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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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mir hörte. Sogar Sammann drehte sich zu mir um und fixierte mich mit einem ungläubigen Blick. Er sagte jedoch nichts, da ihm vermutlich klar war, dass ich nur versuchte, unseren Aufbruch zu beschleunigen. »Sieh mal«, sagte ich zu Gnel, »Sammann hat gerade erst mit seiner Recherche angefangen, und wir haben bereits gesehen, dass es manchmal ein paar Tage dauern kann, bis er Zugang zu bestimmten
Dingen bekommt. Egal, ob sie mir in Orithena die Tore öffnen oder nicht, du wirst in den kommenden Tagen eine Menge Zeit haben, herumzufragen und mehr zu erfahren.«
    »Ja«, sagte Gnel, »aber ob sie dir diese Tore öffnen, hängt davon ab, was du sagst. Und das hängt davon ab, was du weißt. Deshalb ist es vielleicht besser, noch ein paar Tage zu warten.«
    »Ich weiß mehr, als ich sage«, erwiderte ich, »und ich möchte heute dorthin gehen.«
    Metekoranes: Ein Theor aus alter Zeit, außergewöhnlich begabt in Planimetrie, aber in Dialogen für gewöhnlich still, der bei dem Ausbruch, der Orithena zerstörte, unter Vulkanasche begraben wurde. Nach den Überlieferungen, die an die Existenz der Alten Stammlinie glauben, deren Gründer (wenn auch wahrscheinlich ohne es zu wissen).
    DAS WÖRTERBUCH, 4. Auflage, A. R. 3000
    Zwei Stunden später stand ich allein an den Toren von Orithena.
    Die Mauer war zwanzig Fuß hoch, gebaut aus feinkörnigen graubraunen Steinen, die alle die gleiche Größe und Form besaßen. Während ich da stand, in der Sonne schwitzte und auf eine Reaktion auf mein Klopfen wartete, hatte ich mehr als genug Zeit, sie zu untersuchen und zu dem Schluss zu kommen, dass sie mithilfe eines Verfahrens, das lose Vulkanasche zu einer Art Beton schmolz, in Formen gegossen worden waren. Jeder hatte ungefähr die Größe eines kleinen Karrens, sagen wir, des größten, den zwei Avot mit einfachen Mitteln bewegen konnten. Die einzelnen Schichten waren jedenfalls extrem regelmäßig, da sämtliche Blöcke Klone waren. Manche waren etwas brauner, manche etwas grauer, aber alles in allem sah die Mauer aus, als hätte man sie aus einem Modellbaukasten zusammengesetzt. Die Tore selbst bestanden aus Stahlplatten, die sich in diesem Klima ziemlich lange halten würden. Nachdem ich geklopft hatte, trat ich ein Stück zurück, um mich von der gespeicherten Hitze zu entfernen, die diese Platten abstrahlten; sie waren groß genug, um zwei der größten Tromms nebeneinander durchzulassen. Ich drehte mich um und schaute zurück zu dem Andenkenstand,
ein paar hundert Fuß den Berg hinunter. Cord, die an der schattigen Seite von Yuls Hol lehnte, winkte mir zu. Sammann machte ein Bild mit seinem Nicknack.
    Das Tor wurde von zwei zylindrischen, mit kleinen, vergitterten Fenstern versehenen Bollwerken eingerahmt. Das linke davon wies eine winzige Tür auf, ebenfalls aus Stahl. Nachdem einige Zeit verstrichen war, schlenderte ich hinüber und klopfte dagegen. In ihrer oberen Hälfte befand sich eine Klappe, gerade so groß wie meine Hand. Vielleicht zehn Minuten später hörte ich Bewegung auf der anderen Seite. Innerhalb des Bollwerks wurde eine Tür geöffnet, dann zugeschlagen. Ein Riegel kratzte. Die kleine Luke ging knarrend auf. Der Raum auf der anderen Seite war dunkel und, so vermutete ich, erquickend kühl. Meine Augen hatten sich jedoch an die gleißende Mittagssonne von Ekba gewöhnt, und ich konnte nichts sehen.
    »Wisse, dass du dich an eine Welt wendest, die nicht deine ist und in die du nur eintreten darfst, wenn du ein feierliches Gelübde ablegst, sie nicht mehr zu verlassen«, sagte eine weibliche Stimme in einem Fluckisch mit einer leichten lokalen Einfärbung. Das war ihre Aufgabe. Seit Kartas hatten Torhüter an Orten wie diesem das oder eine Abwandlung davon gesagt.
    »Sei gegrüßt, meine Suur«, sagte ich, »lass uns Orth sprechen, wenn es dir beliebt. Ich bin Fraa Erasmas vom edharischen Kapitel des Dezenariermaths im Konzent Saunt Edhar.«
    Eine Pause, dann ging die Klappe zu und wurde verriegelt. Ich wartete eine Weile. Dann öffnete sich die Luke wieder, und ich hörte eine tiefere, ältere Frauenstimme.
    »Ich bin Dymma«, sagte sie.
    »Sei gegrüßt, Suur Dymma. Fraa Erasmas zu deinen Diensten.«
    »Dass ich deine Suur bin oder du mein Fraa bist, ist für mich noch nicht entschieden, so wie du gekleidet bist.«
    »Ich bin weitgereist«, gab ich zurück. »Kulle, Kord und Sphär wurden mir gestohlen, als ich auf der Peregrine durch das Säkulum war.«
    »Hierher ist keine Konvox einberufen worden. Wir

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