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Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen

Titel: Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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nur die Szene in Konkowo anzusehen, sondern auch einige Szenen davor und danach.
    »Nun, was meinst du? Hast du nicht das Gefühl, daß in dem Abschnitt über Konkowo etwas nicht stimmt? Daß da etwas anders ist als in den anderen Szenen?«
    »Nein.« Ljoscha zuckte mit den Schultern. »Ich habe nichts besonderes bemerkt.«
    »Das Kunststück ist nicht gelungen«, konstatierte sie enttäuscht. »Und ich habe so große Hoffnungen in deine Augen gesetzt. . .«
    Sie holte eine Zigarette aus der Packung und schnippte mit dem Feuerzeug. Es brannte nicht, nur ein Funke flog heraus. Sie versuchte es noch einige Male, aber das Feuerzeug war leer.
    »Ljoschenka, sei so lieb, in meiner Handtasche muß noch ein Feuerzeug sein«, murmelte sie, während sie, mit der Zigarette zwischen den Lippen, auf das angehaltene Bild starrte, auf dem Igor Jerochin neben der Metrostation »Konkowo« zu sehen war.
    Ljoscha stand ergeben auf, ging in den Flur und kam mit dem Feuerzeug zurück. Es schnipste leise, Ljoschas Hand führte die Flamme ans Ende der Zigarette . . .
    Und in diesem Moment begriff Nastja, warum ihr die auf dem Bildschirm erstarrte Szene so mißfiel.
    5
    Bokr erschien pünktlich um elf, was Nastja ein weiteres Mal die Zuverlässigkeit von Eduard Denissowitschs Leuten bewies. Schweigend hörte er sich Nastjas gestammelte Erklärungen an. Sie war immer noch nicht in der Lage, ihrer Aufregung Herr zu werden.
    »Sehen Sie sich diesen Mann an.« Sie deutete mit dem Finger auf die Gestalt auf dem Bildschirm. »Ich sehe ihn bereits zum zweiten Mal. Das kann kein Zufall sein, denn beide Male taucht er gleichzeitig mit Jerochin auf.«
    »Und wann haben Sie ihn zum ersten Mal gesehen? Sie haben mir davon nichts erzählt.«
    »Das war noch vor Ihrem Einsatz. An dem Tag, an dem ich von Dascha erfuhr, daß sie beschattet wird. Ich hatte beschlossen, ihren Beschatter etwas genauer unter die Lupe zu nehmen, und suchte mir vor dem Geschäft einen günstigen Beobachtungsposten. Ich konnte in meiner Handtasche kein Feuerzeug finden, und ein Mann, der in meiner Nähe stand, gab mir Feuer. Das war genau er. Verstehen Sie, Bokr, das war kein zufälliger Passant, er stand vor dem Geschäft genau wie ich, und zwar an der Stelle, von der aus man Jerochin am besten im Auge hatte.«
    »Soll das heißen, daß dieser Typ ihn beschattet? Oder glauben Sie, daß er ihn bewacht?«
    »Lieber Himmel, Bokr!« Nastja ergriff mit beiden Händen ihren Kopf. »Ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich glauben soll. Jeder scheint hier jeden zu beschatten. Dieser Typ kann kein Leibwächter sein, sonst wäre er Ihnen doch längst aufgefallen. Er taucht ja nie zusammen mit Jerochin auf, ich meine, nie direkt an seiner Seite. Sie haben kein einziges Mal miteinander gesprochen. Außerdem erinnere ich mich genau daran, daß er eine Weile vor dem Geschäft stand und dann wegging, wonach Jerochin noch fast eine Stunde an seinem Platz blieb. Ein Bodyguard hätte seinen Posten doch nicht einfach so verlassen.«
    »Also müssen wir davon ausgehen, daß Jerochin außer von uns von noch jemandem beschattet wird. Eine interessante Epidersion. Ein richtiges Perdimonokel! Haben Sie Anweisungen für mich?«
    »Sie müssen diesen Mann unbedingt identifizieren. Ich weiß nicht, wie, aber Sie müssen es versuchen.«
    »Das ist eine Kleinigkeit, Anastasija Pawlowna«, winkte Bokr ab. »Wenn er hinter Jerochin her ist, haben wir ihn sofort.«
    »Und wenn es anders ist? Wenn er seine Aufgabe bereits erfüllt hat und nicht daran denkt, noch einmal in Jerochins Nähe aufzutauchen?«
    »Keine Unkereien bitte.« Bokr gab sein wieherndes Gelächter von sich. »Wenn er auftaucht, werden Sie die Information innerhalb von vierundzwanzig Stunden bekommen, das garantiere ich Ihnen. Und wenn er nicht auftaucht, werden wir ihn im Lauf einer Woche finden.«
    »Wie wollen Sie das machen, Bokr? Das ist doch unmöglich.«
    »Anastasija Pawlowna, so ein Wort ist mir unbekannt. Ich kenne das Wort ›schwierig‹, das Wort ›langwierig‹, aber Wörter wie ›unmöglich‹ oder ›aussichtslos‹ existieren nicht für mich. Ich habe als Kind vergessen, sie zu lernen.«
    Für den Bruchteil einer Sekunde hatte Nastja das Gefühl, daß ihre Augen ihr einen Streich spielten. Sie sah plötzlich einen klugen, starken Menschen vor sich, einen selbstbewußten, geradlinigen und klarsichtigen Mann, der über einen nüchternen Blick auf sich und seine Möglichkeiten verfügte, der absolut zuverlässig und

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