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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Wein
zu trinken und sich den Ausbruch des Ekba anzusehen. Anderen Luftfahrzeugen war der Treibstoff ausgegangen, und sie waren ins Meer gestürzt. Da sie ihre Rettungsflöße abgeworfen hatten, um Platz für Passagiere zu schaffen, wären viele davon ertrunken, wenn die Avot nicht gewesen wären, die ihre Sphärs ohne weiteres in Rettungsbojen verwandeln konnten. Eine zweite Welle von Luftlandetrupps hatte sie aus dem Wasser gepflückt und zu demselben Strand gebracht, auf dem wir anderen niedergegangen waren. Dieser war von der Säkularen Macht mit Beschlag belegt und abgesperrt worden. Man hatte Zelte abgeworfen, und wir hatten uns selbst ein Lager errichtet: »Neu-Orithena«, komplett mit einem Klostrum aus Leinwand in der Mitte und einem Digitalwecker an einem Stock, wo die Provene gefeiert wurde. Wir hatten den Aut des Requiem für Orolo und die anderen, die nicht überlebt hatten, gesprochen. Unterdessen hatte das Militär um uns herum größere Zelte aufgeschlagen, uns nackt hindurchmarschieren lassen, uns mit nicht genauer spezifizierten chemischen Lösungen abgespritzt und uns Plastikbeutel gegeben, in denen wir Urin- und Stuhlproben abzugeben hatten. Ein paar Tage lang hatten wir von Militärrationen gelebt und Papieroveralls getragen, die wir verbrennen sollten, wenn sie schmutzig wurden, und dabei waren wir zu den unterschiedlichsten Zeiten aufgerufen worden, um befragt, phototypiert und biometrisch untersucht zu werden.
    Am zweiten Tag war gegen Mittag auf einer nahe gelegenen Straße, die man vorübergehend zum Aerodrom umfunktioniert hatte, ein großer Starrflügler gelandet. Kurz darauf war eine Fahrzeugkarawane mit Zivilisten, die teilweise Kullen und Korde trugen, den Strand entlanggekommen. Man hatte meinen Namen aufgerufen. Ich war zum Lagertor gegangen, wo ich – über eine Sandfläche hinweg, die sicheren Schutz vor Ansteckung bot – mit einer Abordnung aus Tredegarh zusammengetroffen war. Insgesamt waren es etwa zwei Dutzend gewesen. Bis sie begonnen hatten, in perfektem Orth mit mir zu sprechen, hatte ich sie teilweise gar nicht als Avot erkannt, weil ihre Kullen und Korde sich stilistisch sehr von dem unterschieden, was wir in Edhar trugen. Eine davon hatte ich erkannt: eine Thalerin, die in Mahsht bei meiner Rettung mitgewirkt hatte. Ich hatte sie auf mich aufmerksam gemacht und eine Verbeugung angedeutet, und sie hatte entsprechend reagiert.
    Der EUG dieser Gruppe hatte einige Worte über Orolo gesagt,
die ausgesprochen respektvoll und wohl formuliert gewesen waren. Dann hatte er mir mitgeteilt, dass ich ihnen helfen sollte, die »Gegebenheiten« für den Transport zur Konvox vorzubereiten, und am nächsten Tag mit ihnen nach Tredegarh zurückkehren würde. Mit »Gegebenheiten« meinte er natürlich die Kiste mit Fläschchen und den Leichnam der Geometerin: Das Militär hatte beides beschlagnahmt und in einem Spezialzelt auf Eis gelagert.
    Unterdessen hatte Sammann ein ähnliches Gespräch mit einem seiner Brüder geführt, einer kleinen Abteilung Ita, die in ihrem eigenen Fahrzeug für sich blieben.
    Die Zeit danach hatte im Wesentlichen aus Arbeit bestanden, was wahrscheinlich nur gut gewesen war, denn so hatte ich weniger Zeit zum Grübeln gehabt. Da Orolo den Rest seines Lebens gegen das theorische Wissen eingetauscht hatte, das im Körper der Geometerin enthalten war, hatte mir dessen Vorbereitung für den Transport zur Konvox Gelegenheit gegeben, ihm die gleiche Achtung entgegenzubringen, die ich auch dem Leichnam von Orolo entgegengebracht hätte, wenn wir ihn auf normale Weise hätten beisetzen können. Zwei Leben waren geopfert worden – eines von Arbre, eines von einer anderen Welt -, um uns dieses Wissen zu bringen.
    Was mir an freier Zeit blieb, nutzte ich zu Gesprächen mit Cord. Zuerst sprach ich nur von meinen Gefühlen. Später begann Cord, mir ihre Ansichten zu den Geschehnissen mitzuteilen, und es wurde deutlich, dass sie die ganze Sache vom Standpunkt einer Kelxgläubigen interpretierte. Wie es schien, hatte Magister Sark eine Konvertitin gewonnen. Damals in Mahsht hatten seine Worte vielleicht nur einen schwachen Eindruck bei ihr hinterlassen, aber irgendetwas von dem, was wir in Orithena durchgemacht hatten, hatte das Ganze in ihren Augen stimmig erscheinen lassen. Und mir schien es nicht der richtige Zeitpunkt zu sein, sie davon abzubringen. Was tat es schon, dass ich eine stimmigere Erklärung für diese Dinge hatte, wenn sie nur von Avot verstanden werden konnte,

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