Analog 07
Unterholz. Zweige kitzelten ihn, und er wünschte sich etwas zu trinken.
Dann sah er ein Schimmern zwischen den Monden und Sternen, ein tränenförmiges Flugzeug sank herab – das erste der feindlichen Fahrzeuge. Es landete auf einem Kraftfeld, doch zunächst blieben die Luken noch verschlossen. Wer auch immer im Innern war, wollte sich wahrscheinlich vergewissern, daß außen keine Gefahr drohte.
Ein Heuschober bewegte sich vorwärts. Er war um Brob herum zusammengeleimt worden. Bevor jemand in dem Fahrzeug reagieren konnte, war er da. Seine rechte Faust zertrümmerte die Außenhülle und vernichtete die Funkanlage, während er dann mit der Linken die Hülle abschälte und den Antrieb herausnahm.
„Auf sie, Jungs!“ brüllte Alex. Seine Gefolgsleute schwärmten aus, um die Festnahmen vorzunehmen. Aber das war kaum notwendig, denn Brob hatte die beiden Wesen im Inneren bereits entwaffnet und gefesselt.
Anschließend zerrte er das nutzlose Fahrzeug weg und verwandelte sich wieder in einen Heuschober, während Alex und die Hokas sich erneut versteckten. Auf diese Weise konnten sie während dieser Nacht insgesamt dreißig Gefangene machen, den ganzen Ring ausheben. Nicht alle Mitglieder waren Kratch; unter ihnen befanden sich auch zwei Slissii, ein Pornianer, ein Sarennianer, ein Worbenite und drei Chakbans. Die Kratch waren allerdings in der Überzahl, und sie waren eindeutig die Anführer.
Ein glorreicher Sieg! Alex dachte an die bevorstehenden Gerichtsverhandlungen und stöhnte laut vor Freude.
Zwei Wochen später, wieder zu Hause, gewaschen und rasiert, konferierte er mit Napoleon. Das Imperium war sein drängendstes Problem. Mongolen, Azteken, Kreuzritter und andere unruhestiftende Typen fielen langsam wieder auf einen einigermaßen normalen Stand zurück, nachdem die Quellen ihrer Phantasie bloßgestellt und aus dem Verkehr gezogen worden waren. Doch das kaiserliche Frankreich hatte nicht nur eine solidere Basis, sondern auch die unversöhnliche Feindschaft des georgianischen England. Der Friede von Amiens, den Alex flüchtig gekittet hatte, war brüchiger denn je.
Tanni war eine anmutige Gastgeberin und eine großartige Köchin. Das Hauspersonal des Gesandten sowie seine Kinder benahmen sich untadelig. Kerzenlicht, poliertes Silber, weißes Linnen, sanfte Musik hatten einen zusätzlich beruhigenden Effekt. Und schließlich erinnerte die ehrfurchtgebietende Gestalt Brobs den Imperator – der schließlich auf Hoka-Weise normal und vernünftig war – daran, daß auch andere Welten sich Sorgen um diese machten. Der Trick bestand darin, ihm und seinen Mannen ein gleichwertiges Vergnügen wie das bisherige anzubieten.
„Messire“, drängte Alex bei Cognac und Zigarren, „als gebildeter, weitsichtiger Mann erkennt Ihr doch gewiß, daß sich die Zukunft von der Vergangenheit unterscheidet. Ihr selbst, ein erderschütternder Mann der Tat, habt uns gezeigt, daß das Alte niemals mehr wiederkehren kann und wir statt dessen nach neuen Wegen suchen müssen – la carriere ouverte aux talents, wie Euer illustrer Namensvetter zu sagen beliebte. Wenn Ihr mir meinen Akzent vergeben wollt.“
Napoleon räkelte sich in seinem Sessel und hielt sich den Bauch. „Ja, mais oui , ich erkenne das Prinzip“, antwortete er unglücklich. „Auch ich verfüge über einige Kenntnisse der Geschichte. Vierzig Jahrhunderte schauen auf uns herab. Aber auch Ihr müßt Eurerseits erkennen, Monsieur le Plenipotentiare, daß in Frankreich gewaltige Energiepotentiale freigesetzt worden sind. Das Volk wird nicht mehr zu seiner gewohnten Lebensweise unter dem ancien regime zurückkehren wollen. Sie haben das Abenteuer geschmeckt, und danach werden sie nun immer verlangen.“
Alex winkte mit erhobenem Zeigefinger. Tannis Blick erinnerte ihn daran, daß dies vielleicht nicht die geeignete Geste gegenüber dem Imperator war, daher griff er hastig nach seinem Glas. „Ah, aber Messire“, sagte er, „ich bitte Euch, denkt weiter. Ihr fragt Euch, was das Interesse der Bevölkerung wecken könnte, sollte die Große Armee aufgelöst werden. Nun, was anderes als die natürliche Nachfolgerin der Monarchie? Die Republik!“
„Qu’est-ce que vous dites?“ fragte Napoleon und stellte die Ohren auf.
„Ich verstehe, Messire“, fuhr Alex fort. „Dringende Staatsgeschäfte haben verhindert, daß Ihr die Geschichte Frankreichs nach Eurer eigenen Periode studieren konntet. Ich selbst besitze einige Bücher, welche ich gerne für Euren
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