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Anastasya (German Edition)

Anastasya (German Edition)

Titel: Anastasya (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Mitterer
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Ich nickte kurz. Er lächelte, setzte sich mir gegenüber hin und legte seine Tasche neben sich. Dann packte er ein Buch aus und fing an, zu lesen. Ich musste die ganze Zeit grinsen, weil es darin um Vampire ging. Er schien das aber nicht zu bemerken.
    Ich konnte mir schon denken, was darin stand. Er saß nicht lange bei mir, wahrscheinlich verstörte es ihn, dass ich mich kaum bewegte und aus dem Fenster starrte wie eine Leiche. Es gab kaum Menschen die so jung aussahen und sich wie Tote verhielten. Immer wieder hob er seinen Blick, als würde er mich mit dem, was er las, vergleichen. Schließlich stand er hastig auf und stieg aus, als der Zug stehen blieb. Ich schüttelte den Kopf. Die Menschen immer mit ihrer Hektik. Das konnte ich nicht verstehen. Wieso lebten sie nicht ihr Leben so, wie es ihnen gefiel? Sie hatten doch keine Ahnung, wann sie sterben würden.
    Der Mann hob erneut seinen Kopf. „Was ist da draußen so interessant?“, fragte er hörbar irritiert.
    Ich war ebenso überrascht. Ich hatte zwar mitbekommen, dass er mich die ganze Zeit anstarrte, aber ich hatte niemals damit gerechnet, dass er mich ansprechen würde.
    „Ähm“, gut, dass ic h so wahnsinnig spontan war… „ Nichts“
    „Wieso starren Sie dann ununterbrochen aus dem Fenster?“
    „Einfach so“, antwortete ich knapp. Es kam mir so vor als wäre er irgendwie empört über meine Verhaltensweise und wollte mich eines Besseren belehren. Er wollte mir allen Ernstes sagen, dass es unnütz war, aus dem Fenster zu starren.
    „Das ergibt aber keinen Sinn. Warum sollte ich etwas ohne Grund betrachten?“, rätselte er. Ich schüttelte den Kopf. Was sollte der Mist? Was wollte er damit erreichen? Wollte er mich provozieren?
    „Aha“, machte ich desinteressiert. Ich wollte ihm vermitteln, dass er den Mund halten und weiter sein scheiß-Buch lesen sollte. Aber er verstand den Wink nicht…
    „Es muss doch eine Erklärung für dieses offensichtlich unangebrachte Verhalten geben“, grübelte er. Jetzt holte er seinen Laptop aus der Tasche und fing an, wild auf der Tastatur herum zu tippen. Ich  verdrehte nur die Augen. Anhand dessen, was er trug, schloss ich, dass es ein Student war, der sich für ziemlich intelligent hielt. Er trug ein weißes Hemd, irgendeine ziemlich altmodische Hose, eine große dicke Brille und seine Haare waren mit Haargel nach hinten geklebt. Er sah aus als hätte ihm ein Hund einmal quer über den Kopf geleckt.
    Außerdem hatte er die Beine überkreuzt und leckte sich immer wieder über die Lippen. Das war scheinbar so ein Tick. Manche Menschen mussten ständig ihre Haare aus dem Gesicht schieben, andere konnten es nicht lassen, sich ständig selbst zu berühren und wieder andere, wie er, leckten sich andauernd die Lippe. „Damit Sie mich nicht falsch verstehen, ich schreibe ein Buch über das menschliche Verhalten und Sie passen nicht in mein Muster“, erklärte er jetzt. Ich verkniff mir ein Grinsen. Ich passte nicht in sein Muster. Na ein Glück. In sein Muster wollte und konnte ich gar nicht passen.
    „Aha“, vermutlich hatte er erwartet, dass ich mehr Interesse daran zeigte, was er machte, aber es interessierte mich nicht im Geringsten, das sollte er auch gerne merken. Warum die Menschen auch immer alles zu Tode analysieren und über jeden Scheiß ein Buch schreiben mussten, ging mir nicht ein.
    Wieder tippte er irgendetwas in seinen Computer. Ich starrte wieder aus dem Fenster. Er tippte weiter. Schneller. Dieses Tippgeräusch machte mich wahnsinnig. So laut und ungleichmäßig – unerträglich! Das war ebenfalls eines der Dinge, das ich an Menschen nicht verstand. Sie waren von der Technologie abhängig. Wenn alle Telefone auf einmal nicht mehr funktionieren würden, würde die Suizidrate drastisch steigen. Und wenn am Morgen der Föhn oder das Glätteisen nicht mehr funktionierte würden einige Frauen sicher nicht das Haus verlassen.
    „Es ist faszinierend“, kommentierte er kurz, während er weiter tippte .
„Ja, wahnsinnig“, sagte ich sarkastisch.
    Er schüttelte den Kopf und grinste. „Meine Beobachtungen interessieren Sie vielleicht wenig, aber sie sind wichtig für die weitere Existenz der Menschen“, fuhr er fort.
    „Inwiefern?“, meiner Meinung nach begann langsam das Ende der Menschen, weil ich immer mehr Vampiren und immer weniger Menschen begegnete. Es war irgendwie ein ungutes Gefühl, zu wissen, dass derzeit Nahrungsmangel herrschte. Die Menschheit ging den Bach runter, unter

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