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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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er bald
zurückkommt? Na also. Und glaube mir: Er ist der Richtige. Er liebt sie, und
sie liebt ihn. Ich habe noch nie zwei Menschen gesehen, bei denen das
offensichtlicher war.«
    »Du verwechselst da etwas. Was du gesehen hast,
was wir alle gesehen haben, war nicht mehr als unverhohlene körperliche
Begierde. Und vielleicht hat Vita das in ihrer Unerfahrenheit mit Liebe
verwechselt. Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass
zwischen ihr und León mehr ist. Die unsägliche Episode liegt im Übrigen schon
fast zwei Jahre zurück, bestimmt hat sie ihn längst vergessen. Und er sie.
Selbst wenn dem nicht so sein sollte und du Recht hättest: Auf Dauer würde das
nicht gut gehen. Er kann ihr nicht ansatzweise das Leben bieten, das sie
gewohnt ist.«
    »Vielleicht will sie auch gar kein Leben, wie sie es gewohnt ist.
Vielleicht träumt sie davon, in der Stadt zu leben und an der Seite eines
einflussreichen Mannes wie León – denn zu dem ist er ja inzwischen geworden –
Hof zu halten.«
    »Joana, ich halte viel von deiner
Menschenkenntnis. Aber diesmal täuschst du dich. Ich kenne Vita ihr Leben lang,
und ich weiß, dass sie durch und durch Sinhazinha ist. Ohne Boavista wäre sie
wie ein Fisch auf dem Trockenen. Sie würde elendig eingehen.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher.«
    »Es ist ja auch müßig, darüber zu diskutieren.
Wie ich meine Schwester kenne, lässt sie sich in ihre Pläne weder von mir noch
von dir hineinreden. Komm, ich habe Hunger.« Er zog Joana mit zu der Uferstraße.
Sie mussten rennen, weil der heiße Sand unter ihren Fußsohlen brannte. Sie setzten
sich auf ein Mäuerchen, das den Strand von der Straße abgrenzte, klopften ihre
Füße ab und zogen ihre Schuhe wieder an. Hand in Hand spazierten sie zu dem
Lokal, wo sie einen schönen, schattigen Platz auf der Terrasse bekamen.
    Sie bestellten Krebsfleisch, das in der Schale
mit Käse überbacken war, dazu ein Bohémia-Bier und beobachteten die anderen
Leute, die ebenfalls über den glühenden Sand liefen wie von der Tarantel
gestochen, wobei manche Senhora mit gerafften Röcken mehr von ihren weißen
Beinen zeigte, als sie es für schicklich halten mochte.
    »Stell dir vor, Dona Alma würde so über den
Strand rennen.«
    Pedro lachte. »Ja, oder Dona Paula.« Sie
kicherten bei der Vorstellung, ihre Mütter hier mit bloßen Beinen zu sehen.
    »Glaubst du, sie haben überhaupt Beine?«, fragte
Joana mit Unschuldsmiene. »Ich glaube, unterhalb der Taille kommt bei ihnen
nicht mehr viel.«
    »Joana!«
    Ach, wie hübsch er sogar noch war, wenn er sich
künstlich aufregte! Pedro konnte seine Lippen zusammenkneifen und sie mit altväterlich
empörtem Gesicht ansehen, so viel er wollte – nie würde es ihm gelingen, anders
als ein schuldbewusster Welpe dreinzuschauen. Das würde sie Pedro niemals
sagen, denn er bildete sich gern ein, allein durch sein Aussehen und sein
Auftreten anderen Menschen Respekt einzuflößen. Aber das tat er nicht. Er
bezauberte alle mit seinem jungenhaften Charme, und wenn die Leute ihn
respektierten, so taten sie es wegen seines klugen Kopfes, seines ausgeprägten
Gerechtigkeitssinns und seiner besonnenen Art, die in krassem Widerspruch zu
seinem Äußeren stand, trotz einzelner weißer Haare, die sich bereits in seinen
dunklen Schopf geschlichen hatten, und trotz erster Lachfältchen um die Augen.
    Joana griff über den Tisch hinweg nach Pedros
Hand und streichelte sie. Durch die Luft warf sie ihm mit halb geschlossenen
Lidern einen Kuss zu.
    »Ich habe gar keinen Hunger mehr. Lass uns
gleich nach Hause fahren ...«
    Aber in diesem Moment erschien bereits der
Kellner und brachte ihr Essen.
    Nach der Siesta, während der sie nicht viel
Schlaf gefunden hatten, machten sie sich fertig für die Soiree bei den
Moreiras. Sie mussten zeitig aufbrechen, weil sie vorher noch Aaron abholen
wollten. Er wohnte zur Untermiete bei einer alten Frau in Catete. Sein Zimmer
war düster, stickig und feucht und roch nach Schimmel. Sie hatten ihm mehrmals
angeboten, zu ihnen nach São Cristóvão zu ziehen, aber Aaron zog es vor, in
diesem Loch zu bleiben. Er war ohnehin so gut wie nie zu Hause, und zum
Schlafen, sagte er, reiche es ihm allemal.
    »Diese Alte ist eine rechte Schlampe, denn sie lässt
nicht nur ihr Heim verkommen, sondern geht auch schludrig mit deiner Wäsche um.
Du musst umziehen!«, hatte ihm Joana des Öfteren vorgehalten, aber Aaron ließ
sich von der fixen Idee, unbedingt seinen geringen Geldmitteln

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