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Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Titel: Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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Wodkaflaschen nie angerührt, die Nachbarn hätten den Wodka in Erfüllung ihres Willens selbst ausgekippt, erklärten die Ärzte sie leichten Herzens für unzurechnungsfähig und wiesen sie in eine psychiatrische Klinik ein. Zum Glück kam die Geschichte Bulatnikow rechtzeitig zu Ohren, und Pawel gelang es, Rita aus der Klinik herauszuholen, bevor die Medikamente sie zerstört hatten. Bulatnikow hatte eine feste Regel: Er ließ alle direkten Kontakte über Pawel laufen. Die Leute für Sauljaks Gruppe suchte er selbst aus, aber keiner von ihnen sollte wissen, dass Bulatnikow der Boss war und dass er mit Pawel in Verbindung stand. Die Leute in der Gruppe hatten es ausschließlich mit Sauljak zu tun.
    Rita kehrte nicht in ihre Gemeinschaftswohnung zurück. Bulatnikow gab Anweisung, ihr eine kleine Einzimmerwohnung zu besorgen, sie von den Folgen der Psychiatrie kurieren zu lassen und sie für Sauljaks Gruppe anzuwerben. Rita war nach allem, was geschehen war, völlig verängstigt und so voller Dankbarkeit für Pawel, der sie aus der Höhle des Löwen herausgeholt hatte, dass sie den weit verbreiteten Fehler beging, in ihrem Retter und Beschützer den wunderbaren Prinzen zu erblicken, in den sie sich verliebte. Aber das hatte Pawel erst jetzt begriffen. Und er konnte nicht aufhören, sich darüber zu wundern.
    Heute ging Sauljak nicht mit hinauf zu Rita, sondern setzte sie vor ihrem Haus ab. Er musste nach Hause, in seine neue Wohnung, um auszuschlafen, Kräfte zu sammeln und nachzudenken. Er hatte eine Aufgabe, die er um jeden Preis erfüllen musste. Er arbeitete jetzt für drei Herren gleichzeitig, für General Minajew, für die Mannschaft des Präsidentschaftskandidaten und für Solomatin, der auf der Seite des jetzigen Präsidenten kämpfte. Aber das alles tat er nur, um sich Handlungsfreiheit zu verschaffen und jenes Ziel zu erreichen, welches das einzig wichtige für ihn war.
    * * *
    Vor Michails Wohnung stand eine kleine Warteschlange. Es waren nur vier Personen, aber Pawel begriff sofort, was das zu bedeuten hatte, und stieß einen leisen Fluch aus. Michail war also abgesprungen. Er war es gewohnt, viel Geld zu verdienen, und er hatte die Langeweile nicht ausgehalten. Er hatte eine eigene Praxis eröffnet, der Hundesohn.
    »Wer ist als Letzter dran?«, fragte Pawel, während er die vier Frauen flüchtig musterte.
    Sie waren verschiedenen Alters, aber aus irgendeinem Grund hatten sie alle denselben Gesichtsausdruck.
    »Für wann sind Sie denn bestellt?«, fragte die Älteste von ihnen.
    »Für halb vier«, log Pawel auf gut Glück.
    »Das kann nicht sein«, widersprach die Frau. »Für halb vier bin ich bestellt. Ich habe den Termin schon vor zwei Wochen bekommen. «
    »Dann gehe ich nach Ihnen«, schlug Pawel friedliebend vor.
    »Nein, nach ihr bin ich dran«, meldete sich eine andere, jüngere Frau zu Wort. »Ich bin auf vier Uhr bestellt.«
    »Wo liegt das Problem, meine Damen? Ich lasse Ihnen den Vortritt und gehe als Letzter.«
    Die Damen sahen ihn missbilligend an und schwiegen.
    »Ich habe, ehrlich gesagt, überhaupt keinen Termin«, gestand Sauljak. »Aber bei mir geht es da um so eine Sache . . . Jedenfalls ist es dringend. Sie verstehen. Aber machen Sie sich keine Sorgen, ich dränge mich nicht vor, ich warte, bis ich dran bin. Nur verraten Sie mich bitte nicht, falls noch jemand nach mir kommen sollte.«
    Die Frau, die den Termin um vier Uhr hatte, sah Pawel mitfühlend an.
    »Sie haben offenbar ein schweres Problem«, sagte sie. »Sie sehen sehr mitgenommen aus. Machen Sie sich keine Sorgen, nach Ihnen kommt niemand mehr, Michail Dawydowitsch hat nur bis fünf Uhr Sprechstunde, und nach vier vergibt er keine Termine mehr.«
    Pawel sagte nichts, er ging eine halbe Treppe tiefer und setzte sich auf die Fensterbank. Michail empfing also jede halbe Stunde einen Patienten, dieser Stümper. In einer halben Stunde konnte man keine ordentliche Hypnose durchführen und einen Menschen davon überzeugen, dass alles gut werden würde. Dafür brauchte man mindestens zwei Stunden. Oder arbeitete er womöglich gar nicht als Hypnotiseur? Michail war ein Universalgenie, ein Phänomen. Aber seine Geldgier würde ihn eines Tages den Kopf kosten.
    Sauljak saß auf der Fensterbank und wartete geduldig. Michail arbeitete vielleicht stümperhaft, aber mit der Zeit ging er sehr genau um: Jede halbe Stunde verließ eine Frau seine Wohnung, und die nächste ging hinein. Endlich, pünktlich um halb fünf, erschien die Frau auf

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