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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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Delikatessen türmten, mussten sie sich durch die Menschenmenge
schlängeln, sodass die Gruppe zersplitterte. Rogério und Pedro gingen voran,
etwas abgeschlagen folgten Arnaldo und Florinda, argwöhnisch beäugt von Eufrásia,
die ihren Verlobten ungern allein in der Gesellschaft anderer Frauen ließ. Aber
diesmal hatte sie keine andere Wahl, wollte sie nichts von dem verpassen, was
zwischen Vita und León vorging. Sie ging unmittelbar hinter den beiden her,
konnte aber nicht verstehen, was León sagte, als er sich zu Vitória
hinabbeugte.
    Vitória hatte keinen Appetit mehr. Seit Tagen
schon hatte sie sich auf das Gelage gefreut, sich in den Genuss von Fasan,
Wildterrinen, Kalbsragout, Fischsülze und Filetspitzen hineingesteigert, sich
den Duft von Steinpilzsuppe, Gemüserisotto, Maispuffern und Maniokpüree
ausgemalt und von Himbeersoufflés, Schokoladentorten, Zimtcrêpes und
Vanillecreme halluziniert. Und jetzt brach ihr schon beim Anblick der überreich
beladenen Tafel der kalte Schweiß aus. Sie würde keinen Bissen herunterbringen,
nicht solange León in ihrer Nähe war und ihr Puls derartige Kapriolen schlug.
    »Vita, lassen Sie uns von hier verschwinden«,
hatte er ihr zugeraunt.
    Nichts lieber als das – aber wie? Eufrásia hing
an ihnen wie eine Klette, und als Gastgeberin konnte Vitória sich nicht einfach
verdrücken. Doch dann tauchte Joana auf und lieferte Vitória und León einen
Vorwand, das Zelt zu verlassen. »Deine Mutter sucht dich überall
    »Ah, die schöne Dona Alma. Vitória, darf ich Sie
begleiten, um endlich auch Ihrer Frau Mama guten Tag zu sagen?«, hatte León
scheinheilig gefragt.
    Und schon waren sie weg, während Eufrásia, von
Joana in ein Gespräch über die neueste Frisurenmode verwickelt, ihnen verblüfft
hinterhersah.
    In dem überdachten Gang zum Haupthaus nahm León
Vitórias Hand und bog von dem durch Fackeln markierten Weg ab. Hand in Hand
schlichen sie über den Hof, der zu dieser Zeit menschenleer war. Vitória
erschien es, als knirschten ihre Schritte auf dem sandigen Grund so laut, dass
sie bis ins Haus zu hören waren. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Als sie den Kräutergarten
erreichten, warum sie nichts als tiefschwarze Nacht. Der Fackelschein reichte
nicht bis hierher, und vor den Mond hatten sich dicke Regenwolken geschoben.
Die Luft war schwül und getränkt vom Duft nahenden Regens und üppig grünender
Natur.
    »Hoffentlich fängt es nicht zu regnen an«, sagte
Vitória und kam sich dabei unglaublich dumm vor.
    »Wollen Sie wirklich mit mir übers Wetter reden?
Ich habe eine bessere Idee.« Damit löste er sich von Vitória und ging zu einem
Pflanzkübel. »Ah, gerade noch rechtzeitig.« León zog hinter dem Kübel eine
Flasche Champagner hervor und befühlte sie. »Nicht mehr eiskalt, aber genießbar.«
    Vitória sah ihm staunend zu. Er hatte an alles
gedacht. Er zauberte zwei Gläser hervor, entkorkte die Flasche und schenkte
ihnen ein. »Auf das bezauberndste Gewächs der Welt!«
    »Auf den unbezahlbarsten Sklaven der Welt.«
    Sie stießen miteinander an und sahen sich tief
in die Augen. Keiner von beiden wagte, diesen magischen Moment durch Reden zu
zerstören. Vitória wandte den Blick zuerst ab. Sie betrachtete ihr Glas, dann
trank sie es in einem Zug aus. León lächelte sie nachsichtig an, sagte aber
noch immer kein Wort. Sie hielt ihm das Glas hin, damit er es auffüllen möge.
Schweigend kam er ihrer unausgesprochenen Bitte nach, weiter vor sich hin
schmunzelnd.
    »León ...«
    Er schüttelte den Kopf, als wundere er sich über
das ungezogene Verhalten eines Kindes, das ein Gespräch von Erwachsenen
unterbricht, dabei aber durch seine unschuldige Art keinerlei Zorn hervorruft.
Er stellte sein Glas auf dem Boden ab, griff mit beiden Händen nach Vitórias
Augenmaske und nahm sie ihr behutsam ab. Einige Sekunden schien er wie
hypnotisiert von den Augen, die ihn, halb ängstlich, halb herausfordernd,
fixierten.
    »León ...«
    »Schsch.« Diesmal hielt er ihr den Zeigefinger
vor den Mund, um sie am Weiterreden zu hindern. Dann zog er sie zu sich heran
und gab ihr einen Kuss.
    Und was für einen! Vitória durchliefen heiße und
kalte Schauer bei dem Druck seiner Lippen auf ihren. Sie schloss die Augen und
gab sich ganz seiner Umarmung hin, dem festen Griff seiner Hände um ihre Taille
und an ihrem Rücken. Wie eine Ertrinkende schlang sie ihre Arme um ihn und wünschte
sich, dass dieser Moment ewig währte. Kein Mann hatte sie je zuvor so geküsst,
bei

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