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Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen

Titel: Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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beobachten sie sehr genau, aber bis jetzt haben wir sie bei keiner einzigen verdächtigen Kontaktaufnahme und keiner einzigen verdächtigen Handlung ertappt. Sie schmoren in ihrem eigenen Saft. Resnikow war einmal zur Warenbeschaffung in Istanbul, einer meiner Männer ist im selben Flugzeug mitgeflogen, hin und zurück, aber es ist ihm nichts von Bedeutung aufgefallen. Obwohl man in so einer Situation natürlich nie sicher sein kann. Vielleicht hat Resnikow sich in Istanbul mit jemandem getroffen, aber dann hat er es so geschickt angestellt, daß niemand es bemerken konnte. Oder er hat sich mit überhaupt niemandem getroffen, sondern nur ein Telefonat aus seinem Hotelzimmer geführt, aber das konnten wir, verzeihen Sie uns bitte, beim besten Willen nicht überprüfen.«
    »Mein Gott, Bokr«, seufzte Nastja, »wieviel Geld haben Sie denn, daß Sie Ihre Leute sogar ins Ausland schicken können?«
    »Sehr indiskret, Anastasija Pawlowna, sehr indiskret.« Bokr ließ sein wunderbar kreischendes, schnarrendes Gelächter hören. »Aber Eduard Petrowitsch hat viel Geld. Sollten Sie das etwa nicht wissen? Übrigens, noch ein kleines Detail. Resnikow hat sich vor etwa einem Monat die linke Hand verbrüht, ziemlich böse, er hat bis vor kurzem einen Verband getragen. Aber das nur ganz nebenbei.«
    »Das ist es«, sagte Nastja zufrieden, »jetzt geht die Sache auf.«
    »Was geht auf?« Bokr verstand nicht.
    »Die Hand ist es, die verbrühte Hand. Die Personenbeschreibung, die Dascha dem Milizionär gegeben hat, paßt auf Tausende von Männern. Aber auf der Notiz stand, daß der Mann die linke Hand in der Manteltasche hält. Wenn Resnikow an diesem Tag einen Verband trug, dann ist es durchaus denkbar, daß auch er die Hand in der Manteltasche hatte. Deshalb sind unsere Freunde davon überzeugt, daß Dascha mit ihrer Personenbeschreibung eben ihn gemeint hat. Sie haben mir eine Freude gemacht, Bokr, ich danke Ihnen. Diese Hand hat mir keine Ruhe gelassen. Jetzt paßt alles zusammen.«
    Bokr schwieg eine Weile, Nastja hatte sogar den Eindruck, daß die Verbindung abgerissen war.
    »Hallo! Hallo, Bokr!« rief sie unsicher in den Hörer.
    »Ich bin hier«, antwortete er. »Darf ich Ihnen noch etwas sagen?«
    »Natürlich, ich höre.«
    »Onkel Tolja und Ed von Burgund hatten recht. Sie sind wirklich einzigartig.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Wie ich es sage. Ich wollte nur meine Bewunderung für Sie zum Ausdruck bringen, etwas ungeschickt vielleicht. Wann soll ich mit meinem Bericht zu Ihnen kommen?«
    »Ich erwarte Sie . . . Übrigens, nein, ich habe es mir anders überlegt. Können Sie jetzt gleich kommen? Sie fahren mich zur Arbeit, und unterwegs unterhalten wir uns. Es ist Zeit, daß wir unsere Strategie ändern.«
    2
    Er mochte den Stadtteil nicht, obwohl er hier seine Kindheit verbracht hatte und jeden Stein kannte. Vielleicht wurde er nicht gern an seine Kindheit erinnert, obwohl es keineswegs eine schwere, entbehrungsreiche Kindheit war, ganz im Gegenteil. Eine normale Kindheit in einer normalen Familie. Aber Igor liebte die Erinnerung an diese Zeit nicht.
    Die Mutter war, wie immer, unzufrieden, als er kam. Er brachte ihr zwei riesige Taschen mit Lebensmitteln, aber sie begann sofort, sich zu beklagen und Igor vorzuhalten, er habe ihr lauter sinnloses ausländisches Zeug angeschleppt, er hätte lieber ein normales, anständiges Stück Fleisch kaufen sollen. Jetzt ging Igor mit dem Einkaufsnetz in der Jackentasche zu dem kleinen Markt nebenan, um frisches Kalbfleisch zu besorgen.
    Er betrat die Parallelstraße und blieb wie angewurzelt stehen. Direkt vor ihm stand der weiße Shiguli. Wieder derselbe. Er kniff die Augen zusammen und machte eine kurze, heftige Bewegung mit dem Kopf, doch das Auto stand unverändert da und zeigte ihm provokativ sein unverwechselbares Kennzeichen.
    Jerochin wich zur Seite, stand eine Weile da und dachte nach, dann betrat er das nächstbeste Geschäft und stellte sich in die Nähe des Schaufensters, aus dem man das weiße Auto gut sehen konnte. Er fragte sich nicht, wie lange er hier so stehen und warten konnte, er wußte nur, daß er keine Wahl hatte, er mußte so lange ausharren, bis der Unbekannte zu seinem Wagen zurückkehren würde. Und dann mußte er versuchen herauszufinden, wer er war.
    Die junge Kassiererin warf Igor verwunderte Blicke zu, doch er beachtete sie nicht. Er stand einfach da und wartete.
    Es war bereits kurz vor eins, das Geschäft leerte sich, eine mit Eimer und Lumpen

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