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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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dem, was wir wissen wollen, hast du bereits auf den Seiten deines Tagebuchs geliefert. Jetzt brauchen wir nur noch eine letzte Klärung und Bestätigung. Hast du am Tag vor der Apert bei einer Befragung, die Orolo in der Neuen Bibliothek mit einem extramurischen Handwerker Quin durchführte, als Amanuensis gedient?«
    »Ja.«
    »Dokument Nummer drei, bitte«, sagte Spelikon. Rotha zog ein weiteres Manuskript hervor, das auch meine Handschrift trug: meine Niederschrift von Orolos Gespräch mit Quin. Ich machte mir nicht die Mühe zu fragen, woher sie das hatten. Offensichtlich hatten sie auch in Fraa Orolos Nische herumgewühlt. Unerhört! Doch trotz alledem begann ich mich zu entspannen. An den Gesprächen, die Orolo mit diesen Handwerkern geführt hatte, war nichts Verkehrtes. Selbst wenn die Regelwartin mein Wort nicht akzeptieren würde, nun, die ganze Zeit waren noch andere in der Bibliothek gewesen und konnten bezeugen, dass das alles harmlos gewesen war. Das musste eine kleinliche, unsinnige Schikane gegen Fraa Orolo
sein, die ins Leere laufen und – so hoffte ich – Fraa Spelikon als Idiot dastehen lassen würde.
    Spelikon ließ mich bestätigen, dass Dokument Nummer drei meins war, bevor er fortfuhr: »Es gibt Diskrepanzen zwischen dem Bericht von dem Gespräch zwischen Orolo und Quin, wie du es damals festgehalten, und der Version, die du später in dein Tagebuch geschrieben hast.«
    »Ja«, sagte ich. »Ich bin nicht wie sie.« Dabei nickte ich in Rothas Richtung. »Ich beherrsche die Kurzschrift nicht. Ich habe nur niedergeschrieben, was für die Recherche von Bedeutung war, die Orolo durchführte.«
    »Welche Recherche meinst du?«, fragte Spelikon.
    Ich hatte das für offensichtlich gehalten, erläuterte es aber: »Seine Untersuchung des politischen Klimas extramuros – ein Teil der normalen Vorbereitungen für die Apert.«
    »Danke. Es gibt mehrere solche Diskrepanzen, aber ich möchte deine Aufmerksamkeit auf eine lenken, gegen Ende des Gesprächs mit Quin, die sich auf die technischen Möglichkeiten von Spulocordern bezieht.«
    Das kam so unerwartet, dass es mein Gehirn ausschaltete. »Hm, ich erinnere mich vage, dass dieses Thema aufkam.«
    »Deine Erinnerung war überhaupt nicht vage, als du das hier aufgeschrieben hast«, sagte er und griff über Rothas Schulter nach dem Tagebuch. »Diesen Aufzeichnungen zufolge sagte Handwerker Quin an einer Stelle – Zitat: ›Flec hat keinen Spulo gemacht.‹ Lässt das deine Erinnerung etwas weniger vage werden?«
    »Ja. Tags zuvor zur Provene hatten wir Handwerker Flec zu den Ita geschickt, damit sie ihn zum nördlichen Langhaus begleiteten. Flec wollte einen Spulo machen. Doch Quin erzählte uns später, dass es nicht so gelaufen war wie vorgesehen. Die Ita erlaubten Flec nicht, im Mynster seinen Spulocorder zu bedienen.«
    »Warum nicht?«
    »Die Bildqualität war zu gut.«
    »In welcher Hinsicht zu gut?«, fragte Spelikon.
    »Quin ratterte irgendeinen Werbescheißdrökh herunter, den ich in meinem Tagebuch wiederzugeben versucht habe«, sagte ich.
    »Wenn du sagst, du hast versucht, ihn wiederzugeben, meinst du damit, dass das, was du in das Tagebuch geschrieben hast, nur eine Vermutung dessen ist, was tatsächlich gesagt wurde? Hier steht –
ich zitiere wieder: ›Eagle-Rez, SteadiHand und DynaZoom – dank dieser drei Funktionen hätte er direkt hinüber in die anderen Teile eures Mynsters schauen können, sogar durch die Schirme hindurch. ‹ Hat Quin diese Wörter tatsächlich alle benutzt?«
    »Ich weiß es nicht. Es ist zum Teil Erinnerung und zum Teil eine auf gewissen Kenntnissen beruhende Vermutung.«
    »Erklär uns, was du in diesem Fall mit einer auf gewissen Kenntnissen beruhenden Vermutung meinst.«
    »Nun, der springende Punkt bei der Geschichte – der einfache technische Grund dafür, dass die Ita Flec die Verwendung des Spulocorders nicht erlaubten – war der, dass er in der Lage gewesen wäre, von dort, wo er sitzen sollte, hinter dem nördlichen Schirm, Bilder von den Tausendern und Hundertern zu machen, indem er seinen Spulocorder quer durch den Chorraum richtete. Wegen des Kontrasts zwischen dem hellfarbigen Schirm – Kosmographen würden sagen, er hat eine hohe Albedo – und dem dunklen Raum dahinter können wir mit bloßem Auge nicht durch die Schirme in die anderen Langhäuser sehen. Die Entfernung und andere Faktoren spielen auch noch eine Rolle. Das Wesentliche war, dass die Ita sich die technischen Daten von Flecs

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