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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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wiederkam, bewunderten
sich Dona Alma und Vitória noch immer gegenseitig. Maura reichte Dona Alma das
Collier, das diese ihrer Tochter anlegte. »Was für ein Glück, dass ich die
Rubine überhaupt mitgenommen habe. Sie passen hervorragend zu deinem Kleid.
Hier, die Ohrringe klemmst du besser selber fest.«
    Vitória war von der Verwandlung ihrer Mutter
noch irritierter als von ihrem eigenen Bild im Spiegel über der Anrichte, das
eine erwachsenere Version ihrer selbst zeigte. Dass Dona Alma aus freien Stücken
ihren Schmuck verlieh, war bisher noch nie vorgekommen. Und dass sie Vitória
mit Vita ansprach, war schon seit Jahren nicht mehr passiert. Wenn das der
Einfluss der Stadtluft war, dann musste sie unbedingt öfter mit ihrer Mutter
nach Rio fahren.
    Das Rumpeln von Kutschenrädern auf der Auffahrt
lenkte Vitória und Dona Alma von der gegenseitigen Musterung ab. Pedro hatte
Joana, die nicht weit entfernt wohnte, abgeholt, damit sich die Damen bereits
hier beschnuppern konnten und nicht erst auf der Fahrt oder im Theater.
    Pedro und Joana hätten Geschwister sein können.
Beide hatten den hellen, olivfarbenen Teint der portugiesischen Oberklasse,
beide waren von eher zierlicher Statur, hatten dafür aber umso größere Nasen –
bei Pedro sah sie männlich aus, bei Joana sorgte der Höcker auf dem Nasenrücken
für einen herben Zug. Beide hatten außerdem braune Rehaugen, die von dichten,
dunklen Wimpern umkränzt waren und die immer ein wenig scheu dreinblickten,
auch wenn dies offensichtlich gar nicht ihrem Naturell entsprach. Denn Joana
griff, kaum dass sie durch die Tür kam, beherzt nach der Hand ihrer zukünftigen
Schwiegermutter.
    »Dona Alma. Ich freue mich so sehr, Sie endlich
kennen zu lernen. Ich bin die arme Seele, die Ihrem Sohn verfallen ist.« Joanas
Stimme war tiefer, als es ihre zarte Statur vermuten ließ.
    »Joana. Pedro hat uns viel von Ihnen geschrieben.
Ich bin entzückt.«
    »Ganz meinerseits. Und Sie sind Vita, stimmt's?«
Sie griff nach Vitórias Hand und drückte sie so fest, wie es sonst nur Männer
taten. »Joana, wie schön, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
    Pedro stand während der Begrüßungszeremonie mit
hängenden Armen daneben und sagte kein Wort.
    »Was ist mit dir, Sohn, biete deiner Verlobten
etwas zu trinken an. Ein paar Minuten Zeit haben wir ja noch, bevor wir
aufbrechen müssen.«
    »Pedro weiß, was ich nehme, nicht wahr, querido?«
    »Natürlich, Joana, meine Liebe. Nur Champagner.«
Er drehte sich fragend zu Vitória und seiner Mutter. »Für euch auch, nehme ich
an?«
    Maura brachte Gläser und eine eisgekühlte
Flasche, die Pedro mit geschicktem Griff öffnete. Vitória beobachtete Joana
verstohlen. Sie war trotz ihrer burschikosen Art, ihrer tiefen Stimme und ihrer
nicht eben zierlichen Nase durch und durch fraulich. Sie hatte einen hübschen,
sinnlichen Mund, sehr weibliche Formen und bewegte sich anmutig. Die offizielle
Verlobungsfeier war erst im März, doch Vitória betrachtete Joana schon jetzt
als ihre Schwägerin. Sie und Pedro waren heftig ineinander verliebt, das sah
jedes Kind, und Vitória war froh über die Wahl ihres Bruders. Sie hatte das
Schlimmste befürchtet, als sie gehört hatte, dass Joana die Tochter eines Bürokraten
in der Stadtverwaltung war, eines Portugiesen adliger Abstammung. Verarmter
Adel bildete sich immer am meisten ein auf seine Herkunft und seine Titel. Aber
Joana war keine der typischen Beamtentöchter, die ihren Namen vor sich
hertragen wie andere ihre Orden oder ihre Juwelen. Sie machte einen äußerst
vernünftigen Eindruck.
    »Pedro, was ist denn mit den schönen Gemälden
passiert? Warum hängen dort plötzlich wieder die scheußlichen alten Schinken?«,
fragte Joana.
    »Oh, sie erregten den Anstoß meiner Mutter. Sie
hängen jetzt oben in meinem Schlafzimmer.« Schnell wechselte er das Thema. »Im
Theater werden übrigens João Henrique de Barros und sein Vater zu uns stoßen.
João Henrique muss sich ein bisschen um den armen Mann kümmern – er leidet seit
dem Tod seiner Frau an gebrochenem Herzen.«
    »Wie entsetzlich«, sagte Joana, »João Henrique
allein ist schon unerträglich. Zusammen mit dem sauertöpfischen Alten ist das
ja ein schönes Duo, das uns da heute Abend erwartet.«
    Vitória musste lachen, aber Dona Alma fand die
Bemerkung nicht komisch. »Also, ich finde den jungen Senhor de Barros außerordentlich
unterhaltsam.«
    Joana biss sich auf die Lippen und blickte in
geheuchelter Betretenheit zu Boden. Sie

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