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Anastasija 06 - Widrige Umstände

Anastasija 06 - Widrige Umstände

Titel: Anastasija 06 - Widrige Umstände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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keine einzige Frage beantworten, die der wirkliche Autor mühelos beantwortet hätte.«
    »Die Filatowa hat also nicht übertrieben, als sie mir im Auto erzählt hat, dass Professoren Dissertationen für hohe Beamte schreiben? Das habe ich ihr, ehrlich gesagt, nicht geglaubt.«
    »Zu Unrecht. Das ist gang und gäbe. Danach habe ich mich eigens erkundigt. Jetzt das Zweite. Irina Filatowa hat ihre Monographie zweifellos selbst geschrieben. Unter ihren Papieren finden sich die Übersetzungen aller ausländischen Arbeiten, auf die sie verweist, und zwar keine offiziellen Übersetzungen, sondern von ihr selbst verfasste Manuskripte. Sie konnte gut Englisch. Der Stil, die Logik, die Aufbereitung des Materials – alles deutet auf sie als Urheberin.«
    »Gab es daran Zweifel?«
    »Überleg mal selbst. Der Plan für das nächste Jahr geht im September in Satz. Bis dahin sträubt sich die Filatowa lange Zeit, ihre Habilitation zu schreiben, sie ist ständig mit der laufenden wissenschaftlichen Arbeit beschäftigt. Schließlich verspricht sie nach langem Überreden eine Monographie, und zwar im September letzten Jahres, und bereits kurz nach Neujahr ist das Buch fix und fertig abgetippt. Ihr Doktorand hat ausgesagt, um diese Zeit ein Exemplar von ihr bekommen zu haben. Wann hat sie das Buch geschrieben?«
    »Das kommt doch vor – man hat das gesamte Material und verschiedene Entwürfe fertig und muss nur noch alles aufbereiten. Das braucht nicht viel Zeit.«
    »Das kommt vor«, stimmte Nastja zu. »Aber wo sind dann die Entwürfe? Ich habe nichts gefunden, nicht den kleinsten Zettel. Also hat entweder jemand anders das Buch für sie geschrieben, oder sie hat das Manuskript gestohlen. Doch das ist nicht der Fall, denn, wie gesagt, an ihrer Urheberschaft gibt es keinen Zweifel.«
    »Du siehst einen Zusammenhang zwischen Pawlows Dissertation und der Monographie der Filatowa?«, fragte Dima ungläubig.
    »Und ob.« Nastja seufzte. »Die Texte sind absolut identisch. Wort für Wort. Nur die Titel sind verschieden, bei Pawlow heißt es: »Kriminologische Beschreibung von Konsensualdelikten im Bereich der sowjetischen Verwaltung‹, bei der Filatowa: »Kriminologie. Korruption. Machte Im Grunde unterscheiden sich die Titel auch nicht sonderlich, Konsensualdelikte im Bereich der sowjetischen Verwaltung, das ist lediglich eine Umschreibung, wie damals, als Pawlow promovierte, üblich war. Eine verschleiernde Formulierung für Korruption.«
    »Ich verstehe überhaupt nichts. Neunzehnhundertsiebenundachtzig schreibt jemand für Pawlow eine Dissertation, und vier Jahre später schreibt die Filatowa selbständig eine völlig identische Arbeit? Nastja, erzähl mir keine Märchen.«
    »Warum schließt du aus, dass dieser Jemand die Filatowa war? Warum hätte sie nicht gegen Bezahlung die Dissertation für Pawlow schreiben sollen? Dann wäre zumindest klar, dass Pawlow sie tatsächlich schon lange kennt, aber den geschäftlichen Charakter ihrer Bekanntschaft nicht publik machen möchte und uns darum eine Liebesgeschichte auftischt. Das Ganze ist zwar nicht völlig schlüssig, aber als Arbeitshypothese durchaus brauchbar. Jedenfalls erklärt es das Fehlen von Entwürfen und die unglaublich kurze Frist, in der das Buch geschrieben wurde. Pawlow hat Irina irgendwie sehr verletzt, und sie hat beschlossen, das vor langer Zeit entstandene Manuskript zu veröffentlichen. Hätte Pawlow einen Skandal angezettelt und sie des Plagiats bezichtigt, hätte sie im Handumdrehen ihre Urheberschaft nachweisen können.«
    »Und was ist daran für dich nicht schlüssig? Ich finde das ziemlich einleuchtend.«
    »Nein, diese Hypothese hat mehr Löcher als verknüpfte Fäden. In ein solches Loch fallen zum Beispiel Pawlows Dissertationsthesen, nach denen die Filatowa unter dem Titel gesucht hat, nicht unter dem Namen des Autors. In einem anderen Loch steckt der Kopf eines gewissen Wladimir Nikolajewitsch. Und überhaupt, das Ganze passt nicht zu ihrem Charakter: Jemandem eine Dissertation schreiben, dafür Geld kassieren und dann versuchen, mit Hilfe derselben Arbeit zu habilitieren. Durch Betrug doppelt ernten wollen. Nein, das passt nicht. Wenn sie die Dissertation für Geld geschrieben hätte, dann hätte sie das Buch nicht veröffentlicht. Und umgekehrt, sie hätte das Buch nur dann veröffentlicht, wenn die Geschichte mit der Dissertation nicht gewesen wäre. Entweder oder. Auch die Analyse der Statistik des Gebiets Ensk passt nicht dazu. Irina hat

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