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Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe

Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe

Titel: Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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hatte ich immer noch Hoffnung. Das ist im Grunde die ganze Geschichte.«
    »Und warum haben Sie mir das nicht gleich gesagt?«
    »Würden Sie jemandem so etwas erzählen?« hatte Marat gefragt. »Schließlich bin ich ein Mann.«
    »Wie Sie meinen. Sagen Sie, weiß Ihre Freundin Olga, wo Sie am 13. Mai waren? Sie mußten ihr Ihr seltsames Anliegen ja irgendwie begründen.«
    »Welches Anliegen?«
    »Sie haben Sie schließlich um ein Alibi gebeten. Wie haben Sie ihr das erklärt?«
    »Gar nicht«, hatte Marat gleichmütig gesagt, »ich habe sie einfach nur darum gebeten.«
    »Und sie hat keine Fragen gestellt?«
    »Nein, warum auch. Olga vertraut mir.«
    Das Gespräch mit Selujanow hatte einen unangenehmen Nachgeschmack bei Latyschew hinterlassen. Ihm war klar, daß Selujanow ihm nicht glaubte, obwohl er es nicht gezeigt, sondern nur mitfühlend genickt hatte. Er glaubte ihm nicht, aber er konnte nichts beweisen. Marat hatte gelogen, er war eines falschen Alibis überführt worden, aber schließlich hatte er gestanden und bereut. Wie wollte Selujanow herausfinden, ob er log oder nicht?!
    Marat fuhr an der Hauptzufahrt zur Datscha vorbei und lenkte den Wagen zum Hintereingang, von dem aus ein direkter Weg zum See führte. Er parkte das Auto und holte den Torschlüssel hervor. Die Datscha war von einem hohen Zaun umgeben, und das Torschloß war nicht gerade aus Pappe. Latyschew atmete tief die kühle, duftende Luft ein und sah sich gewohnheitsmäßig auf dem riesigen Grundstück um. Zuletzt war er im Sommer vorigen Jahres hier gewesen, als es diesen langweiligen Philosophen in Eljas Leben noch nicht gab und die Zugehörigkeit zum Bartosch-Clan ihm sicher schien. Damals war er mit ganz anderen Gefühlen hierhergekommen und hatte die zweigeschossige Villa mit ganz anderen Augen betrachtet. Mit den Augen des künftigen Besitzers. Er hatte schon damals gewußt, daß Bartosch vorhatte, nach Kalifornien auszureisen, und er war zu allem bereit gewesen, um sich ihm anzuschließen. Auch wenn er dafür seine dümmliche Tochter heiraten mußte. Hübsch war sie ja, das mußte man zugeben, aber dumm wie Bohnenstroh. Kein einziges Wort konnte man mit ihr reden. Das war mit Olga ganz anders. Aber Olga war nicht die Variante, auf die man setzen konnte. Sie besaß nicht den Schlüssel zum Paradies. Elja besaß ihn. Die zynische Tamila hatte es ihm eines Tages ganz direkt gesagt.
    »Du mußt wissen, mein lieber Marat, daß nur unsere Familie nach Kalifornien ausreist, nicht etwa die gesamte Firma mit ihrem Personal. Nach Kalifornien kannst du nur als unser Schwiegersohn mitkommen. Und bilde dir nicht ein, daß Pista deine Fähigkeiten sehr hoch einschätzt. Hier, in Rußland, ist das, was du leistest, Gold wert. Aber in den Staaten kann das jeder x-beliebige Jungmanager.«
    Beim ersten Mal waren Marat solche Reden unangenehm gewesen, sie hatten ihn sogar gekränkt. Er hatte als Laufbursche bei der »Blauen Donau« begonnen, tagsüber war er zur Schule gegangen, abends hatte er die Fußböden in der Firma gewischt. Dann hatte er ein Abendstudium begonnen und sich tagsüber die Weisheiten der Ökonomie in der Firmenpraxis angeeignet. Er hatte den Buchhaltern über die Schulter gesehen, um sich in die Kunst der Bilanzabschlüsse einzuarbeiten, er war kreuz und quer durch die ganze Stadt gerannt, um Werbung für die Firma zu machen und Käufer zu finden. Nach und nach waren ihm immer wichtigere Aufgaben übertragen worden. Er hatte Istvan vergöttert und war ehrlich davon überzeugt gewesen, daß sein Leben für immer mit dem der Firma verbunden sein würde. Das freilich hatte ihn vor zwei Jahren nicht daran gehindert, die unmißverständliche Andeutung in Tamilas Augen zu verstehen. Die Frau des Chefs war mit ihm zufrieden und, das mußte man ihr lassen, mißbrauchte seine Dienstbereitschaft nicht. Sie trafen sich zwar regelmäßig, aber nicht allzuoft, etwa einmal im Monat.
    Als Tamila begonnen hatte, ihm ihre Tochter beharrlich als Ehefrau anzupreisen, hatte Marat das als Wunsch interpretiert, sich auf diese Weise den jungen Liebhaber zu erhalten. Doch als er Elena näher kennengelernt hatte, mußte er einsehen, daß es Tamila mehr denn um die Erfüllung ihrer eigenen sexuellen Wünsche darum ging, ihre Tochter gut unterzubringen. Sie hatte einen nüchternen Blick auf das intellektuelle Niveau ihrer Tochter und fürchtete, sie könnte dem nächstbesten Mitgiftjäger zum Opfer fallen. Und schließlich war es ja auch so gekommen. Marat gab

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