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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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machte ihn menschlicher.
    »Sinhá Vitória, ich bringe Ihr Frühstück«,
meldete sich Maria do Céu an der Tür.
    »Ja, komm her. Stell das Tablett einfach auf dem
Frisiertisch ab, ich versuche später, etwas zu essen.«
    »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
    »Nein, vielen Dank. Ich werde noch ein bisschen
schlafen, dann geht es mir bestimmt nachher besser.«
    Vitória stieg der Duft von Kaffee, gerösteten torradas und frisch aufgeschnittener Mango in die Nase. Himmel, sie war dabei zu
verhungern! Aber wenn sie sich jetzt gierig über das Frühstück hermachte, würde
ihr niemand mehr ihr Unwohlsein abnehmen, zu dessen Symptomen schließlich auch
Appetitlosigkeit zählte. Ach, was machte es schon? Außer dem Personal würde ja
niemand bemerken, wie groß ihr Hunger wirklich gewesen war. Vitória stand auf,
schob Lampe und Buch auf ihrem Nachttischchen beiseite und stellte das Tablett
darauf. Dann setzte sie sich wieder ins Bett und genoss ihr Frühstück. Sie
vertilgte es bis auf den letzten Krümel und war kurz davor, nach Maria do Céu
zu klingeln, um sich noch mehr Leckereien bringen zu lassen. Sie verkniff es
sich unter Aufbringung all ihrer Willenskraft.
    Die nächste halbe Stunde verbrachte sie damit,
in dem Gedichtband herumzublättern und sich darüber zu wundern, wie León dieses
Geschreibsel jemals hatte veröffentlichen können. Unter einem Mangel an
Selbstbewusstsein litt er offenbar nicht. Darin zumindest glich er den meisten
anderen Männern, die Vitória kannte. Sie bewunderte und verachtete sie zugleich
dafür, dass sie sich noch der kleinsten ihrer Gaben brüsteten, während Frauen
ihre eigenen Fähigkeiten immer viel zu gering einschätzten.
    Schließlich war Vitória es leid, weiter faul im
Bett zu liegen. Sie hatte viel zu viel Energie, um so untätig zu sein. Ruhelos
ging sie durchs Zimmer, öffnete die Vorhänge und das Fenster. Draußen war es mörderisch
heiß und feucht. Wie ein Film legte sich die klebrige Luft auf ihre Haut, und
Vitória begann unter dem hauchfeinen Nachthemd zu schwitzen. Sie würde zu dem
Treffen mit León ihr dünnstes Kleid anziehen müssen, das leider nicht ihr schönstes
war. Und sie würde ihr Haar so stramm wie möglich nach hinten binden müssen,
damit die von der Feuchtigkeit hervorgerufene Krause sie nicht aussehen ließ
wie ein ungekämmtes Sklavenmädchen.
    Als sie unter ihrem Fenster Senhor Manuel
vorfahren sah, schloss Vitória schnell wieder das Fenster und zog die Gardinen
vor. Sie beobachtete, wie Dona Alma beschwingt das Haus verließ, mit ihrem
Kavalier die Droschke bestieg und wie sich das Gefährt ruckelnd in Bewegung
setzte. Als es außer Sichtweite war, zog Vitória ungeduldig an der Glocke. Sie
war noch immer hungrig. Und es war ihr völlig egal, was Maria do Céu oder Maura
davon hielten. Gegen ein Uhr erfasste Vitória eine starke Nervosität. Sie bestäubte
sich von Kopf bis Fuß mit Talkumpuder, um in der Mittagshitze nicht zu zerfließen.
Vielleicht war Leóns Idee, sich um diese Zeit zu treffen, doch nicht so glücklich
gewesen? Dann zog sie sich an. Sie ärgerte sich darüber, dass sie sich nicht
von Maria do Céu hatte helfen lassen, denn nach der Ankleideprozedur lief ihr
der Schweiß in kleinen Rinnsalen zwischen den Brüsten und unter den Armen
herab. Was für ein unmenschliches Klima!
    Um kurz vor zwei verließ Vitória ihr Zimmer. In
der Halle begegnete sie Maria do Céu.
    »Sinhá, wie schön, dass Sie sich wieder besser fühlen.«
    Vitória entging nicht die sanfte Ironie in ihrer
Stimme.
    »O ja, kaum dass Dona Alma das Haus verlassen
hatte, setzte eine wundersame Besserung ein. Und jetzt habe ich das dringende
Bedürfnis, mir die Beine zu vertreten. Ich bin in spätestens einer Stunde
wieder da. Aber das bleibt unter uns, nicht wahr?«
    »Natürlich. Hier«, sagte das
Mädchen, als Vitória im Begriff war, das Haus zu verlassen. »Sie haben Ihren
Sonnenschirm vergessen.«
    Auf der Straße war keine Menschenseele. Erst auf
dem kleinen Platz vor dem Palacete waren wieder Anzeichen städtischen Lebens zu
erkennen. Eine alte Bahiana in weißem Reifrock und mit weißem Turban stand im
Schatten eines Mandelbaums und bot Süßwaren feil, obwohl ihr um diese Uhrzeit
bestimmt niemand etwas abkaufen würde. Zwei schwarze Jungen jagten hinter einem
hechelnden Hund her, dem die Zunge aus der Schnauze hing und der ein Halsband
trug, das mehr wert war als die Kleidung, die die beiden auf dem Leib trugen.
Wahrscheinlich hatten die

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