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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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von der Seite.
    »Ein herrlicher Anblick, nicht wahr?«
    »Ja.« Sie drehte sich zu ihm hin. »Sagen Sie, León,
aus welchem Grund haben Sie dieses Treffen so heimlich organisiert?«
    »Ich glaubte, es sei Ihnen so lieber.«
    »Diese Heimlichtuerei gibt dem Ganzen den
Anstrich eines amourösen Stelldicheins.«
    »Ist es das nicht?«
    Vitória hörte ihr Herz hämmern. Doch sie zwang
sich zur Ruhe. »Sie hätten den üblichen Weg wählen und Dona Alma um einen
Besuch bei mir oder um einen gemeinsamen Ausflug bitten können.«
    »Damit sie mir die Bitte abschlägt und Sie womöglich
wieder eingesperrt werden?«
    Er wusste es! Er wusste von ihrem idiotischen
Hausarrest. »Oh, ich ...«
    »Sie brauchen mir nichts zu erklären. Ich weiß,
was passiert ist, und ich ahne auch, wie. Ich nehme an, dass Sie mir deshalb
nicht Ihr Kommen ankündigen konnten.«
    Vitória nickte.
    »Aber ich habe davon erfahren. Nicht von Pedro,
sondern von Aaron, der mir die Ohren vollgeheult hat, dass er Sie verpassen würde.«
    »Also war unsere Begegnung im Theater kein
Zufall?«
    »Ganz und gar nicht.« León strahlte sie mit
seinen makellosen Zähnen an. »Aber die Überraschung ist mir gelungen, nicht
wahr?«
    »Allerdings. Besonders geschickt waren Sie in
der Auswahl Ihrer Begleiterin. Sie ließ Ihr Spielchen noch glaubwürdiger
erscheinen.«
    »Cordélia? Sie ist nur eine Art Assistentin. Sie
...«
    »Verschonen Sie mich«, unterbrach ihn Vitória, »die
Details Ihrer > Zusammenarbeit < interessieren mich nicht.«
    »Sinhazinha, höre ich da etwa eine Spur von
Eifersucht heraus?«
    »Keineswegs. Ich schätze, Sie verwechseln
Eifersucht mit Anstand.«
    León schnaubte. »Ha, das ist wirklich gut! Vita,
seien Sie so nett und spielen Sie mir hier nicht das wohlerzogene,
sittenstrenge Dummchen vom Lande vor. Ich durchschaue Sie.«
    »Tun Sie das wirklich? Ich kann mir nicht
vorstellen, dass jemand, der so wenig dichterisches Feingefühl hat, im Umgang
mit seinen Mitmenschen mehr Einfühlungsvermögen an den Tag legt.« Das war
gemein, und Vitória wusste es. Er hatte ihr keinen wirklichen Anlass geliefert,
er hatte sie nur ein wenig geneckt. Und sie holte gleich derartig aus. Sie schämte
sich.
    »Ah, Sie haben es endlich gelesen. Nichts lag
mir ferner, als Sie mit meinen dilettantischen Poemen zu langweilen, glauben
Sie mir. Aber die Parallelen zwischen einem der Gedichte und unserer Begegnung
waren wirklich zu bemerkenswert, als dass ich Ihnen das Bändchen hätte
vorenthalten können.«
    »Dein Aug' ist mein Himmel.«
    »Genau.«
    »Es ist ein trauriges Gedicht. Es wäre schade,
wenn Sie unsere Freundschaft in diesem Licht betrachteten.«
    »Halten Sie uns denn für Freunde?«
    »Aber ja, natürlich. Als Pedros Freund sind Sie
auch mir einer.«
    »Warum nur werde ich das Gefühl nicht los, dass Sie sich
pausenlos über mich lustig machen?«
    »Ich finde, das Gegenteil ist der Fall. Sie
haben offensichtlich Spaß daran, mich immerzu zu ärgern.«
    León zog eine kleine Taschenuhr aus der
Hosentasche.
    »Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Wir sind
bereits seit einer halben Stunde unterwegs und sollten demnächst wieder
umkehren, damit Ihr Fortsein nicht auffällt. Was halten Sie davon, wenn wir
wenigstens die Rückfahrt dazu nutzten, uns vernünftig miteinander zu
unterhalten?«
    Vitória verzog schmollend den Mund. »Ich versuche
das bereits seit geraumer Zeit. Sie sind doch derjenige, der nicht einmal weiß,
wie man Vernunft buchstabiert.«
    Sie sah ihn aufmüpfig an, er erwiderte ihren
Blick mit arroganter Miene. Plötzlich geriet eines der Räder in ein Loch in der
gepflasterten Straße. Die Droschke machte einen heftigen Satz, bei dem Vitória
und León beinahe von ihren Sitzen abhoben.
    »Hoppla!«, entfuhr es Vitória. Sie sah León an,
dann brachen beide in befreiendes Gelächter aus.
    Den Rest der Fahrt verbrachten sie damit, sich
alles Mögliche voneinander zu erzählen. Vitória berichtete León von ihrem
Alltag auf Boavista, von der weisen Luiza und dem geschwätzigen Padre, von Eufrásias
»Wiederauferstehung« und von dem zermürbend langen Hausarrest. Sie gestand ihm,
dass sie heimlich zu der Versammlung in Conservatória gegangen war, bei der er
als Redner aufgetreten war, und sie vertraute ihm an, welche Sorgen sie sich um
Félix machte.
    »Erinnern Sie sich an den Jungen? Der Stumme.«
    »Ja, er war fast noch ein Kind.«
    »Richtig.« Vitória graute es, wenn sie nur daran
dachte. Sie verbot sich, das Thema weiter zu

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