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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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mich seit den Ereignissen bei der Apert angepasst habe.«
    »Wir haben das alles gemacht, um ein negatives Ergebnis zu erzielen?«, rief ich aus, während ich auf die Knie kam.
    »Wenn du so willst«, sagte er und schöpfte noch mehr Wasser.
    So eine gute Gelegenheit würde ich nie mehr bekommen, und so rappelte ich mich hoch, hielt einen Fuß an seinen Hintern und schickte ihn kopfüber in den Fluss.
    Später, als Lio von der vergleichsweise normalen und vernünftigen Tätigkeit des Schaufelwetzens in Anspruch genommen war, brachte ich unser Gespräch wieder auf das, was ich in der Tafel gesehen hatte, vor allem Sammanns Verhalten während seiner mittäglichen Besuche.
    Sobald ich das unangenehme Gefühl überwunden hatte, erwischt worden zu sein, hatte ich angefangen, über ein paar andere Fragen nachzugrübeln. War es reiner Zufall, dass der Ita, der die Schutzhülle entdeckt hatte, derjenige war, der Cord in der Maschinenhalle aufgesucht hatte? Ich vermutete, dass es entweder tatsächlich reiner Zufall war oder dass es sich bei diesem Sammann um einen hochrangigen Ita handelte, der für wichtige Aufgaben in Zusammenhang mit dem Sternrund zuständig war. Jedenfalls nützte es mir nichts, darüber zu spekulieren.
    »Hat dieser Ita voffucht, mit dir zu kobbudizieren?«, fragte Lio durch geschwollene Lippen hindurch.
    »Du meinst, ob er nachts in den Math geschlichen kommt und mir Botschaften zusteckt?«
    Meine Antwort verwirrte Lio, was er auf die für ihn typische Weise zeigte, indem er seine Haltung korrigierte. Das Kratzen des Steins auf der Schaufel verstummte für einen Moment. Dann begriff er. »Nein, ich meine nicht in Echtzeit «, sagte er. »Ich meine, ob er auf der Tafel – du weißt schon.«
    »Nein, Distelkopf, ich muss zugeben, dass ich nicht die geringste Ahnung habe …«
    »Wenn irgendjemand etwas von Überwachung versteht, dann sind es diese Burschen«, bemerkte Lio.

    »Wenn du Saunt Patagars Behauptung Glauben schenkst, dann ja.«
    Lio schien enttäuscht, dass ich so naiv war, das nicht zu tun. Er nahm seine Arbeit mit dem Stein wieder auf. Das Kratzen machte mich richtig nervös, aber ich vermutete, dass es jedem Spion, der uns belauschte, in den Ohren wehtun musste.
    Anscheinend war meine neue Rolle im Konzent Saunt Edhar die des wohlbehüteten Unschuldigen. »Dann beantworte mir folgende Frage«, sagte ich. »Falls sie uns permanent überwachen, müssen sie doch alles über mich und die Tafel wissen, oder?«
    »Tja, das sollte man wohl meinen.«
    »Warum ist denn dann nichts passiert?«, fragte ich ihn. »Es ist ja nicht so, dass Spelikon und Trestanas eine Schwäche für mich hätten.«
    »Mich überrascht das nicht«, beharrte er. »Ich glaube nicht, dass daran irgendetwas Merkwürdiges ist.«
    »Was bringt dich zu der Annahme?«
    Er wartete lange genug mit seiner Antwort, um mich auf die Idee zu bringen, dass er sie sich gerade im Moment ausdachte. Er tauchte seinen Wetzstein in den Fluss. »Die Ita können der Regelwartin nicht alles erzählen, was sie wissen. Trestanas müsste vierundzwanzig Stunden lang jede Minute mit ihnen verbringen, um so viele geheime Informationen aufzunehmen. Die Ita müssen entscheiden, was sie weitergeben und was sie ihr vorenthalten.«
    Was Lio da sagte, eröffnete alle möglichen interessanten Szenarien, die zu sortieren ich eine ganze Weile brauchen würde. Ich wollte nicht noch länger mit offenem Mund dastehen, und so bückte ich mich und packte den Griff der Schaufel. Schärfer würde sie nicht mehr. Ich schaute mich nach einem Schlitzbeerenbestand um, der massakriert werden musste. Es dauerte nicht lange, bis ich einen gefunden hatte. Ich steuerte darauf zu, und Lio folgte mir.
    »Damit gibst du den Ita eine Menge Verantwortung«, sagte ich, während ich die Schaufel hob und sie dann schräg nach vorne auf die Wurzeln der Schlitzbeerentriebe hinabsausen ließ. Mehrere von ihnen kippten um. Außerordentlich befriedigend.
    »Nimm mal an, sie sind so klug wie wir«, sagte Lio. »Komm schon, sie verdienen ihr Brot damit, komplizierte syntaktische Vorrichtungen zu bedienen. Sie haben das Retikulum geschaffen. Niemand weiß besser als sie, dass Wissen Macht bedeutet. Dadurch, dass sie
bei dem, was sie sagen und was sie nicht sagen, Strategien und Taktiken anwenden, müssen sie imstande sein, Dinge, die sie haben wollen, zu bekommen.«
    Ich mähte eine Quadratelle Schlitzbeeren nieder, während ich über das nachdachte, was er gesagt hatte.
    »Du meinst also,

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