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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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schürzte die Lippen und wirkte beklommen. Ich, der ich weder das eine noch das andere war, sagte: »Was soll das denn heißen?«
    Fraa Orolos Hand fiel auf mein Handgelenk nieder und hinderte mich am Weiterschreiben. Und ich vermute, dass seine andere Hand sich am liebsten auf Quins Mund gepresst hätte. Quin fuhr fort: »Eagle-Rez, SteadiHand und DynaZoom – dank dieser drei Funktionen hätte er direkt hinüber in die anderen Teile eures Mynsters schauen können, sogar durch die Schirme hindurch. Jedenfalls war das die Auskunft der …«
    »Handwerker Quin!«, trompetete Fraa Orolo, so laut, dass er Blicke von allen anderen in der Bibliothek auf sich zog. Dann senkte er die Stimme: »Ich fürchte, du schickst dich an, uns etwas zu erzählen, was dein Freund Flec bei Gesprächen mit den Ita erfahren hat. Und ich muss dich daran erinnern, dass so etwas unter unserer Regel nicht erlaubt ist.«
    »Entschuldigung«, sagte Quin. »Das ist verwirrend.«
    »Das weiß ich.«
    »Also gut. Vergesst den Spulocorder. Es tut mir leid. Wo waren wir stehen geblieben?«
    »Wir haben über den Himmelswart gesprochen«, sagte Fraa Orolo, entspannte sich ein wenig und ließ schließlich mein Handgelenk los. »Und was mich betrifft, brauchen wir nur noch festzustellen, ob
er ein zum Mystagogen gewordener Verstoßener oder ein Flaschenschwenker ist, da Ersterer ziemlich gefährlich sein kann.«
    Kefedokhles: (1) Ein Fid aus den orithenischen Hallen, der den Ausbruch des Ekba überlebte, um einer der vierzig weniger bedeutenden Peregrins zu werden. In hohem Alter scheint er auf der Periklyne aufgetaucht zu sein, wenn auch manche Gelehrte meinen, das müsse ein Sohn oder Namensvetter des Oritheners gewesen sein. Er erscheint als Statist in mehreren der großen Dialoge, insbesondere in Uraloabus , wo seine zeitgemäßen und langatmigen Unterbrechungen dem Thelenes – der tief getroffen ist vom scharfen Sarkasmus seines Gegners – die Möglichkeit bieten, das Gleichgewicht wiederzuerlangen, das Thema zu wechseln und mit der systematischen Vernichtung des sphenischen Denkens zu beginnen, die das letzte Drittel des Dialogs ausmacht und im öffentlichen Selbstmord der Titelfigur gipfelt. Aus der peregrinischen Phase von Kefedokhles’ Laufbahn sind drei Dialoge überliefert und aus seinen Jahren auf der Periklyne acht. Obwohl talentiert, vermittelt er den Eindruck, unerträglich arrogant und pedantisch zu sein, daher auch Bedeutung 2. (2) Ein unerträglich arroganter und pedantischer Interlokutor.
    DAS WÖRTERBUCH, 4. Auflage, A. R. 3000
    »Was ein ›zum Mystagogen gewordener Verstoßener‹ ist, kann ich mir ja noch denken«, sagte ich Fraa Orolo später. Ich schnitt in der Küche Karotten, und er aß sie. »Und ich kann mir sogar vorstellen, warum sie gefährlich sind: weil sie wütend sind, sie wollen dorthin zurückkehren, wo sie anathemisiert wurden, und die alte Rechnung begleichen.«
    »Ja, und deshalb haben Quin und ich den ganzen Nachmittag mit dem Wehrwart zusammengesessen.«
    »Aber was ist ein Flaschenschwenker?«
    »Stell dir einen Medizinmann in einer Gesellschaft vor, die nicht weiß, wie man Glas herstellt. Am Strand wird eine Flasche angeschwemmt. Sie hat erstaunliche Eigenschaften. Er steckt sie auf
einen Stock, schwenkt sie herum und überzeugt seine Zeitgenossen davon, dass er selbst einige dieser erstaunlichen Eigenschaften hat.«
    »Also sind Flaschenschwenker nicht gefährlich?«
    »Nein. Zu leicht beeindruckt.«
    »Was ist mit den Dards, die Saunt Blys Leber gegessen haben? Sie waren offensichtlich nicht so beeindruckt.«
    Um ein Lächeln zu verbergen, gab Fraa Orolo vor, eine Kartoffel zu begutachten. »Es ist richtig, was du sagst, aber vergiss nicht, dass Saunt Bly allein auf einem Inselberg lebte. Gerade die Tatsache, dass er verstoßen worden war, trennte ihn von den Gegenständen und Auts, die Flaschenschwenkergesellschaften am meisten beeindrucken.«
    »Und was habt ihr beschlossen, du und der Wehrwart?«
    Fraa Orolo blickte sich auf eine Weise um, die deutlich machte, dass ich hätte diskreter sein sollen.
    »Rechne bei der Apert mit mehr Vorsichtsmaßnahmen.«
    Ich senkte die Stimme. »Die Säkulare Macht schickt also … ja, was denn …?«
    »Roboter mit Elektroschockwaffen? Staffeln berittener Bogenschützen? Zylinder mit Schlafgas?«
    »Etwas in der Art.« »Kommt drauf an, in welchem Maß der Himmelswart den Zampanos ähnlich geworden ist«, sagte Fraa Orolo. Er nannte die Säkularen Machthaber gerne

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