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Analog 07

Analog 07

Titel: Analog 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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Zweck. Der Flosser war zu weit voraus.
    Seltsam, wie er sein ganzes Leben lang mit Delphinen zusammenleben und -arbeiten konnte und so wenig über sie wußte. Zu denken, daß der Terranische Rat ihn wegen seiner Erfahrung als Offiziersanwärter ausgesucht hatte … Ha!
    Zum Beispiel Keepiru. Toshio war von den Flossern schon immer und oft verkohlt worden. Sie veräppelten alle menschlichen Kinder, während sie sie gleichzeitig beschützten. Allzu verschieden von der Art, wie menschliche Erwachsene sie behandelten, war das nicht. Aber als er die Stelle an Bord der Schnüffler antrat, hatte er erwartet, als Erwachsener und Offizier begrüßt zu werden. Sicher, ein kleiner verbaler Schlagabtausch, wie er ihn zu Hause zwischen erwachsenen Menschen und Flossern erlebt hatte, aber genauso ein wenig gegenseitige Rücksichtnahme.
    Keepiru war der Schlimmste gewesen. Er hatte sogleich einen heftigen Sarkasmus offenbart und nie davon abgelassen. Von Beginn an war es eine einzige Demütigung gewesen, außer wenn Hikahi einschritt. Und das war noch schlimmer.
    Warum versuche ich überhaupt, ihn zu retten?
    Er erinnerte sich an die wilde Entschlossenheit, die Keepiru gezeigt hatte, als er ihn aus dem Tang befreite. Dabei war kein Rettungsfieber aufgetreten. Der Flosser hatte seine Rüstung vollständig unter Kontrolle gehabt. Das war Grund genug.
    Er denkt also von mir wie von einem Kind, dachte Toshio verbittert. Kein Wunder, daß er mich jetzt nicht beachtet.
    Aber es gab noch einen Weg. Toshio biß sich auf die Lippen und wünschte sich vergeblich eine Alternative. Um Keepirus Leben zu retten, mußte er selbst sich gänzlich erniedrigen. Die Entscheidung dafür war nicht einfach. Sein Stolz hatte solch einen Stoß erhalten, daß er es letztlich fast vorzog, nichts zu unternehmen.
    Mit einem wilden Fluch drückte er das Drosselventil wieder zu und stellte die Bugflossen so, daß er absank. Er drehte die Unterwasserlautsprecher auf volle Leistung, schluckte noch einmal und schrie dann in einem trinarischen Kauderwelsch:
    *Kind in Gefahr – Kind in Not*
    * Menschenkind – erwartet den Retter*
    * Menschenkind – komm, gib dein Bestes!*
    Immer und immer wieder wiederholte er den Ruf, pfiff ihn mit Lippen, die trocken vor Scham waren. Dieser Kinderreim wurde allen Kindern von Calafia beigebracht. Jedes Kind, das älter als sieben Jahre war und ihn benutzt hatte, beantragte für gewöhnlich die Versetzung zu einer anderen Insel, um der folgenden Hänselei zu entgehen.
    Für Erwachsene gab es würdigere Arten, um Hilfe zu rufen.
    Aber keine, von der Keepiru gehört hatte.
    Seine Ohren brannten, während er den Ruf wiederholte.
    Natürlich kamen nicht alle Kinder gut mit den Flossern zurecht. Nur ein Viertel der Bevölkerung von Calafia arbeitete eng mit dem Meer zusammen. Aber diese Erwachsenen hatten gelernt, wie man am besten mit den Delphinen klarkam. Toshio hatte immer angenommen, daß er zu ihnen gehören würde, wenn er den Schritt in den Weltraum nicht schaffte.
    Das war nun alles vorbei. Wenn er zurück zur Schnüffler gelangte, würde er sich in seinem Aufenthaltsraum verstecken müssen – zumindest für die paar Tage, die die Sieger der Schlacht über Kithrup brauchten, um herunterzukommen und sie in Gewahrsam zu nehmen.
    Auf seinem Sonarschirm näherte sich von Westen eine weitere zerfaserte, statische Linie. Toshio zuckte die Achseln und ließ den Schlitten etwas tiefer gleiten. Nicht daß er sich sorgte. Er setzte das Pfeifen fort, aber er fühlte sich, als ob er schrie.
    ##wo – wo – wo ist das Kind? – wo ist Kind? wo##
    Ur-Delphinisch! Ganz nahe! Fast vergaß er sein Schamgefühl. Er ahmte das grundlegende Notsignal so gut nach, wie menschliche Lippen es vermochten.
    Er nahm einen Riemen in die rechte Hand, einen, der von Krookidas Befestigungen zurückgeblieben war, und pfiff weiterhin, auch wenn es ihn drängte, eine wilde Grimasse zu schneiden.
    Ein Streifen aus grauem Zwielicht schoß wie ein Blitz an ihm vorbei in die Tiefe. Toshio preßte seine Knie zusammen und nahm den Strick in beide Hände. Er wußte, daß Keepiru unter ihm kreisen und dann von der anderen Seite hochkommen würde. Der Flosser mochte dieses Manöver. Als er die erste Andeutung grauer Haut aufwärts jagen sah, stieß Toshio sich vom Schlitten ab.
    Der geschoßförmige Körper des Delphins wand sich in einem plötzlichen, panikartigen Versuch, dem Zusammenprall auszuweichen. Toshio schrie auf, als der Schwanz des Meeressäugers gegen

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