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Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain

Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain

Titel: Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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nicht gern, wenn wir uns in ihre Angelegenheiten einmischen, um so mehr, wenn wir versuchen, mit ihren Leuten Kontakt aufzunehmen. Sie bewertet das als einen Versuch, Druck auf sie auszuüben. Man kann es verstehen . . .«
    »Ich, verehrter Lew Michailowitsch, ich habe es auch nicht gern, wenn man sich in meine Angelegenheiten einmischt und versucht, mich unter Druck zu setzen. Ich hatte eine Idee, und ich will sie verwirklichen. Aber jemand hat sich eingemischt, jemand hat sich mir in den Weg gestellt, hat versucht, auf mich Druck auszuüben und mich zu zwingen, diese Idee aufzugeben. Das gefällt mir nicht. Deshalb bringen Sie mir jetzt entweder diesen Moskauer Kripobeamten, augenblicklich und ohne Umschweife, oder Sie erklären mir offiziell, daß Sie zu diesem Jemand in unmittelbarer Beziehung stehen, und dann unterschreiben Sie augenblicklich ein Rücktrittsgesuch. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    »Klarer geht’s nicht.« Repkin lachte. »Ihre Pläne sind napoleonisch, aber wer wird Ihnen gestatten, sie zu verwirklichen?«
    »Was wollen Sie damit sagen?« Der Bürgermeister runzelte die Stirn.
    »Ich habe schon alles gesagt.« Repkin lächelte. »Versuchen Sie nicht, die Hindernisse auszuräumen. Sie nehmen Schaden, und das Hindernis wird stehenbleiben. Ein kluger Mensch verwendet die Mauer, um sich an ihr sein Haus zu bauen und still in ihrem Schutz zu leben.«
    Lew Michailowitsch ging hinaus, und der Bürgermeister blieb lange sitzen und blickte mit leeren Augen aus dem Fenster. Er hatte das Gefühl, daß sein Leben zu Ende war.

Kapitel 11
    TAG ZWÖLF
    Genau gegenüber von Zimmer 513 war eine kleine Halle mit Lehnstühlen und einem Fernseher. Um halb neun, auf dem Weg zum Frühstück, sah Nastja in der Halle einen etwa zwölfjährigen Jungen mit einem dicken Stoß Noten auf den Knien. Als er das Türgeräusch hörte, drehte er sich um, und auf seinem Gesicht machte sich Enttäuschung breit.
    »Wartest du auf jemand?« fragte Nastja im Vorbeigehen.
    »Auf Regina Arkadjewna.« Der Junge nickte. »Sie ist jetzt beim Frühstück, und dann gehen wir zur Klavierstunde.«
    »Wohin?« fragte Nastja verwundert.
    »In den Kinosaal. Dort ist ein Klavier, direkt auf der Bühne. Wir halten die Stunde immer dort ab, wenn Regina Arkadjewna im Sanatorium ist.«
    Respekt, Oma, dachte Nastja bewundernd. Sogar hier verdient sie ihre Dollars. Klar, Korotkow hat mir doch erzählt, was sie für Ausgaben hat.
    »Aber ich habe dich früher nie gesehen. Bist du sonst zu einer anderen Zeit gekommen?«
    »Nein, ich bin überhaupt nicht gekommen. Das heißt, seit Regina Arkadjewna diesmal im Sanatorium ist. Wir haben alle zwei Wochen eine Stunde.«
    »Das heißt, daß du begabt bist?« fragte Nastja, die sich an Korotkows Erzählungen erinnerte.
    »Bei Regina Arkadjewna sind alle begabt. Sie nimmt keine anderen Schüler.«
    »Und seid ihr viele?« fragte Nastja.
    »Das weiß ich nicht.« Etwas machte den Jungen stutzig, und er versuchte, das Gespräch auf ein anderes Thema zu lenken. »Regina Arkadjewna ist sehr gut, sie arbeitet mit uns allen kostenlos.«
    Was heißt hier kostenlos. Deine Eltern wollen einfach nicht, daß du weißt, wie teuer ihnen deine Begabung kommt. Es gibt ja unterschiedliche Kinder. Manche von ihnen sind, wenn ihre Eltern kein Geld für neue Jeans oder Turnschuhe haben, durchaus fähig zu erklären: Ich spiele eben nicht mehr Musik, dafür könnt ihr mir für dieses Geld . . . Deine Eltern sind klug und weitblickend, sie schützen dein Talent vor deinen jugendlichen Fehlern und Torheiten.
    »Hör zu«, sagte sie plötzlich. »Und die Schule? Schwänzt du sie?«
    »Was denken Sie!« rief der Junge empört. »Heute ist doch Sonntag!«
    »Entschuldige, mein Freund.« Nastja besann sich. »Wenn man nicht zur Arbeit geht, kommen einem alle Tage durcheinander.«
    »Macht nichts«, sagte er großmütig, »das kommt vor. Wahrscheinlich muß ich in dieser Woche wirklich einmal schwänzen. Ich komme mit der Rhapsodie von Liszt nicht ganz klar, ich werde heute noch was zu hören kriegen von Regina Arkadjewna. Und wenn etwas nicht gelingt, dann legt sie eine neue Stunde in drei, vier Tagen fest.«
    Der Junge war so ernst und besorgt, daß Nastja fast lachen mußte. Sie wollte ihn besänftigen und aufmuntern.
    »Laß den Kopf nicht zu früh hängen. Vielleicht gefällt es ihr doch, wie du spielst?«
    »Nein.« Er schüttelte traurig den Kopf. »Mir gefällt es auch nicht.«
    »Wie heißt du, junges

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