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Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Titel: Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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sein, es ist noch völlig unklar, wann und wo wir das nächste Mal zum Essen kommen werden. Es wäre wirklich höchst bedauerlich, wenn wir wegen Ihrer dummen Launen in Schwierigkeiten geraten würden.«
    »Sind Sie sich sicher, dass wir wegen meiner und nicht wegen Ihrer Launen in Schwierigkeiten geraten werden?«, fragte er, ohne den Blick von der blinkenden Dessertgabel in seiner Hand zu heben.
    Sieh einer an! Er hatte es also doch bemerkt.
    »Wegen meiner Launen komme höchstens ich selbst in Schwierigkeiten. Mit Ihnen hat das überhaupt nichts zu tun. Aber wenn Sie Probleme mit Ihrer Gesundheit bekommen, was machen wir dann? Im Übrigen ist auch dieser Mann an Ihnen interessiert, obwohl er nach allen Regeln der Kunst so tut, als würde er sich für mich interessieren. Und ich tue so, als würde ich ihm glauben.«
    Sauljak hob seine Augen und sah sie an. Nastja fühlte, wie ihr heiß wurde. Ihr war, als könnte sie sich nicht mehr bewegen. Ihre Arme und Beine waren wie gelähmt, die Lider wurden bleischwer. In diesem Moment war es ihr völlig gleichgültig, ob es ihr gelingen würde, ihre Aufgabe zu erfüllen und ihn nach Moskau zu bringen, zu General Minajew. Sie wollte plötzlich nur noch schlafen . . .
    Sie nahm alle ihre Kräfte zusammen und löste sich aus der Erstarrung. Ihr war, als hätte sie für einen Moment geträumt. Sauljak saß ihr gegenüber, spielte mit der silbernen Gabel, und seine Augen waren erneut auf das blitzende Stückchen Metall geheftet.
    »Genug, wir gehen jetzt«, sagte sie mit scharfer Stimme und erhob sich von ihrem Stuhl.
    Sie nahm die rosa Nelken aus der Vase, trat zu Korotkow heran und schleuderte ihm die Blumen ins Gesicht. Während sie sich zur Tür bewegte, fühlte sie die Blicke der Restaurantgäste in ihrem Rücken. Die einen sahen ihr mit Spott hinterher, die andern mit Empörung, die dritten mit Entzücken. Aber sie wusste genau, dass wenigstens ein Augenpaar ihr mit Argwohn und Fassungslosigkeit folgte.
    * * *
    »Wer ist diese Frau? Wo kommt sie auf einmal her?«, rief Grigorij Valentinowitsch Tschinzow aus. Seine Stimme klang nervös und gereizt. »Hast du etwas über sie herausgefunden?«
    »Sehr viel, Grigorij Valentinowitsch«, erklärte Tschinzows Mitarbeitet, »aber die Informationen sind so widersprüchlich, dass man nicht weiß, was man glauben soll und was nicht. Sie heißt Anastasija Pawlowna Sauljak. Wahrscheinlich ist sie seine Frau oder eine Verwandte. Die Personalien habe ich vom Empfangschef des Hotels in Samara bekommen, aber ich bin noch nicht dazu gekommen, sie zu überprüfen. Unsere Leute, die sie in Samara beobachten, behaupten, dass sie sehr reich ist und ständig mit Geld um sich wirft. Offenbar hat sie mit Sauljak irgendwelche Konflikte, denn sie sind einander nicht in die Arme gefallen, als sie sich vor dem Lagertor wieder sahen. Sie hat ganz offensichtlich versucht, sich vor ihm zu rechtfertigen, und er hörte ihr herablassend zu. Er schien darauf vorbereitet zu sein, dass sie ihn abholen würde. Eine sehr unausgeglichene und exaltierte Person, die zu exzentrischen Ausfällen neigt. Jedenfalls eine Frau mit sehr unüblichem Benehmen. Ich denke . . .«
    »Nur zu, nur zu«, ermunterte Tschinzow seinen Famulus, »lass hören, was für Ideen du hast.«
    »Ich denke, dass sie vielleicht eine von denen ist, die . . .«
    »Tatsächlich?«
    Tschinzow legte die Stirn in Falten und rieb nachdenklich seine Nasenwurzel mit dem Finger, dann goss er sich ein Glas Mineralwasser ein und nahm ein paar große Schlucke.
    »Wie kommst du denn auf so einen Gedanken?«
    »Sie benimmt sich sehr ungewöhnlich. Und wenn sie miteinander verwandt sind, dann liegt das erst recht nahe. Sie wissen doch, dass solche Dinge genetisch bedingt sind. Ich denke, Grigorij Valentinowitsch, wenn diese Frau nichts weiß, dann könnten wir sie für unsere Zwecke benutzen. Bulatnikow hat seinerzeit Pawel benutzt, und wir benutzen sie. Wir müssen nur herausfinden, ob sie nicht vielleicht doch etwas weiß. Dann wäre es gefährlich, sie am Leben zu lassen.«
    »Du denkst falsch«, sagte Tschinzow ärgerlich. »In erster Linie müssen wir uns fragen, wie gefährlich es wäre, sie zu beseitigen. Du bist wie in Kind, das sich durch ein Bonbon verführen lässt und sofort seine Hausaufgaben vergisst. Unsere Aufgabe ist es, Pawel für immer zum Schweigen zu bringen. Und diese Frau steht uns im Weg. Wir müssen nur herausfinden, ob wir sie zusammen mit Pawel beseitigen oder warten müssen, bis

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