellner kommt gleich mit unserem Imbiss«,
sagte er. »Allerdings werde ich leider nicht mehr in dessen Genuss kommen. Ich
muss noch ein paar Leute begrüßen. Unter anderem den Herrn dort drüben. Er ist
der Abgeordnete Fabiano Almeida Roza. Kommst du, Cordélia?«
    Vitória fühlte sich vor den Kopf gestoßen. Was
sollte das? »Vita, Sie ahnen nicht, wie sehr ich es bedaure, dass unser zufälliges
Treffen so kurz sein musste.« Er verbeugte sich und nahm ihre Hand, um sie zu küssen.
Dabei ließ er unauffällig ein kleines Stück Papier in ihre Handinnenfläche
gleiten.
    Den dritten Akt des Stückes und den Rest des
Abends erlebte Vitória wie betäubt. Obwohl sie sich fest vorgenommen hatte,
jede Sekunde ihres Rio-Aufenthaltes auszukosten und keine Sekunde mehr als nötig
allein auf ihrem Zimmer zu verbringen, fieberte sie jetzt dem Zeitpunkt
entgegen, da sie endlich ungestört sein konnte. Als sie sich zeitig
verabschiedete, machten sich Dona Alma, Joana und Pedro ernsthafte Sorgen um
sie.

VIII
    Morgen, 14 Uhr, vor dem Palacete da Graça.
    Mehr stand nicht auf dem Zettel. León hatte
diesen Satz mit Bleistift auf die Rückseite eines Quittungsformulars
gekritzelt, aber
    Vitória war, als habe sie nie einen schöneren
Brief erhalten. Sie lag im Bett und las die Notiz immer und immer wieder. Sie
konnte sich gar nicht satt daran sehen. Es war bereits zehn Uhr am Morgen,

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