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Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Titel: Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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hatte, begleitete sie ihn in das obere Stockwerk der Villa, wo Angelique in ihrem Zimmer saß und auf eine Fluchtmöglichkeit wartete. Das letzte Mal war es ihr gelungen, eine massive Goldkette ihres Vaters an sich zu nehmen, nachdem dieser nach der morgendlichen Massage vergessen hatte, die Kette anzulegen. Dafür hatte sie so viel Heroin bekommen, dass sie sich zwei bis drei Tage keine Sorgen mehr zu machen brauchte.
    Michail betrat das Zimmer und verzog angewidert das Gesicht. Angelique wog mindestens hundertzwanzig Kilo und sah nicht gerade gepflegt aus. Er sah sofort, dass sie unter Drogen stand, obwohl die Wirkung bereits nachzulassen schien. Gut so, dachte er, wenn es gelingt, in das innere System ihrer Wahrnehmungen einzudringen, bevor sie auf Entzug kommt, lässt sich alles gleich heute erledigen.
    »Salut«, rief die Tochter des Gouverneurs mit kreischender Stimme. »Wer bist du denn?«
    Larkin blickte sich um, überzeugte sich davon, dass die Tür hinter ihm geschlossen war, und näherte sich auf Zehenspitzen dem breiten Bett, auf dem Angelique sich fläzte.
    »Dornröschen, ich bin dein Prinz«, sagte er leise. »Du hast so lange geschlafen und auf mich gewartet. Jetzt bin ich da. Jetzt werde ich dich aufwecken, und für dich wird ein märchenhaftes Leben beginnen. Bis jetzt hast du geschlafen, und Albträume haben dir zugesetzt, deshalb ist es dir so schlecht gegangen. Hast du mich verstanden?«
    »Na klar«, erwiderte Angelique. »Wirst du mich zuerst bumsen und dann aufwecken, oder umgekehrt? «
    »Beides gleichzeitig«, sagte Larkin mit einem berückenden Lächeln. »Du wirst dich jetzt ausziehen, und dann werde ich anfangen, dich aufzuwecken. Es wird dir gefallen, du wirst sehen.«
    »Meinetwegen«, stimmte sie willfährig zu. »Aber wer bist du denn? Kenne ich dich?«
    »Natürlich.«
    Michail setzte sich auf den Bettrand und nahm ihre Hand. Angeliques Finger waren aufgedunsen und klebrig. Er bewegte seine Hand vor ihren Augen ein paar Mal hin und her, dann schob er sie unter ihren Nacken.
    »Natürlich kennst du mich«, wiederholte er, bemüht darum, ihren Sprech- und Atemrhythmus nachzuahmen. »Ich bin Musiker, ich heiße Arkadij. Arkadij Grinberg. Vor ein paar Jahren war ich mit meinem Orchester zu einem Gastspiel hier, und wir hatten ein Verhältnis. Du hast mich sehr geliebt. Und ich dich auch. Nach meiner Abreise bin ich noch mehrmals zurückgekommen, um dich zu treffen. Dann wolltest du mich nicht mehr sehen. Nicht ich habe dich verlassen, sondern du mich . . .«
    Nach zwei Stunden verließ er Angeliques Zimmer, schloss vorsichtig die Tür hinter sich und ging nach unten, wo die Mutter der jungen Frau saß.
    »Es ist schrecklich, nicht wahr?«, sagte sie und hob ihren traurigen Blick zu Larkin. »Sie haben sicher nicht erwartet, dass es so schlimm ist. Ich nehme an, Sie haben nichts erreicht.«
    »Sie haben Recht«, erwiderte Larkin betrübt. »Sie hat mich nur mit Mühe wieder erkannt. Mein Gott, mein Gott, was ist nur aus ihr geworden. Aber wissen Sie, ich glaube, es besteht trotzdem noch Hoffnung. Es ist mir tatsächlich gelungen, zu dem Guten vorzudringen, das Gute anzusprechen, das in ihr noch nicht ganz abgestorben ist. Und mir scheint, dass sie sich jetzt sogar für ihr Verhalten schämt. Wenn ich nur hier bleiben und sie jeden Tag besuchen könnte. Ich bin überzeugt davon, dass ich sie heilen könnte. Ich fühle, dass ich es könnte.«
    »Und was hindert Sie daran?«
    »Ich muss verreisen. Schon bald.«
    »Sie können wirklich nicht bleiben?«
    In der Stimme der Frau war eine leise Hoffnung erwacht. Wenn dieser nette jüdische Musiker nun tatsächlich ihre Tochter retten konnte, wenn er sie alle retten konnte?
    »Nein, leider. In zehn Tagen geht unser Orchester auf Gastspielreise nach Australien. Aber vielleicht, wenn ich zurück bin . . .«
    In diesem Moment wurden auf der Treppe schwere Schritte hörbar. Beide hoben gleichzeitig die Köpfe und erblickten Angelique. Sie war durchaus anständig gekleidet, gewaschen und sogar gekämmt.
    »Habt ihr etwas dagegen, wenn ich Tee für uns aufbrühe?«, fragte sie höflich.
    Die Frau des Gouverneurs blickte ihren Gast verblüfft an, so hatte sie ihre Tochter noch nie sprechen gehört.
    »Ich danke dir, Angelique«, erwiderte Larkin, wieder ihren Sprechrhythmus imitierend. »Das ist sehr freundlich, aber ich muss leider gehen. Deine Mutter wird sicher sehr gern eine Tasse Tee mit dir trinken.«
    »Schade, dass du nicht länger bleiben

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