Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen

Titel: Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
Vom Netzwerk:
Sie, daß ich es bin, der Ihnen das Geld aus der Tasche ziehen will. Ihr Verdacht ist unbegründet, aber ich kann ihn leider durch nichts anderes entkräften als durch mein Wort. Sie haben nur die Wahl, mir zu glauben. Jedenfalls kann ich versuchen, den Russen unter Druck zu setzen, ohne ihm ein zusätzliches Entgelt zu versprechen. Ich weiß, wie man das macht.«
    »Dann machen Sie.« Der Japaner nickte. »Wenn es Ihnen gelingt, wenigstens einen Teil der Ausgaben einzusparen, werde ich dafür sorgen, daß Ihr Honorar erhöht wird.«
    Zwei Stunden später läutete in der Moskauer Botschaft eines GUS-Landes das Telefon. Einer der untergeordneten Botschaftsmitarbeiter nahm den Hörer ab und hörte sich aufmerksam an, was am anderen Ende der Leitung gesagt wurde. Die Aufgabenstellung bestand darin, die Namen und Adressen einiger Firmen festzustellen, ebenso die Namen ihrer leitenden Angestellten, vorzugsweise der Direktoren und Chefingenieure.
    6
    Suren Udunjan schloß seinen Wagen ab und ging zu seinem Haus. Im Treppenhaus war, wie immer, das Licht defekt, der Treppenabsatz vor dem Lift versank im Halbdunkel, in das nur das schwache Deckenlicht aus dem ersten Stockwerk einfiel. Suren drückte auf den Liftknopf, machte einen Schritt zum Briefkasten und holte den Schlüsselbund aus der Tasche.
    In diesem Moment legte sich plötzlich eine Hand auf seine Schulter. Surik wandte sich abrupt um und erstarrte. Vor ihm stand der Mann aus der Metro, Berkowitsch, der auch jetzt denselben hellbraunen Regenmantel trug.
    »Warum hast du mich überfallen?« fragte er mit leiser, monotoner Stimme.
    »Du bist doch gestorben«, flüsterte Surik. Seine Lippen und seine Zunge gehorchten ihm nur widerwillig.
    »Natürlich bin ich gestorben«, antwortete der Tote mit derselben monotonen Stimme. »Und nun möchte ich wissen, warum du mich umgebracht hast.«
    Mit einem rasselnden Geräusch öffnete sich die Lifttür, doch im rettenden Innern des Fahrstuhls herrschte das Dunkel eines bodenlosen Abgrunds. Auch hier war die Deckenbeleuchtung defekt. Surik unternahm eine verzweifelte Anstrengung, um seine Glieder aus der Erstarrung zu lösen, dann sprang er buchstäblich hinein in das schwarze Loch. Doch der Tote erwies sich als nicht weniger behende. Er folgte Surik auf den Fersen in den Lift und stellte sich so hin, daß sowohl der Ausgang versperrt war als auch das Tableau mit den Etagenknöpfen.
    »Warum hast du mich überfallen? Warum hast du mich umgebracht?« brabbelte der Tote. Seine traurige Stimme wurde leiser und leiser, sie war nur noch ein unheilvolles Raunen, doch dem zu Tode erschrockenen Udunjan schien es, als brüllte ein Lautsprecher neben seinem Ohr. Er konnte sich nicht zu dem Versuch entschließen, den Lift zu verlassen, um auf die Straße hinauszulaufen, denn in diesem Fall hätte er sich an dem Toten vorbeizwängen müssen, der dicht neben der Lifttür stand. An so eine Möglichkeit konnte Surik nicht einmal denken.
    »Ich habe dich nicht überfallen«, flüsterte er halb tot vor Angst. »Ich habe dich nur am Fuß gestoßen, daran kannst du nicht gestorben sein.«
    »Und woran bin ich nach deiner Meinung gestorben?« raunte der Tote kaum hörbar. Surik konnte deutlich den Leichengeruch spüren, der von ihm ausging.
    »Du bist hingefallen und hast dich gestoßen. Ehrenwort, du bist selbst gefallen und hast dir den Kopf aufgeschlagen. Bei Gott, ich war es nicht, ich habe dich nicht umgebracht. Du bist selbst gefallen! Du selbst! Ich bin unschuldig!«
    Surik schrie schon fast, eiskalter Schweiß rann ihm den Rücken hinunter. Überraschenderweise schloß sich die Tür des Lifts plötzlich von selbst, der Fahrstuhl machte einen Ruck und schwebte fast lautlos nach oben. Im fünften Stock öffnete sich die Tür, und im hellen Licht, das in die Kabine einbrach, sah Udunjan, daß außer ihm niemand im Lift war.

ACHTES KAPITEL
    1
    »Nun, Anastasija Pawlowna, dieses Mal haben Sie sich nicht getäuscht«, verkündete Bokr, der Nastja am frühen Morgen anrief. »Udunjan ist wirklich der letzte Mensch, den Stanislaw Berkowitsch in seinem Leben gesehen hat. Nutzt Ihnen diese Information etwas?«
    »Sie stiftet eher noch größere Verwirrung. Ich freue mich natürlich, daß meine Nase mich nicht getäuscht hat, aber der Fall wird dadurch nicht klarer. Es scheint, als hätten unsere Schützlinge bisher nichts getan, was uns Aufschlüsse über ihr kriminelles Handwerk geben könnte.«
    »Nein, bisher nicht«, bestätigte Bokr. »Wir

Weitere Kostenlose Bücher