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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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Fenster der fahrenden Kutsche blickte.
    »Was gibt es denn da draußen so Spannendes? Hörst
du mir überhaupt zu?«
    »Natürlich tue ich das. Ich kann mich besser auf
deine Schilderung konzentrieren, wenn ich dich dabei nicht ansehe.«
    »Du wirst immer sonderlicher, Aaron. In dieser
Hinsicht kannst du dich bald mit meiner Schwester messen.«
    »Ich wünschte, ich könnte mich mit ihr messen
...«
    Pedro seufzte und fuhr schnell mit seinem Resümee
der Moreiraschen Verhältnisse fort. Man durfte Aaron in seiner Verblendung
nicht noch Vorschub leisten – sonst musste man sich den ganzen Abend seine
Lobeshymnen auf Vita anhören. Seit Aaron ganz allein in der Welt stand, hatte
er keinen Grund mehr, nach São Paulo zurückzukehren und eine Ehe mit Ruth
einzugehen. Das bedeutete aber nicht, dass er sich auf Vita kaprizieren durfte.
Pedro mochte es seinem Freund nicht so unverblümt sagen, aber die Wahrheit war,
dass Vita ihn abweisen würde und dass auch seine Eltern ihn kaum als
Schwiegersohn gutheißen würden. Er selber fand, dass Aaron sowieso eine bessere
Frau als Vita verdient hatte, eine, die vielleicht nicht ganz so schön und so
klug war, dafür aber auch weniger eigensinnig und rücksichtslos.
    Pedro erzählte Aaron alles über die Firma des
Gustavo Moreira, was er wusste. Er rasselte Daten und Zahlen herunter, als sei
er mit dem Unternehmen aufgewachsen. »Der Mann ist sehr tüchtig. Und er ist
schlau. Seine älteste Tochter soll demnächst den Sprössling eines namhaften
Kaffeerösters in Deutschland heiraten. Damit würde sich Senhor Gustavo unabhängig
von dem enormen Konkurrenzdruck machen – sein größter Kunde wäre sein
Schwiegersohn.«
    »Hat er noch mehr Kinder?«, wollte Aaron wissen.
    »Ja, drei Söhne. Der älteste müsste um die
zwanzig sein. Ein Taugenichts, der sich bereits des Öfteren in Schwierigkeiten
gebracht hat, weil er trinkt und herumhurt. Der zweite ist etwa siebzehn Jahre
alt. Ich kenne ihn kaum, ich bin ihm erst ein- oder zweimal begegnet, hatte
aber einen guten Eindruck. So viel ich weiß, absolviert er gerade eine Lehre im
väterlichen Unternehmen. Der jüngste dürfte nicht älter als vierzehn sein, zu
ihm kann ich dir gar nichts sagen. Warum interessierst du dich für sie?«
    »Man kann nie wissen. Vielleicht halte ich es für
opportun, der Mutter ein paar Nettigkeiten über ihre Kinder zu sagen.
Vielleicht kann ich den Vater von meiner Kompetenz überzeugen, wenn ich, ganz
zufällig natürlich, auf meine Erfahrung in der Verteidigung jugendlicher
Trunkenbolde hinweise. Wir werden sehen.«
    »Wie berechnend du bist, Aaron. So kenne ich
dich gar nicht«, meldete sich Joana aus dem dunklen Winkel der Kutsche, in dem
sie den beiden Männern bislang schweigend zugehört hatte.
    »Ich bin Anwalt. Ein gewisses Maß an Berechnung
ist in diesem Beruf unerlässlich. Noch zweckdienlicher ist es allerdings, wenn
der Gegner einen unterschätzt – was bisher allen so erging, weil sie sich von
meinem nachlässigen Erscheinungsbild haben täuschen lassen und mich für einen
schusseligen Luftikus hielten.«
    Joana ging ein Licht auf. »Es ist ein Trick,
nicht wahr? Deine Kleidung, deine Behausung ... all das dient nur dem einen
Zweck, alle von deiner Harmlosigkeit zu überzeugen.«
    »Nicht ganz. Ich habe tatsächlich nicht viel
Geld, sodass ich mir keine schönere Wohnung leisten kann. Und mir liegt auch
nicht viel an schönen Kleidern. Aber im Prinzip hast du Recht.«
    »Erweist du dir denn damit keinen Bärendienst?
Ich meine, bei deinem Auftritt werden dir ja auch deine Klienten nicht
unbedingt das größte Vertrauen entgegenbringen, und das Honorar fällt sicher
auch geringer aus als bei anderen Advokaten.«
    »Noch, Joana, noch. Aber ich habe nicht vor,
auch nur einen einzigen Fall zu verlieren. Bald wird sich herumgesprochen
haben, was Aaron Nogueira für ein gewitzter Anwalt ist, und dann kommen sie von
ganz allein und zahlen mir, was immer ich verlange.«
    »Gut, und dann tust du mir
den Gefallen und suchst dir eine neue Bleibe. Und schaffst dir eine vernünftige
Garderobe an.«
    »Und eine vorzeigbare Ehefrau?«
    »Ganz recht.«
    Pedro atmete resigniert aus. Die beiden hatten
es geschafft: Jetzt waren sie wieder beim Thema.
    Auf der Soiree kreisten die Gespräche der Herren
vorwiegend ums Geldverdienen, die der Frauen ums Geldausgeben. Joana kannte das
schon und gewöhnte sich allmählich daran. In der Welt der Geschäftsleute, mit
denen Pedro bei seiner Arbeit zu tun hatte,

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