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Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain

Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain

Titel: Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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wir unsere Beziehung gleich klären und nicht versuchen, einander zu hintergehen, Eduard Petrowitsch. Wir beide befinden uns in einer Situation, wo der direkte Weg der kürzeste ist.«
    »Ich bin bereit.«
    Denissow stellte sein Glas ab, legte eine Grapefruitspalte auf Nastjas Teller und nahm sich selbst einen Apfel.
    »Eduard Petrowitsch, ich weiß, daß Sie die Aufklärung des Mordes an Alferow inszeniert haben. Das heißt, daß die ganze Stadt in Ihrer Hand ist, unter anderem auch die Rechtsorgane. Ich habe eine ungefähre Vorstellung von dem Ausmaß der Korruption, die hier blüht, und ich glaube nicht allzusehr an Ihre Güte und Sentimentalität. Ich weiß, wer Sie sind, und ich lasse mich mit offenen Augen auf eine Zusammenarbeit mit Ihnen ein. Aber ich mache das nur deshalb, weil das, wovon Sie mir erzählt haben, weitreichende Konsequenzen hat und neue Opfer nach sich ziehen kann. Diese Überlegungen haben zu meinem Einverständnis geführt. Deshalb werde ich, falls Sie mich hintergangen haben, noch morgen die STADT verlassen, und übermorgen werden hier Leute vom Innenministerium auftauchen, die anfangen werden, den vermeintlichen Selbstmord von Chanin zu untersuchen. Sehen Sie, ich bin aufrichtig zu Ihnen und verberge meine Absichten nicht.«
    »Aber Chanin hat sich tatsächlich selbst umgebracht. Wir haben das nur benutzt.«
    »Und das Gutachten? Was machen Sie damit? Organisieren Sie einen Brand im Gebäude der Polizeidirektion, bei dem alle Beweisstücke und Prozeßunterlagen verbrennen? Eduard Petrowitsch, Sie müssen verstehen, ich drohe Ihnen nicht. Geben Sie mir Ihr Wort, daß nach der Entdeckung von Alferows Mörder die Angelegenheit aufgrund neuer Beweisstücke wieder aufgerollt wird. Geben Sie mir Ihr Wort, das genügt mir, um Ihnen mit reinem Gewissen zu helfen.«
    »Und wenn ich Ihnen mein Wort gebe, es aber nicht halte?«
    »Das würde bedeuten, daß ich eine Idiotin bin und dafür meinen Kopf hinhalte. Aber das ist nicht mein Problem. Ich werde nicht mit Ihnen abrechnen. Der Betrogene hat in unserem Fall nicht weniger Schuld als der Betrüger. Jeder soll selbst für seine Fehler einstehen.«
    »Gut, Anastasija, Offenheit gegen Offenheit. Die Untersuchung des Mordes mußte um jeden Preis eingestellt werden, um nicht die Leute aufzuschrecken, die sich in der ›Doline‹ niedergelassen haben. Die Aufdeckung wurde von mir organisiert und bezahlt, da haben Sie sich nicht geirrt. Wir hatten ein paar Möglichkeiten, wie wir das machen konnten. Der Selbstmörder war nur eine von vielen. Zu diesem Zweck hat auf der Notaufnahme ein Mann von mir Dienst gehabt, der auf einen passenden Fall gewartet hat. Aber es gab auch andere Varianten, diese hat einfach als erste funktioniert.«
    »Und das Foto? Es wurde doch zu Lebzeiten Alferows gemacht. Wozu?«
    »Sie glauben mir noch immer nicht. . . In den letzten Monaten wurden von meinem Mann im Sanatorium Fotos aller Kurgäste gemacht, ohne Ausnahme. Wir haben uns der Sache sehr ernsthaft angenommen, bedenken Sie das.«
    »Haben Sie auch von mir ein Foto?«
    »Sicher. Möchten Sie es sehen?«
    »Ja.«
    Denissow ging in ein Nebenzimmer und kam nach einigen Minuten mit dem Foto zurück. Nastja war am Tag ihrer Ankunft fotografiert worden, abgemagert, mit eingefallenen Augen und vor Schmerzen zerbissenen Lippen. Sie sah nicht aus wie eine junge Frau!
    »Und wer hat den Brief geschrieben, Eduard Petrowitsch?«
    »Kann Ihnen das nicht egal sein?« Er goß ihr einen Martini ins Glas und legte Eiswürfel und eine Zitronenscheibe nach. »Das sind unsere Produktionsschwierigkeiten.«
    »Sagen Sie das nicht.« Nastja lächelte verschmitzt. »Dieser Mensch ist mindestens fünfunddreißig, und wenn er jünger ist, lebt er bei seinen Eltern. Er liebt die Poesie, obwohl er selbst nicht schreibt. Und seine Phantasie ist ärmlich. Stimmt das?«
    »Ich lasse nachfragen, wer mit dem Brief beauftragt war. Aber ich warte auf Ihre Erklärungen.«
    »Haben Sie diesen Brief gelesen?«
    Denissow nickte. Nastja nahm einen großen Schluck und begann, langsam zu deklamieren:
    »Dieser Mensch, der sich so sehr bemüht hatte, dich zu vergessen, und in dessen Erinnerung du dich gerade deshalb wieder und wieder gedrängt hast wie ein Ohrwurm oder ein greller Reklamespruch, den man ohne es zu wollen nachplappert, dieser Mensch hat heute, jetzt, ohne es selbst zu vermuten, endlich angefangen, dich zu vergessen. Wieviel hast du in diesem Augenblick verloren!«
    »Was ist das?« wunderte sich

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