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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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recht
überlege, finde ich ihn gar nicht so aufregend.« Eufrásia nippte an ihrem Glas
und warf Vitória einen durchdringenden Blick zu. »Ich weiß nicht, du bist heute
anders als sonst. Sollte heute etwa der Tag sein, an dem Columbus den
unbekannten Kontinent betreten wird?«
    »Ich weiß nicht, was Columbus plant. Aber die
exotischen Pflanzen haben sicher nicht vor, sich ausgerechnet heute von ihm
entdecken zu lassen.«
    »Na, dann nicht. Aber ich an deiner Stelle würde
Rogérios Drängen allmählich nachgeben. Ihr seid doch praktisch schon Mann und
Frau, jeder im Vale weiß, dass ihr füreinander bestimmt seid und heiraten
werdet. Man braucht euch nur beim Tanzen zuzusehen.«
    »Rede nicht so einen Unsinn, Eufrásia. Ich tanze
gern mit ihm, ja, aber deswegen muss ich ihn doch nicht gleich heiraten.«
    »Weißt du einen besseren? Einen schöneren, klügeren
und reicheren Mann, der noch dazu so unsterblich verliebt in dich ist?«
    »Vielleicht.«
    »Was heißt hier vielleicht? Sag bloß, du denkst
immer noch an diesen León?«
    »Vielleicht.«
    »Oh, Vita! Ich kann nicht glauben, dass du so
dumm bist!«
    »Glaub, was du willst.«
    »Was habt ihr zwei da zu tuscheln? Kommt lieber
mit ins Zelt, da geht es hoch her.« Florinda hatte sich von hinten
herangepirscht, und Vitória hoffte inständig, dass sie nichts von dem Gespräch
gehört hatte. Florinda war die schlimmste Klatschbase der Gegend. »Kommt schon,
sonst verpassen wir noch das Beste«, forderte sie ihre beiden alten
Schulfreundinnen auf. »Dort ist ein Sklave aufgetaucht, in schmutziger
Arbeitskleidung und mit blanken Füßen, der sich am Champagner gütlich tut. Rogério
und Arnaldo haben versucht, ihn hinauszuwerfen, aber er behauptet steif und
fest, eingeladen worden zu sein. Vielleicht gibt es gleich eine Schlägerei«,
frohlockte Florinda.
    Vitória ahnte, wer der Unruhestifter war. Nur León
war kaltschnäuzig genug, auf einem Fest, das von Fazendeiros bevölkert war, als
Sklave aufzutreten. Aber wie war er überhaupt unbemerkt in das Zelt gelangt?
Konnte er sich nicht, wie alle anderen Gäste auch, an der Tür melden und zuerst
die Gastgeber begrüßen?
    Als Eufrásia, Florinda und Vitória das Festzelt
erreichten, hatte sich der Fall bereits aufgeklärt. Pedro hatte den »Sklaven«
als León Castro identifiziert, und Arnaldo, Rogério, Pedro und León standen nun
einträchtig beisammen und tranken ein Glas auf das Missverständnis. Rogério
fand die Episode urkomisch, er lachte lauthals und klopfte León für den
gelungenen Streich auf die Schulter. Arnaldo dagegen, Eufrásias Verlobter, sah
konsterniert aus.
    »Wie kann man nur auf die dämliche Idee kommen,
sich als Sklave zu verkleiden!«, erregte er sich.
    »Sonnenkönig, sind wir in Eurem Glanze nicht
alle nur Sklaven?«, versuchte Pedro die Diskussion zu beenden. »Ah, da kommt ja
auch die Mätresse Eures Sohnes, sie wird Euch zu besänftigen wissen.«
    Arnaldo verstand die Anspielung nicht, begriff
aber, dass Eufrásia gemeint war. Seine Gesichtszüge entspannten sich.
    Die anderen Männer blickten nun ebenfalls in die
Richtung, aus der die drei Freundinnen sich näherten. Rogério straffte die
Schultern, Pedro nickte ihnen freundlich zu. Nur León änderte nichts an seiner
Haltung oder seiner Miene. Erst als Vitória auf ihn zuging und ihm die Hand
reichte, ließ er sich zu einem Lächeln herab.
    »Senhor Castro, Sie haben wirklich noch
schlechtere Manieren als ein Feldsklave. Oder ist das Teil Ihrer Kostümierung?«
    »Sinhazinha, ich sehe ein, dass es äußerst unhöflich
war, mit den Herren anzustoßen, ohne Sie zuvor begrüßt zu haben. Aber ich
konnte mir diesen kleinen Scherz einfach nicht verkneifen. Verzeihen Sie mir?«
    Vitória ließ sich eine Sekunde zu viel Zeit mit
ihrer Antwort. »Natürlich verzeiht sie Ihnen. Vita, stellst du uns nun endlich
diesen herrlichen Sklaven vor? Wo zum Teufel hast du ihn gekauft?«, drängelte
sich Eufrásia zwischen die beiden.
    León lachte und gab Eufrásia die Hand. Vitória
machte die beiden miteinander bekannt, dann stellte sie León auch Florinda vor,
die die ganze Szene sprachlos verfolgt hatte. Was für ein Bild von einem Mann!
Und ihre beiden Freundinnen führten so frivole Gespräche mit ihm!
    »Auf diesen Schreck haben wir uns alle eine
kleine Stärkung verdient. Kommt mit zum Büfett, solange Senhor Alves noch nicht
alles geplündert hat«, forderte Pedro die Gruppe auf.
    Auf dem Weg zu dem langen Tisch, auf dem sich
die erlesensten

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