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Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Titel: Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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amerikanischen Ölgesellschaft arbeitete, in ein Gespräch, aber nach etwa zehn Minuten bemerkte Jurzew plötzlich, dass er gar nicht zuhörte. Was für ein Idiot, dachte er, warum vertue ich mit ihm meine Zeit? Er entschuldigte sich höflich und tat so, als hätte er am anderen Ende des Saales jemanden erblickt, den er unbedingt begrüßen musste.
    Ganz plötzlich wurde ihm heiß, der Schweiß brach ihm aus, mechanisch griff er nach seiner Krawatte, um den engen Knoten zu lockern. Eine Minute später bekam er Schüttelfrost. Was ist los mit mir?, fragte er sich erschrocken. Werde ich etwa krank? Doch gleich darauf verging der Anfall wieder, genauso plötzlich, wie er ihn überfallen hatte, und Oleg Iwanowitsch fühlte sich wieder völlig normal. Wie jeder Mann, fürchtete auch er sich panisch vor Krankheiten und Schmerzen. Ich muss mich ein wenig hinsetzen, dachte er und steuerte auf den Ausgang zu. In der Hotelhalle standen weiche Sofas und einige Sessel, aber sie waren alle besetzt, und Jurzew ging weiter, in Richtung Toiletten, in der Hoffnung, irgendwo ein ruhiges Plätzchen zu finden. Er hatte Glück. Nachdem er auf dem langen Korridor nach rechts abgebogen war, entdeckte er ein weiteres Sofa und zwei Sessel, zwischen denen ein kleiner Tisch stand. Hier saß nur eine einzige Person, ein etwas fülliger Mann mit langen gelockten Haaren und einer getönten Brille.
    Jurzew ließ sich im Sessel nieder, streckte die Beine aus und lehnte sich erleichtert zurück. Der Schüttelfrost war vergangen, aber dafür wurde sein Kopf jetzt immer schwerer, im Nacken fühlte er einen pulsierenden Schmerz. Ich werde tatsächlich krank, dachte er, ausgerechnet jetzt. Wie ärgerlich.
    »Haben Sie Kopfschmerzen?«, fragte der Mann mit der getönten Brille.
    »Nun ja . . . merkt man das?«
    »Natürlich. Sie sind sehr blass. Das kommt von der stickigen Luft hier. Wahrscheinlich der Kreislauf.«
    »Was soll ich denn jetzt machen?«, fragte Jurzew. Jedes seines Worte erzeugte einen dumpfen Nachklang in seinem Schädel.
    »Es ist nichts Schlimmes«, lächelte der Mann. »Ab fünfunddreißig hat das jeder Dritte, nur achten die meisten nicht darauf. Und dann wundern sie sich, wenn sie einen Schlaganfall erleiden. Ich habe aus demselben Grund wie Sie den Saal verlassen. Ich habe eine Tablette eingenommen, und nach fünf Minuten war alles wieder in bester Ordnung. Möchten Sie vielleicht auch eine? Ich habe immer Vorrat dabei.«
    Die Kopfschmerzen wurden immer stärker. Jurzew fühlte, wie ihm schwarz vor Augen wurde.
    »Aber hier gibt es nicht einmal ein Glas Wasser, und in den Saal kann ich nicht zurück. Ich fühle mich zu schwach.«
    »Zum Einnehmen dieser Tablette brauchen Sie kein Wasser. Sie legen sie einfach unter die Zunge, sie löst sich sofort von selbst auf. Und die Wirkung tritt praktisch sofort ein.«
    Der Mann reichte Oleg Iwanowitsch ein dunkles Fläschchen, das zur Hälfte mit kleinen weißen Tabletten gefüllt war.
    »Nehmen Sie eine«, sagte er, »es hilft sofort, Sie werden sehen. Sie quälen sich ganz umsonst.«
    In der Tat, dachte Jurzew, warum soll ich mich so quälen? Mein Gott, was für ein unerträglicher Schmerz! Und wenn ich nun wirklich einen Schlaganfall bekomme? Er nahm das Fläschchen und ließ eine Tablette auf seine Handfläche rollen.
    Der Mann nahm sein Medikament wieder an sich und lächelte erneut.
    »Sie werden sehen. Noch bevor Sie bis hundert gezählt haben, werden Sie sich besser fühlen. Es ist ein sehr gutes Mittel, meine Frau hat es mir aus Kanada mitgebracht.«
    Jurzew schloss die Augen und begann tatsächlich bis hundert zu zählen. Der Schmerz ließ erstaunlich schnell nach. Als er bei sechsundachtzig angekommen war, ging es ihm bereits wieder ganz ausgezeichnet, so, als sei nie etwas gewesen.
    »Sie sind ein Zauberer«, sagte er voller Dankbarkeit. »Ich würde mir den Namen des Mittels gern aufschreiben.«
    »Keine Ahnung, wie dieses Zeug heißt«, sagte der Mann mit einer unbekümmerten Handbewegung. »Meine Frau besorgt es mir immer, ich muss sie danach fragen.«
    »Steht es denn nicht auf dem Fläschchen?«
    »Das ist keine Originalverpackung, wissen Sie. Ich fülle mir immer etwas in dieses kleine Fläschchen ab, das passt in die Hosentasche. Ich gebe Ihnen gern etwas davon ab.«
    »Ich möchte Sie nicht schädigen«, sagte Jurzew mit einem verlegenen Lächeln.
    »Aber das ist doch nicht der Rede wert. Wie machen wir es? Haben Sie vielleicht ein Blatt Papier da?«
    Jurzew holte einen

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