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Analog 08

Analog 08

Titel: Analog 08 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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sagte ich. „Doris, könnten Sie bitte einen Moment dranbleiben? Jemand anders ruft mich an.“ Sie nickte, und ich drückte auf „Warten“ und „Empfang 2“.
    Es war Stevens. „Mario, mein Junge. Langschläfer, wie ich sehe.“
    Automatisch sah ich auf meinen Pyjama herab. „Äh, ja, Sir. Ich fürchte, ich habe letzte Nacht gar nicht gut geschlafen.“
    Stevens verfiel in einen ernsten, väterlichen Tonfall. „Sie dürfen sich durch den Zwischenfall mit dem Eingeborenen gestern abend nicht beunruhigen lassen. Mir ist aufgefallen, daß Sie beim Essen neben ihm gesessen haben. Mr. Mooney hat mir versichert, daß die Eingeborenen von Zeit zu Zeit hysterischen Hokuspokus vorführen, weil sie die Aufmerksamkeit auf sich lenken wollen. Das ist in gewisser Weise durch Kulturschock bestimmt. Er hat zweifellos versucht, bei uns Eindruck zu schinden, nachdem er eine Ahnung davon bekommen hatte, wozu Sie und ich hier sind.“
    Und wozu sind wir hier? Um per Regierungsstempel die Investitionen von PU zu genehmigen? Laut sagte ich jedoch: „Das glaube ich eigentlich nicht, Sir. Ich hatte den Eindruck, daß dem Eingeborenen – Punlaag heißt er – irgend etwas echte Angst eingeflößt hat.“
    „Unsinn, Mario. Ich möchte, daß Sie die ganze Affäre voll und ganz vergessen. Ich rufe Sie wegen der Inspektionsfahrt zu der Plattform im Meer an, die ich für heute nachmittag geplant hatte.“ Stevens machte eine kurze Pause, um seinen Politikertonfall wiederzufinden. „Heute nachmittag veranstaltet das terranische Konsulat von Fincaux ein kleines kaltes Büffet zu meinen Ehren. Sie kommen dazu hierher, und ich kann sie schließlich nicht enttäuschen. Deshalb sollen Sie an meiner Stelle an der Inspektionsfahrt teilnehmen. Übermitteln Sie bitte meine Entschuldigungen an Mr. Lassiter. Ein Pteroflieger holt Sie in einer Stunde vor dem Hotel ab.“ Er streckte seine Hand aus, um die Verbindung zu unterbrechen, zögerte aber dann. „Oh, und machen Sie sich dort draußen sorgfältig Notizen, Mario. Ich brauche für den offiziellen Bericht einen Haufen technischer Details – über die Konstruktion, die Kosten, Sie wissen ja Bescheid: zukünftige Investitionen der Pyrrhus-Gruppe, ihr Beitrag für die planetarische Entwicklung. Sie wissen, was ich meine.“ Klick. Der Schirm war leer.
    Ich schaltete wieder auf die andere Leitung. Doris war noch am Apparat. „Es tut mir leid, daß ich Sie so warten lassen mußte“, sagte ich. „Ich fürchte, ich kann Sie doch nicht zu dem Eingeborenendorf begleiten …“
    Sie zeigte sich sehr verständnisvoll, als ich ihr die Art meines „offiziellen Auftrags“ erklärte, denn sie hatte Stevens bei der Dinner-Party schließlich kennengelernt. Wir verabredeten uns für den Abend zum Essen. Ich sagte ihr, daß ich sehr interessiert daran sei, zu erfahren, was sie über Punlaags seltsames Benehmen herausbekommen könne.
    Als ich die Verbindung unterbrochen hatte und anfing, mich anzuziehen, wurde mir klar, daß ich außerdem das allergrößte Interesse an dem Abendessen mit Doris Mooney hatte.
     
    Der Pteroflieger war ein für einen Piloten vorgesehener Luftatmer, der aus einer der Pyrrhus-Fabriken stammte. Ich saß allein in der Passagierabteilung, die wie der Konferenzraum einer Gesellschaft angelegt war – die Stühle waren gut gepolsterte Dreh-Lehnstühle mit Rollen, die sich bei Start und Landung automatisch verriegelten. Neben jedem Stuhl waren Diktiergeräte und ein Visiphon angebracht. Die Kabinenwände waren mit dem gleichen dicken Teppich wie der Boden bedeckt – alles in der Farbe der Gesellschaft: Pyrrhus-Blau.
    Die Stimme des Piloten klang aus dem Visiphon neben meinem Sitz: „Darf ich Ihnen etwas bringen, Mr. Brisando?“
    „Mir fällt nichts ein, vielen Dank.“
    Der Schirm erwachte zum Leben und zeigte das Gesicht eines blondbärtigen jungen Mannes mit Sonnenbrille und einem Kehlkopfmikrophon. „Mein Name ist Casey, Mike Casey. Wenn Sie etwas brauchen, lassen Sie es mich wissen. Hinten gibt es eine gut bestückte Speisekammer und eine Bar, falls Sie daran Interesse haben sollten.“
    „Wie lange dauert die Reise denn?“ fragte ich, um eine Unterhaltung in Gang zu bringen.
    „Ungefähr eine halbe Stunde. Wir fliegen in doppelter Schallgeschwindigkeit in einer Höhe von zehntausend Meter. Möchten Sie einen Blick nach draußen werfen?“ Der Schirm zeigte Stücke von blauem Wasser durch Lücken in der Wolkendecke. Ich konnte gerade noch das Muster der winzigen

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