Analog 1
dachte über seinen Kartellfall nach, USA gegen Systems Motors . War so gut wie geschrieben. Diese Frau würde sterben, und allein der Anblick ihres Todes würde ihm genügend geistige Energie liefern, um Systems abschließen zu können. Seine Meinung zu Systems würde als grundsätzliche Arbeit zum Kartellgesetz in die Annalen des Rechtswesens eingehen. Die Gerichtsjournalisten würden sich monatelang die Köpfe darüber zerbrechen können. Zutiefst zufrieden rieb er die Hände aneinander. Nur Geduld, Atropos, es wird ein herrlicher Tag werden.
Und nun zum Geschäft.
Er drehte seinen hohen Stuhl zu den Geschworenen. „Ich bin verpflichtet, Ihnen folgende Eröffnung zu machen: Sie, die Geschworenen, haben für einen Fall einer Patentrechtsverletzung zu entscheiden. Der Anwalt des Klägers, Mr. Ordway – der Herr im Talar –, sitzt an dem Tisch, der Ihnen am nächsten ist, der Anwalt der Angeklagten, Mr. Thomas, am weiter entfernten. Zusätzlich sitzt eine schwarzgekleidete Person am Tisch der Angeklagten. Diese Person ist eine Optierende, und darauf werde ich gleich zu sprechen kommen.“
Er begutachtete den Gerichtssaal. Zum Bersten voll. Man konnte nur mit einer besonderen Karte hereinkommen. Er selbst war Zeuge gewesen, wie die Auswahlkriterien erstellt worden waren. Zuerst Repräsentanten von achtzehn Patentbüros. Dann die Vertreter der Handelsgesellschaften und schließlich noch zwei Dutzend amici curiae . Dann die technischen Vereinigungen: die ACS, AiChE, ASME … das ganze Geschmeiß, das Alphabet rauf und runter. NAM plädierte für die Einstellung weiterer Operationen, da die Erfindermaschine angeblich die nationale Ökonomie zerstörte. Das Justizministerium wollte alle Erfindungen zu öffentlichem Eigentum machen. Der Patentkommissionär hatte eine dreihundertseitige Studie erstellt. Er wußte, daß das Patentamt im Grunde genommen eine Verletzung seines eigenen Patents heraufbeschwor. Seltsam. Aber nicht, daß es eine Rolle gespielt hätte. Und dann noch die Presse. Und die Kameraleute der Fernsehanstalten, die die ganze Angelegenheit einer Viertelmilliarde Menschen zugänglich machten.
Er fuhr fort. „Im letzten Jahrzehnt des zwanzigsten Jahrhunderts wurden etwa vierhundert Klagen wegen Patentrechtsverletzungen vor die Gerichte der Vereinigten Staaten gebracht. Bei jedem einzelnen dieser Patente konnte die Ungültigkeit nachgewiesen werden. In den meisten Fällen wurden die Kläger aufgefordert, die anfallenden Kosten zu übernehmen. Als Resultat darauf wurde im ersten Jahr des gegenwärtigen Jahrhunderts keine einzige Patentsache verhandelt. Tatsächlich ging die Zahl der eingetragenen Patente in den Patentbüros um mehr als fünfundneunzig Prozent zurück. Das Patentsystem, bis dato ein Eckstein im Gefüge der freien Marktwirtschaft, war tot.“
Quentin Thomas betrachtete die dreizehn Gesichter der Geschworenen, eingeschlossen das der Stellvertreterin, einer freundlich dreinblickenden Großmutter. Verstand einer von ihnen, was Speyer ihnen sagte? Unmöglich, das festzustellen. Sechs Männer. Sechs Frauen. Plus die Stellvertreterin. Arbeiter. Rentner. Hausfrauen. Diese schwangere Frau dort. Wie, um alles in der Welt, hatte sie nur auf die Geschworenenliste kommen können …
„Der Kongreß reagierte darauf“, fuhr der Richter fort, „indem er das Patentgesetz von 2002 erließ. Dieses neue Patentrecht war gekennzeichnet durch eine drastische Veränderung der vormaligen Statuten. Zunächst einmal ist der Angeklagte grundsätzlich einer Patentrechtsverletzung schuldig, bis er den Gegenbeweis erbringen kann. Außerdem ist Patentrechtsverletzung ein Kriminaldelikt; es wird mit der Todesstrafe geahndet.“
Plötzlich wurde lautes Murren im Saal laut, wie das Summen eines Schwarms lauter Insekten. Richter Speyer schlug mit dem Hammer auf die Bankoberfläche. Nachdem das Murmeln erstorben war, sprach er genüßlich weiter. „Ich will eine ordentliche Gerichtsverhandlung. Sollte ich zu der Überzeugung kommen, daß dies in diesem Rahmen unmöglich ist, werde ich das Publikum ausschließen lassen.“
Plötzlich wurde es still.
„Wie ich schon sagte“, fuhr er fort, „sieht das neue Patentrecht für den Hauptverantwortlichen der Rechtsübertretung die Todesstrafe vor. Es dürfte außer Frage stehen, daß der Kongreß damit den Direktor oder den Aufsichtsratsvorsitzenden einer Firma meinte. Aber im Laufe der Zeit kristallisierte sich heraus, daß die Todesstrafe abtretbar war. Der Direktor der
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