Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Titel: Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
Vom Netzwerk:
Erfahrungen, die Sie gemacht haben, als Sie für Bulatnikow gearbeitet haben.«
    »Ich habe nicht vor, mich über diese Erfahrungen zu unterhalten. Schon gar nicht mit Ihnen.«
    »Wunderbar. Auch ich möchte diese Dinge nicht ansprechen, aber Sie zwingen mich. Wir werden also nach der Pause miteinander auf die Tanzfläche gehen und unser Stück spielen.«
    »Ich werde Sie nicht küssen.«
    Bestens, dachte Nastja. Zum Tanzen ist er also schon bereit. Wieder ein Schritt auf dem Weg zum Ziel.
    »Sie werden müssen.«
    »Nein.«
    Nastja streckte die Hand aus und streichelte sanft seine Finger. Seine Lider zuckten, aber er ließ die Augen geschlossen.
    »Pawel«, sagte sie mit leiser, samtweicher Stimme. »Bitte, mein Lieber, tu es. Tu es für mich. Ich bitte dich sehr darum.«
    Seine Lider öffneten sich, zwischen den dünnen Wimpern blinkte das Weiße in seinen Augen auf, die Wangen schienen noch tiefer einzufallen, aber die Lippen verzogen sich zu einem kaum merklichen Lächeln.
    »Gut. Gehen wir.«
    Die Band hatte wieder zu spielen begonnen, und auf der Tanzfläche drängten sich die Paare. Nastja legte Pawel die Hände auf die Schultern, er umfasste mit den seinen ziemlich derb ihren Po, über den sich der enge, kurze Rock spannte.
    »He, he, nicht ganz so heftig«, sagte sie leise. »Das geht ein bisschen zu weit.«
    »Sie wollten es doch so. Ich folge nur Ihren Anweisungen.«
    »So habe ich das nicht gemeint. Das wissen Sie genau.«
    »Schau mich an«, verlangte er, und Nastja bemerkte mit einem unguten Gefühl, dass er endlich zum Du übergegangen war.
    Sie hob den Kopf und begegnete seinem Blick.
    »Genau so hast du es gemeint«, sagte er langsam und leise, während er immer fester zudrückte. »Du wolltest doch genau das, nicht wahr? Du wolltest es bereits in dem Moment, in dem du heute deinen Verehrer hier im Restaurant geküsst hast. Du hast dir gewünscht, ich wäre an seiner Stelle gewesen. Und das wünschst du dir immer noch. Gib es zu, komm, gib es zu, und dir wird sofort leichter werden. Sag mir, dass du mich willst.«
    Ihr war, als fiele sie wieder in dieselbe Erstarrung wie schon beim Mittagessen in diesem Restaurant. Ihre Hände waren plötzlich heiß und irgendwie schwach geworden, ihr schien, sie hätte nicht einmal mehr die Kraft, einen Kugelschreiber festzuhalten. Die Worte lagen ihr bereits auf der Zunge und wollten aus ihr herausfallen, herausstürzen: Ja, ich will dich. Sie würde es jetzt sagen, und danach würde ihr sofort leichter werden, alles würde gut sein, ganz einfach wunderbar. Seine leise, monotone Stimme wirkte wie ein Zauber auf sie, riss sie in einen Strudel dunkler, schrecklicher Willenlosigkeit, seine kalten Finger waren bereits an ihren Oberschenkeln, unter dem Rock . . .
    Sie nahm ihre ganzen Kräfte zusammen, riss sich aus seinen Armen und verabreichte ihm eine Ohrfeige. Niemand bemerkte es, die Musik dröhnte mit ohrenbetäubender Lautstärke, alle Paare waren mit sich selbst beschäftigt. Pawel griff nach ihrem Arm und drückte so fest zu, dass ihr die Tränen in die Augen schossen. Mit einer weiteren, kaum merklichen Bewegung fand er den Schmerzpunkt an ihrem Handgelenk und übte Druck darauf aus. Nastja konnte das Gleichgewicht nicht mehr halten und ging in die Knie. Jetzt hatten sie die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die tanzenden Paare traten auseinander, in der Tür erschienen die Köpfe der Rausschmeißer, die nur auf ein Zeichen warteten, um sofort hereinzustürzen und Ordnung zu schaffen. Pawel reichte ihr die Hand und half ihr aufzustehen. Durch ein Spalier erstaunter Blicke gingen sie zu ihrem Tisch und setzten sich. Aus einem Augenwinkel erspähte Nastja Korotkow unter den Restaurantgästen. Sie hob die Hand und rief nach der Kellnerin.
    »Ruf bitte Hermann«, sagte sie, ohne einen Blick auf das Mädchen zu werfen.
    Sofort war der beflissene Oberkellner zur Stelle. Nastja öffnete ihre Handtasche und reichte ihm drei Fünfzigtausendrubelscheine.
    »Schicken Sie jemanden los, der Blumen für mich besorgt. Rosa Nelken für mich und gelbe für den Tisch dort drüben, an dem mein Verehrer sitzt. Ein bisschen dalli bitte.«
    Hermann nahm das Geld und stürzte davon.
    »Ich verstehe Sie nicht«, sagte Sauljak.
    Na endlich, dachte Nastja. Endlich sprichst du mich als Erster an, anstatt immer nur auf meine aufsässigen Fragen zu antworten. Endlich kommt Bewegung in die Sache, aber Gott allein weiß, was mich das gekostet hat. . . Ganz abgesehen davon, dass ich jetzt mit

Weitere Kostenlose Bücher