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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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der Umlaufbahn dachte, fühlte ich mich hier denkbar fehl am Platz.
     
     
    »Mistkerl!«, sagte ich. »Dieser Mistkerl!«
    Alle Blicke richteten sich auf mich. Wir hatten etwas hinter uns, was unter diesen Umständen als ein üppiges Frühstück galt.

    Yulassetar Crade schaute Cord an, als wollte er sagen: Dein Verwandter … dein Problem .
    »Wer? Was?«, fragte Cord.
    »Jesry!«
    »Vor ein paar Stunden warst du noch kurz davor, um Jesry zu weinen. Jetzt ist er ein Mistkerl?«
    »Das ist so typisch«, sagte ich.
    »Wird er häufiger ins All geschossen?«, fragte Sammann.
    »Nein. Es ist schwer zu erklären, aber … von uns allen müssen sie ausgerechnet ihn auswählen.«
    »Wer sind sie ?«, fragte Cord. »Diese Maßnahme ging ja offensichtlich nicht von der Konvox aus.«
    »Stimmt. Aber die Säkulare Macht muss zu den Hierarchen in Tredegarh gesagt haben: ›Gebt uns vier von euren Besten‹, und das ist dabei herausgekommen.« Ich schüttelte den Kopf.
    »Du musst doch stolz sein … ein bisschen«, versuchte es Cord.
    Ich schlug die Hände vors Gesicht und seufzte. »Er darf Bekanntschaft mit Außerarbrischen machen. Ich darf auf einem Zug mit Schrott fahren.« Dann nahm ich die Hände herunter und schaute Gnel an. »Was weißt du über den Himmelswart?«
    Gnel blinzelte. Für einen Augenblick erstarrte er. Ich hatte das Thema Religion so lange vermieden, und jetzt hatte ich ihm eine direkte Frage dazu gestellt! Sein Cousin atmete kräftig aus und wandte den Blick ab, als wäre er im Begriff, Zeuge eines Verkehrsunfalls zu werden.
    »Sie sind Ketzer«, sagte er sanft.
    »Ja, aber das ist für euch ja so gut wie jeder, oder?«, erwiderte ich. »Kannst du etwas genauer sein?«
    »Das verstehst du nicht«, sagte Gnel. »Sie sind nicht einfach irgendwelche Ketzer. Sie sind ein Ableger meines Glaubens.« Er schaute Yul an. »Unseres Glaubens.« Für den Fall, dass Yul das nicht mitbekommen hatte, stieß Cord ihn mit dem Ellbogen an.
    »Wirklich?«, fragte ich. »Ein Ableger der Sambliten?« Das war uns anderen neu.
    »Unser Glaube wurde von Saunt Bly begründet«, behauptete Gnel.
    »Bevor oder nachdem ihr seine Leber …«
    »Das«, sagte Gnel, »ist eine alte Lüge, die erfunden wurde, um uns wie einen Haufen Wilder dastehen zu lassen!«

    »Es ist nahezu unmöglich, eine menschliche Leber anzubraten, ohne sie zu ruinieren«, warf Yul ein.
    »Willst du damit sagen, Saunt Bly hätte sich in einen Deolatisten verwandelt? Wie Estemard?«
    Gnel schüttelte den Kopf. »Es ist ein Jammer, dass du keine Gelegenheit hattest, länger mit Estemard zu sprechen. Er ist kein Deolatist, wie du ihn definieren würdest – oder ich. Saunt Bly war es genauso wenig. Und darin unterscheiden wir uns von den Himmelswartleuten.«
    »Sie glauben, dass Bly ein Deolatist war?«
    »Ja. Eine Art Prophet, ihrer Meinung nach, der einen Beweis für die Existenz Gottes gefunden hatte und deshalb verstoßen worden war.«
    »Das ist komisch, denn sollte jemand tatsächlich die Existenz Gottes beweisen, würden wir zu ihm sagen: ›Schöner Beweis, Fraa Bly‹ und anfangen, an Gott zu glauben«, sagte ich.
    Gnel bedachte mich mit einem kühlen Blick, der mir sagte, dass er nicht ein Wort davon für bare Münze nahm. »Sei es, wie es sei«, sagte er ruhig, »das ist nicht die Version, die der Himmelswart ausgegeben hat.«
    Im Geist ging ich zurück zum Vorabend der Apert und der Diskussion mit Großsuur Tamura über Ikonographien. »Das ist ein Beispiel für eine brumasische Ikonographie«, sagte ich.
    »Was?«
    »Der Himmelswart lanciert die Geschichte, dass in der mathischen Welt eine geheime Verschwörung im Gange ist.«
    »Ja«, sagte Gnel.
    »Etwas von großer Tragweite – in diesem Beispiel die Existenz Gottes – ist entdeckt worden. Die meisten Avot sind reinen Herzens und wollen die Nachricht verbreiten. Sie befinden sich jedoch unter dem grausamen Joch dieser Verschwörung, die vor nichts zurückschrecken wird, um das Geheimnis zu wahren.«
    Gnel war anzusehen, dass er etwas Vorsichtiges sagen wollte, aber Yul kam ihm zuvor: »Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen.«
    »Das ist entmutigend«, sagte ich, »denn von allen Ikonographien sind diejenigen, die auf Verschwörungstheorien basieren, am schwersten auszumerzen.«
    »Was du nicht sagst«, bemerkte Sammann und schaute mir dabei in die Augen.

    Ich wurde verlegen und hielt eine Zeitlang den Mund. Cord brach das Eis: »Das Raumschiff der Cousins wird immer noch als Geheimnis

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