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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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letzten Monaten gemacht hast. Ich bin stolz auf dich. Stolz, aber nicht überrascht . Mach weiter so.«
    »In Ordnung«, sagte ich. »Ich werde so weitermachen. Später habe ich sogar ein paar Fragen an dich. Aber jetzt muss ich rennen.«
    »Dann renn«, sagte er. »Pass auf diesen Treppen auf, wo du hintrittst.«
    Ich drehte mich um und zwang mich, aus dem Refektorium zu schlendern und nicht zu sprinten. Ich holte meinen Zeichenrahmen und die Skizzen aus der Nische, in der ich sie verstaut hatte, und ging, so schnell ich konnte, ohne hastig zu wirken, zum Mynster. Während des Aufstiegs zum Triforium schaute ich zum Balkon der Glockenläuterinnen hinüber und sah dort Ala und Tulia und ihr Team, die die Bewegungen der Wechsel durchgingen, die sie gleich läuten würden, ohne tatsächlich an den Seilen zu ziehen. Tulia sah mich. Ich wandte den Blick ab, da ich nicht zu eindeutig sein wollte, dann ging ich in die andere Richtung und stieg, so schnell ich konnte, die südwestliche Turmtreppe hinauf.
    Der Regelwarthof war so voll wie immer, aber still, da alle sich auf etwas zu konzentrieren schienen. Was unmittelbar vor einem Voko durchaus verständlich war. Einen Moment lang sah ich sogar
Suur Trestanas, wie sie von einem Büro ins andere ging. Sie wirkte ein wenig erstaunt, aber dann fiel ihr Blick auf meine Zeichensachen, und sie sah mich die nächste Treppe in Angriff nehmen. Etwas in ihrem Kopf rastete an der richtigen Stelle ein, und sie vergaß das Ganze.
    Lio, vom Treppensteigen selbst etwas errötet, erwartete mich neben der Statue des Amnectrus. Er passte sich meinem Schritt an. »Geh nicht an die Brüstung«, warnte er, »zu auffällig. Komm mit.«
    Ich zog mir die Kapuze über, während ich ihm über den inneren Laufgang folgte. Keiner von uns sagte etwas, da wir ständig in irgendjemandes Hörweite zu sein schienen. Schließlich stahl er sich in eine Kammer, die rundherum von schweren Holztüren umgeben war – ein Appellraum, wie sie ihn nannten, wo sich Gruppen vor einem Einsatz zu Beratungs- und Ausrüstungszwecken treffen konnten.
    »Du hast das Ganze geplant, oder?«, flüsterte ich.
    »Ich habe Möglichkeiten geschaffen, für den Fall, dass wir sie brauchen könnten.« Lio stieß eine der Türen auf, hinter der sich ein kleiner, mit ordentlich gestapelten Metallkisten ausgekleideter Lagerraum befand. Dann packte er in Höhe der Brust meine Kulle, riss mich vorwärts und schob mich in das Kabuff. Bis ich mein Gleichgewicht wiedererlangt hatte, hatte er die Tür bereits hinter mir geschlossen. Es war dunkel. Ich war versteckt.
    Gerade mal eine Minute darauf begannen die Glocken merkwürdige Wechsel zu läuten.
    Meine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt. Ich ging das geringe Risiko ein, meine Sphär schwach leuchten zu lassen. Die um mich herum aufgestapelten Kisten trugen mit Schablone geschriebene unverständliche Wörter und Zahlen, aber ich wurde mir immer sicherer, dass sie Munition enthielten. Ich hatte Geschichten gehört. Dieses Zeug hielt sich ein paar Jahrzehnte. Dann musste es vom Mynster hinuntergeworfen und auf Wagen geladen werden, die es zur Entsorgung wegbrachten. Danach stellte sich der ganze Konzent in einer langen Schlange auf den Treppen auf und beförderte die neue Munition bis zu dieser Ebene hinauf, indem die Kisten von Hand zu Hand weitergereicht wurden. Das war schon eine Weile nicht mehr passiert, aber manche der älteren Avot erinnerten sich noch gut daran.

    Jedenfalls hatte ich damit etwas, worüber ich nachdenken konnte, während ich das Ende des Wechselläutens und der darauf folgenden halben Stunde Versammlungszeit abwartete. Hier oben brauchte niemand eine halbe Stunde. Sie konnten noch fünfzehn oder zwanzig Minuten lang ihren Tätigkeiten nachgehen und dann in letzter Minute hinunterhasten. Deshalb dauerte es eine Weile, bis es sich hier leerte. Irgendwann machte Fraa Delrakhones den Kehraus, indem er jedem befahl, jetzt zu gehen. Er wollte als Letzter unten sein, ohne rennen zu müssen.
    Danach hielt ich es für sicher, in den Appellraum hinauszugehen. Ich öffnete die Tür des Kabuffs einen Spalt, damit meine Augen sich an das Licht gewöhnen konnten, bevor ich hinausschlich und mich für einen Moment hinter die Ausgangstür hockte und einfach nur lauschte. Es war jedoch nichts zu hören – nicht einmal aus dem Chorraum und den Langhäusern, was den Eindruck vermittelte, als wären sie verlassen.
    Ich hatte Angst, Delrakhones könnte immer noch Jagd auf

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