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Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Titel: Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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vornehmen und damit beginnen, alle seine Bekannten zu befragen.«
    »Hoffst du darauf, dass jemand von ihnen seinen Mörder kennt?«, fragte Jura skeptisch.
    »Ich hoffe, dass sie den Ermordeten kennen, dessen Identität wir bisher noch nicht feststellen konnten. Vera hat übrigens gesagt, dass die beiden ganz offensichtlich gute Bekannte waren. Anscheinend sind sie des Öfteren miteinander verreist. Asaturjan soll sich sogar scherzhaft über den Erfolg seines Bekannten bei Frauen beschwert haben. Zufällige Reisegefährten machen miteinander keine Scherze dieser Art.
    Sie verließen gemeinsam das Büro. Nastja musste ins Fotolabor, sie brauchte einen Abzug des Fotos von Asaturjan. Mischa Dozenko sollte es den Gästen des Empfangs zeigen, auf dem Oleg Iwanowitsch Jurzew sich vergiftet hatte.

ELFTES KAPITEL
    Der Besuch der psychiatrischen Klinik für Straftäter hinterließ bei Nastja immer ein unangenehmes Gefühl. Das Mitleid mit den unglücklichen kranken Menschen, die nichts für ihre Krankheit konnten, stand im Widerstreit mit dem Entsetzen über die grausamen, blutigen Verbrechen, die sie begangen hatten. Natürlich betraf das bei weitem nicht alle Häftlinge. Viele von ihnen waren nicht wirklich krank, sondern wurden hier nur auf ihren Geisteszustand überprüft. Manche simulierten, spielten im wahrsten Sinn des Wortes verrückt. Und nicht alle, die hier waren, hatten schwere Verbrechen begangen, viele hatte man lediglich wegen Diebstahls oder Rowdytums verhaftet. Aber wie Nastja es auch drehte und wendete, welche Argumente sie auch anführte, jedes Mal, wenn sie hier durch die Pforte ging und den Innenhof betrat, wurde sie innerlich zerrissen von widerstrebenden Gefühlen, von Mitleid und Abscheu gleichzeitig.
    Kyrill Basanow, der den Beamten der Generalstaatsanwaltschaft erschossen hatte und am Tatort festgenommen worden war, befand sich inzwischen an diesem Ort. Seine Vernehmung hatte bis jetzt nichts von Bedeutung ergeben. Basanows Nachbar arbeitete tatsächlich bei der Miliz und besaß eine registrierte Waffe, aber sie befand sich nach wie vor in seinem Besitz und war ihm nie entwendet worden.
    Die Ärztin empfing Nastja sehr freundlich, Nastja kannte sie gut und traf sich nicht zum ersten Mal mit ihr.
    »Eine Diagnose kann ich bis jetzt noch nicht stellen, aber ich kann mit fast hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass hier von einer schweren Geisteskrankheit nicht die Rede sein kann. Basanow orientiert sich sehr gut in der Realität und verhält sich durchaus adäquat. Die Unterlagen, die wir aus der für ihn zuständigen Poliklinik erhalten haben, besagen, dass bei ihm lediglich eine leicht ausgeprägte Form von Debilität vorliegt. Ich kann mir keinen Reim darauf machen, was ihn zu dieser Tat bewogen haben könnte«, sagte die Ärztin, während sie in Basanows Krankenakte blätterte.
    »Und was sagt Basanow selbst?«, fragte Nastja.
    »Er sagt, dass er eine Stimme gehört hat und dass diese Stimme ihm Befehle erteilt hat. Hier steht es wörtlich: ›Die Stimme hat mir befohlen, ihn zu töten.‹«
    Die Ärztin reichte Nastja das Gesprächsprotokoll.
    Frage: Hat Ihnen die Stimme den Namen und die Adresse dessen genannt, den Sie töten sollten?
    Antwort: Sie hat gesagt, dass ich diesen Mann töten muss.
    Frage: Wer ist »dieser« Mann? Woher wussten sie, dass sie ihn erschießen sollten und nicht irgendeinen anderen?
    Antwort: Am Tag vorher habe ich gesehen, wie dieser Mann aus einem Auto ausstieg. Die Stimme sagte mir: »Das ist ein sehr schlechter Mensch, er will zuerst dir Böses antun, dann deiner Familie und danach der ganzen Menschheit. Das muss verhindert werden. Sieh ihn dir an, er hat schwarze Haare und ein Muttermal an der Schläfe – das ist das Zeichen des Satans. Du wirst einen Revolver nehmen und ihn bei nächster Gelegenheit erschießen.« Deshalb habe ich ihm am nächsten Tag aufgelauert.
    Frage: Kannten Sie den Namen des Mannes?
    Antwort: Nein.
    Frage: Wussten Sie, was dieser Mann von Beruf war?
    Antwort: Nein, damals wusste ich es nicht. Das hat man mir erst später bei der Miliz gesagt.
    Frage: Haben Sie früher schon einmal Stimmen gehört, die Ihnen Befehle erteilt haben?
    Antwort: Nein . . . So etwas ist vorher nie vorgekommen.
    Frage: Und was war nach dem Mord? Hat die Stimme danach noch etwas zu Ihnen gesagt?
    Antwort: Nein.
    Frage: Und was glauben Sie selbst? Was ist mit Ihnen passiert? Haben Sie eine Erklärung dafür?
    Antwort: Nein, ich weiß nicht, was passiert ist.

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