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Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen

Titel: Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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sie an dieser Stelle immer wieder dieses seltsame Gefühl der Unruhe beschlich. Dieses Gefühl ließ nicht nach, im Gegenteil, es wurde immer stärker in ihr, aber der Grund dafür blieb ungreifbar.
    Ihre Augen schmerzten vor Anstrengung, ihr Kopf begann zu dröhnen. Sie ging in die Küche, wo Ljoscha Tschistjakow gewissenhaft Patiencen legte. Auf der Herdplatte brutzelte Fleisch unter dem Deckel eines riesigen Topfes.
    »Hunger?« fragte Ljoscha, ohne die Augen von den Karten zu heben, und legte die rote Farbe auf die schwarze.
    »Bis jetzt noch nicht, nur mein Kopf tut weh.«
    »Das kommt vom Hunger«, erklärte der Mathematikprofessor gewichtig. »Du mußt etwas essen, dann wird es sofort besser.«
    »Na gut«, stimmte sie ohne Begeisterung zu. Vielleicht würde es ja wirklich besser werden, wenn sie etwas aß.
    Lustlos stocherte sie mit der Gabel auf ihrem Teller herum, obwohl sie sonst mit großem Appetit verschlang, was Ljoscha auf den Tisch zauberte. Er konnte ausgesprochen gut kochen, während sie für das kulinarische Handwerk keinerlei Begabung besaß, und dazu kam ja noch ihre legendäre Faulheit. . .
    »Ljoschenka, könntest du vielleicht versuchen, mir zu helfen?« fragte sie vorsichtig. Sie hielt ihr Ansinnen für ausgesprochen unverschämt. Nicht genug, daß Ljoscha ihr seinen Computer in die Wohnung gebracht hatte und lange gezwungen war, bei ihr zu wohnen, obwohl es für ihn in Shukowskoje sicher bequemer war und er es von dort auch näher zur Arbeit hatte, nicht genug, daß er einkaufte und sie bekochte, nun wollte sie ihn auch noch um seine abendliche Patience bringen, damit er ihr bei ihrer eigenen Arbeit half. Jedes gewöhnliche Mannsbild hätte mich zusammen mit meinen »Primotschki« längst zum Nordpol geschickt, dachte sie. Wie hält Ljoscha mich nur aus? Sie hatte soeben in Gedanken einen Ausdruck von Bokr gebraucht und wunderte sich darüber. Wie schnell so etwas haften blieb!
    »Worin besteht das Problem?« erkundigte sich Tschistjakow seelenruhig.
    »Ich schaue mir die ganze Zeit eine Aufzeichnung an, und aus irgendeinem Grund gefällt sie mir nicht. Etwas stimmt nicht, aber ich begreife einfach nicht, was es ist. Ich habe mir die Aufnahme schon so oft angeschaut, daß ich überhaupt nichts mehr sehe. Ich brauche einen frischen Blick.«
    »Zum Beispiel meinen?«
    »Ja, zum Beispiel deinen. Willst du mir helfen?«
    »Es wird mir nichts anderes übrigbleiben«, sagte er scherzhaft und seufzte. »Es ist gefährlich, dir eine Bitte abzuschlagen, schließlich bekommst du jeden Abend Besuch von einem Kriminellen. Womöglich wirst du dich bei ihm über mich beschweren.«
    »Ljoscha«, sagte sie vorwurfsvoll. »Er ist kein Krimineller. Das ist längst vorbei. Bokr ist ein sehr sympathischer Mensch.«
    »In der Tat, sehr sympathisch«, bestätigte Ljoscha. »Ein kleines Ungeheuer mit schiefer Nase, das die Äuglein verdreht und dabei wiehert. Halb Richard Gere, halb Paul Newman. Und etwas von Fernandel ist auch dabei. Übrigens war er ja heute noch gar nicht da. Was ist los, schwänzt er?«
    »Er kommt um elf, jetzt ist es erst zehn vor zehn.«
    »Um elf? Warum eigentlich nicht um ein Uhr nachts? Oder um zwei? Am besten, er übernachtet gleich bei uns, wenn er so sympathisch ist.«
    »Hör bitte auf!« Nastja unterdrückte mühsam ihren Ärger. »Meine Arbeit hat nun einmal ihren Preis, und ich wäre dir außerordentlich dankbar, wenn du das akzeptieren würdest.«
    Ljoscha gab immer bereitwillig nach, wenn er einer Frage keine grundsätzliche Bedeutung beimaß. Dies war eine durchaus schätzenswerte Eigenschaft, wenn man den schwierigen Charakter seiner Freundin Nastja Kamenskaja bedachte.
    »Er gefällt mir ganz einfach nicht, das ist alles. Ist mir das erlaubt, oder muß ich ohne Ausnahme jeden lieben? Es bringt mich richtiggehend auf die Palme, wenn ich höre, wie ihr zusammen lacht wie die Verrückten. Mit mir bist du nie so lustig.«
    Ich bin eine Idiotin, dachte Nastja, wütend auf sich selbst. Er ist eifersüchtig, und ich predige ihm Moral. Mein Gott, warum kann ich nicht sensibler sein, warum muß ich alle Menschen ständig beleidigen? Ich habe ganz zweifellos irgendeinen moralischen Defekt.
    »Aber dafür liebe ich nur dich. Komm schon, Ljoschenka, sei nicht eingeschnappt, laß uns lieber rübergehen und das Video ansehen.«
    Sie setzten sich nebeneinander aufs Sofa, und Nastja stellte den Fernseher an. Um das Experiment so objektiv wie möglich zu gestalten, bat sie Ljoscha, sich nicht

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