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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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andere hatten für nicht minder spannenden
Klatsch gesorgt: die Verlobte von Pedro da Silva – was für ein blasses Geschöpf!
Dann die Tochter des Pleitiers Soares – sie hatte das Fest mit ihrem Verlobten
verlassen, und zwar allein und nicht in Begleitung der Eheleute Pereira, mit
denen die beiden zuvor gekommen waren. Für ein anständiges Mädchen war ein
solches Verhalten absolut undenkbar! Und erst die Gastgeberin selber, Dona
Alma, die mit Senhor de Barros ebenso schamlos geflirtet hatte wie mit ihrem
Mann – nun ja, von irgendwem musste es die Tochter ja haben.
    »Himmel, solche Kopfschmerzen hatte ich noch
nie!«
    Vitória lag im Bett und beobachtete Joana dabei,
wie sie sich frisierte. Ihre Blicke trafen sich im Spiegel. Joana sah rosig und
wach aus, während Vitória verquollene Augen hatte und mit einem Anfall von Übelkeit
kämpfte.
    »Ich lasse dir von Miranda einen Eisbeutel
bringen«, sagte Joana, während sie aufstand und die Gardinen aufzog.
    »O Gott, mach sie bloß wieder zu!«
    Das grelle Sonnenlicht tat Vitória in den Augen
weh. Und es rief ihr die vergangene Nacht wieder in Erinnerung. Nein, viel
lieber wollte sie noch liegen bleiben, sich im Schutz des Dämmerlichts noch
eine Weile vor dem drücken, was sie unweigerlich erwartete, wenn sie aufstand.
Was hatte sie getan?!
    »Es nützt dir gar nichts, wenn du dich krank
stellst. Du kannst die Ereignisse nicht rückgängig machen – also stell dich den
Konsequenzen lieber sofort, dann hast du es hinter dir.«
    »Sei so lieb und lass mich noch ein bisschen
weiterschlafen, ja?« Vitória drehte sich um und zog sich das Laken über den
Kopf. Sie war nicht in der Stimmung, sich Joanas Ratschläge anzuhören. Erst als
sie die Tür zufallen hörte, schob sie das Betttuch wieder von sich. Sie
schwitzte, und sie war sich nicht sicher, ob allein die Hitze daran schuld war.
Sie wand sich innerlich vor Scham. Ausgerechnet jetzt, wo das Haus voller Leute
war, denen man sich von seiner besten Seite zeigen sollte, musste sie sich aufführen
wie ein billiges Flittchen. Was sollten Joanas Eltern denken? Und die Esteves,
die ebenfalls auf Boavista geschlafen hatten?
    Andererseits: Was für ein Tanz! Sie hätte ewig
so weitertanzen können, und wenn keine anderen Leute anwesend gewesen wären, hätte
sie sich die Kleider vom Leib gerissen und sich León auf der Stelle hingegeben.
Sein Gesicht war dem ihren so nah gewesen, dass es für die Umstehenden
ausgesehen haben musste, als würden sie sich küssen. Oder hatten sie sich gar
geküsst?
    Miranda kam mit dem Eisbeutel. Sie grinste Vitória
anzüglich an. Doch so krank konnte Vitória gar nicht sein, als dass sie sich
das nicht augenblicklich verbeten hätte.
    »Was grinst du so, dumme Gans? Und warum bringst
du mir nur so wenig Eis? Jetzt lauf schon, ich will einen ganzen Eimer voll
davon!«
    Als das gehackte Eis kam, nahm Vitória sich
einzelne Stücke davon und legte sie sich auf den Hals, rieb damit die Arme ein,
ließ sie auf ihren Beinen schmelzen. Dass das Bett dabei nass wurde, war ihr
egal, die Wäsche war ohnehin durchgeschwitzt und musste wechselt werden. Ah,
was für ein erfrischendes Gefühl. Allmählich regten sich Vitórias Lebensgeister
wieder. Sie klingelte erneut nach Miranda.
    »Bring mir Kaffee und Limonade!«
    Sie würde dem Mädchen schon zeigen, wie viel sie
sich herausnehmen durfte. Und allen anderen würde sie es auch zeigen.
    Zwei Stunden später war Vitória für die
Begegnung mit anderen Menschen gewappnet. Ihr Kopf brummte zwar noch immer,
doch ansonsten fühlte sie sich wieder wie ein Mensch. Sie hatte sich ein
besonders hübsches Kleid angezogen, ihr Haar ordentlich zusammengebunden und
einen Hauch von Rouge auf ihre bleichen Wangen gelegt. Sie überlegte sogar, ob
sie die Brille aufsetzen sollte, die ihr ein keusches Aussehen verlieh, verwarf
diese Idee aber wieder. Was machte es schon, sollten doch ruhig alle sehen,
warum die Männer ihretwegen den Kopf verloren!
    Außerdem befestigte sie den Anhänger, den León
ihr geschenkt hatte, an einer Kette. Es war ein kleiner goldener Kaffeezweig,
mit Blüten aus weißen Perlen und Kirschen aus winzigen Rubinen. Ein erlesenes
Stück, eines, das ihren Geschmack genau traf. Wie gut er sie kannte, obwohl sie
doch bisher erst so wenig Zeit miteinander verbracht hatten! Vitória war
hingerissen von dem Geschenk, und sie war tief gerührt, dass León, der als
Journalist bestimmt nicht sehr reich war, sich so in Unkosten gestürzt hatte.
Er

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