Anansi Boys
t s gegen den Geruch ausgerichtet, der sich langsam i m hinteren Bereich des Flugzeugs ausbreitete w i e verdünntes Tränengas. Babys s c hrien, Erwachsene m u rrten und Kinder greinten. Eine Gruppe von Reisenden, auf dem Weg nach Disneyworld, war d e r Ansicht, dass ihr Urlaub in dem Moment begann, in d e m sie das Flugzeug bestiegen, und so begannen sie, kaum hatten sie ihre Plätze eingenommen, ge me insam zu singen. Sie sangen »Bibbidi-Babbidi-Bu« und »Das Superste ist an den Tiggern« und »Unter dem Meer« und »Heiho heiho, wir sind vergnügt und froh« und sog a r, offenbar in dem Glauben, auch dies sei ein Disney-Song, »Nun z i ehn wir l o s, zum Zauberer von Oz«.
Auch m u sste ma n, als das F l ugzeug bereits in der Luft war, feststellen, dass auf Grund einer Verwirrung im Catering-Service k e ine Mittagessen für die Touristenklasse an Bord genommen worden waren. Stattdessen standen lediglich Frühstücksport i onen zur Verfügung, was zur Fo l g e hatte, dass jedem Passagier eine Packung Cornflakes plus eine Banane serviert wurde, die er aller d ings m it Plastikmesser und -gabel essen m u sst e , da es unglücklicherweise keine Löffel gab, was andererseits viel le icht gar nicht so schlimm war, weil die Milch zu den Cornflakes bei W e item nicht für alle reichte.
Der Flug war die Hölle, und Fat Charlie verschlief ihn von Anfang bis Ende.
In seinem Traum befand Fat Charlie sich in einem riesigen Saal, und er trug einen S t resemann. Neben ihm saß Rosie in einem weißen Hochzeitskleid und einen Platz weiter ihre Mutter, die, etwas b e fremdlich, ebenfalls ein Hochzeitskleid trug, nur dass dieses mit Staub und Spinnweben bedeckt war.
Weit entfernt am Horizont, der den Saal auf der anderen Seite begrenzte, wurden Gewehrschüsse abgegeben und weiße Fahnen geschwenkt.
Da s sin d nu r di e Leut e vo m Tisc h H , sag t e Ros i e s M u t t e r.
Achtet gar nicht auf sie.
Fat Charl i e wandte sich zu Rosie. Sie sah ihn mit ih rem weichen, süßen Lächeln an, lec k te sich dann über die Lippen.
Torte, sagte Rosie in seinem Traum.
Das war das S i gnal für das Orchester, mit dem Sp i elen zu beginnen. Es war eine New-Orleans-Jazzkapelle, und sie spielte zuerst ein m al einen Trauermarsch.
D i e Assi st enti n d e s K ü c h e n c h ef s w a r ei n e Poli z ei b eam ti n . Sie hielt e i n Paar Handschell e n in der Hand. Der Küchenchef rollte die Torte aufs Podium.
Jetzt, sagte Rosie im Traum zu Fat Charlie. Schneide die Torte an.
Die Leute am Tisch R – die keine richtigen Leute waren, sondern Zeichentrickmäuse und ratten und hoftiere, aber in Menschengröße – w a ren in F e ierstimmung und begannen Lieder aus Disneyfilmen zu singen. Von Fat Charlie, das war ihm klar, wurde erwartet, dass er mitsang. Selbst im Schlaf fühlte er die Panik au f steigen bei der bloßen Vorstellung, er müsse vor allen Leuten singen; seine Glieder wurden taub, seine Lippen begannen zu prickeln.
Ich kann nicht m it euch singen. Verzweifelt suchte er nach einer guten Ausrede. I c h muss die Torte anschneiden.
Bei diesen Worten legte sich Schweigen über den Saa l . Und in d i eses Schweigen hin e in trat ein wei t e rer Küche n chef, der einen w eiteren kleinen Servierwagen vor sich herschob. Der Küchenchef trug das Gesicht von Grahame Coats, und auf dem Servier w agen befand sich e i ne extravagante weiße Hochzeitstorte, e i n reich verziertes, in mehreren Lagen übere i nander getürmtes Naschwerk. Eine winzige Braut und ein winziger Bräutigam ba l ancierten auf der obers t en und schmälsten Lage, wie zwei Menschen, die sic h groß e Müh e gaben , nich t vo n de m mi t Zuckerguss ü b erzogenen ChryslerGebäude zufallen.
Rosies Mutter langte unter den Tisch und brachte ein langes Messer – fast eine Machete – mit Holzgriff und rostiger Klinge zum Vorschein. S i e reichte es Rosie, d i e nach Fat Charlies Hand griff, um sie über ihre eigene zu legen, und gemeinsam drü c kten sie dann das rostige Messer, genau zwischen Bräutigam und Braut ansetzend, in den dicken weißen Zuckerguss auf der obersten Tortenlage. Zunächst w i derstand die Torte dem Messer, und Fat Charlie drückte kräftiger, legte sein ganzes Gewicht hinein. Er spürte, wie die Torte langsam nachgab. Und drückte noch kräftiger.
Die Klinge schnitt durch die oberste Schicht der Hochzeitstorte. Sie glitt durch Sahne, Creme und Teig, durch alle Schichten und Lagen hi n durch, und während sie immer weiter vordrang, klaffte die
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