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Analog 07

Analog 07

Titel: Analog 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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würde man ihn doch wochenlang gefangenhalten und ihn womöglich sogar an einen geheimen Ort bringen. Derweil konnte Snith Napoleon zu einem Angriff auf die spanische Armee überreden, und kurz darauf würde die britische Armee unter Nelson die Küsten überfallen und britische Truppen an Land bringen. Ehe die Liga einschreiten und das Schlimmste verhindern konnte, würde es Blutvergießen und Massaker geben. Und zweifellos würde es auch auf den anderen Kontinenten Tokas zu ähnlichen Vorfällen kommen. Snith war zwar der führende Agent auf Toka, aber zweifellos gab es auch noch andere, die in bestimmten Gesellschaftsformen auf dem Planeten dieselbe schmutzige Arbeit erledigten.
    Niedergeschlagen und erschöpft beschloß Alex, zu Bett zu gehen. Das war wahrscheinlich das beste. Schon früher hatte sein unterbewußter Verstand, ungestört von der Vernunft des wachen Selbst, im Schlaf mitunter verblüffende Lösungen anfallender Probleme gefunden. Augenblicklich aber bezweifelte er, daß er würde schlafen können.
    Er stand wieder auf und blieb dann wie erstarrt stehen. Sein Blick hatte einen Gegenstand gefunden, der an der Wand hing. Es war ein aufgebauschter Lederbeutel. Da dies ein spanisches Haus war, mußte es sich um einen bota handeln, was übersetzt soviel wie „Weinschlauch“ bedeutete.
    Alex nahm ihn, öffnete den Mund und drückte. Ein Strahl hochprozentigen Schnapses rann seine Kehle hinab.
     
    Ein tiefes Summen weckte ihn. Etwas kitzelte ihn an der Nase. Er schlug blind um sich, wobei er in erster Linie Kopfschmerzen und brennenden Durst verspürte. Das Etwas schwirrte davon, doch das Summen blieb. Bald war es wieder näher. Alex öffnete verklebte Lider. Durch die Ritzen der Barrikaden vor dem Schlafzimmerfenster fiel schwaches Licht herein. Ein Geschöpf von der Größe seines Daumens flatterte immer näher an ihn heran. Seine Beine krabbelten auf dem Gesicht. „ Verdammt “, murmelte er und schlug erneut um sich.
    Das Insekt war so lästig und beharrlich wie eine irdische Fliege. Vielleicht wurde es von dem Fusel-Beigeschmack seines Atems angezogen. Solange es frei umherflog, würde Alex keine Ruhe mehr haben.
    Er zwang sich zur Aufmerksamkeit. Dann wartete er. Der große braune Käfer kam summend näher. Alex verharrte bewegungslos. Sein Quälgeist näherte sich bis auf wenige Zentimeter. Er wartete immer noch ab, während er das Flugmuster studierte, das vor und zurück ging. Das Insekt schlug mit zweigeteilten Flügeln auf und ab. Bzz, bzz, bzz, bzz, machte es. Alex probte seine Bewegungen im Geiste. Dann schoß seine Hand pantherähnlich nach vorne. Die Finger schlossen sich um das Geschöpf. „Hat ihn!“ triumphierte er. Ein trauriger Triumph, zweifellos, aber besser ein kleiner Triumph als gar keiner.
    Der Käfer flatterte in seinem Griff. Er wollte ihn zerdrücken, zögerte dann aber. Armes Ding, es hatte ihn nicht verletzen wollen. Weshalb sollte er der großen Tragödie, die Toka bald heimsuchen würde, noch diese kleine hinzufügen? (Welch eine Metapher! Aber er hatte einen Kater und war zudem von der Vernichtung bedrückt, die er vorhersah.) Gleichzeitig wollte er aber nicht zulassen, daß der Käfer seinen Schlaf noch einmal störte.
    Er hätte ihn zur Tür bringen, diese öffnen und seinen Gefangenen freilassen können. Dann aber hätte der Wachtposten gewiß eifrig mit seinem Gefangenen gesprochen, und das war mehr, als Alex zu dieser Stunde ertragen konnte.
    Alex schwang seinen nackten Körper aus dem Bett. In der Nähe stand ein Nachttopf. Er hob den Deckel und stieß den Käfer hinein, dann verschloß er ihn wieder. Der Käfer flog herum. Durch die Resonanz dröhnte der Topf hohl. Da wurde Alex gleichzeitig klar, daß er nicht das Schlaueste getan hatte, wenn es im Haus keinen zweiten Nachttopf mehr gab.
    Er sah sich um. Der Tag schien noch recht jung zu sein, Sonnenaufgang oder kurz davor, denn das Licht hinter den Ritzen war grau und schwach. Bald würde ihm jemand das Frühstück bringen. Er hoffte, daß jede Menge starker schwarzer Kaffee dabei sein würde. Hinterher würde er auf ein heißes Bad bestehen. Verdammt, er war unrasiert, ungekämmt und ungewaschen, und er saß in einer Bauernhütte fest. War das eine Art, den Herzog von Wellington zu behandeln?
    Dann erstarrte Alex so abrupt wie in der Nacht zuvor. Dieses Mal aber verharrte sein Blick nicht auf dem Lederbeutel, der flach auf dem Boden lag, sondern seine Augen sahen buchstäblich durch die Wände und zu den

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