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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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zusammen sein würden.
    »Die würden mich nicht nach Tredegarh bringen, bloß um mich zu anathemisieren«, spekulierte ich, »also werde ich wohl wieder das, was ich war.« Ich blickte in die Runde, in ihre vom Feuerschein warmen Gesichter. »Aber ich werde nie mehr der Alte sein.«
    »Mach Witze«, sagte Yul, »bei den vielen Kopfverletzungen.«
    Ganelial Crade sagte: »Ich bleibe bei diesen Leuten.«
    Das kam so unerwartet, dass es einen Moment dauerte, bis der Groschen bei uns fiel: Er wollte sich den Orithenern anschließen.
»Ich habe mit Landasher darüber geredet«, sagte er, von unserer Reaktion belustigt. »Er sagt, sie probieren es eine Zeitlang mit mir, und wenn ich nicht völlig unausstehlich bin, darf ich vielleicht bleiben.«
    Yul stand auf und ging außen um den Kreis herum, um seinen Cousin von hinten zu umarmen und ihm auf die Schulter zu klopfen. Wir alle tranken aus unseren Polybechern mit gefärbtem Zuckerwasser auf sein Wohl.
    Als Nächstes wandten sich die Gesichter Sammann zu, der die Hände hochwarf und zugab: »Was meinen Ruf und meine Möglichkeiten angeht, hat mir die ganze Geschichte sehr gutgetan.« Eine Zeitlang warfen wir ihm zum Scherz Schimpfwörter an den Kopf. Er ließ sie mit zufriedenem Lächeln an sich abprallen. »Ich fliege mit Fraa Erasmas zur Konvox zurück – wahrscheinlich allerdings in einem anderen Teil des Flugzeugs.« Das rührte mich, und so stand ich auf, ging zu ihm hinüber und umarmte ihn, solange ich noch durfte.
    Schließlich wandte sich die Aufmerksamkeit Cord und Yul zu, die auf einem Kühlbehälter saßen und aneinanderlehnten. »Jetzt, wo wir die führenden Experten für Geometertechnologie auf diesem Planeten sind«, begann Yul, »könnten wir eigentlich losziehen und uns um eine entsprechende Stelle bemühen.«
    »Im Ernst«, sagte Cord, »es gibt hier eine Menge Leute, die uns Fragen stellen wollen. Seit die Sonde zerstört worden ist, sind unsere Erinnerungen an das, was wir gesehen haben, wichtig. Vielleicht landen wir sogar in Tredegarh.«
    »Yuls Fahrzeug auch«, bemerkte ich. Ich hatte eine vage Erinnerung daran, wie dessen Wrackteile an Fraa Orolo vorbeigeflogen waren. Ausnahmsweise hatte Yul einmal nichts zu sagen. Er schaute nur übers Meer und schüttelte den Kopf.
    »Mein Hol müsste wohlbehalten in Norslof stehen«, erinnerte uns Cord. »Sobald sich alles ein bisschen beruhigt hat, gehen wir hin und holen es ab. Dann wollen wir vielleicht eine Zeitlang in die Berge fahren – verspätete Flitterwochen.«
    Schweigen trat ein. Sie ließ es gerade lange genug dauern, ehe sie sagte: »Ach so, habe ich schon erwähnt, dass wir verlobt sind?«
    Am Vorabend war Yul mit verschwörerischer Miene auf mich zugetreten und hatte einen glänzenden Gegenstand aus der Tasche gezogen: einen Metallring, den er vom Gurtwerk des Fallschirms der Geometerin abgeschnitten hatte. Mit einem behelfsmäßigen Blasebalg
hatte er ein Lagerfeuer bis auf Weißglut gebracht, den Ring darin erhitzt und mit dem Hammer bearbeitet, bis er die hoffentlich richtige Größe für Cords Finger hatte.
    »Ich wollte Cord fragen, ob sie – na ja – du weißt schon. Nicht gleich! Aber später, weißt du, wenn sich alles beruhigt hat.«
    Mir war klar geworden, dass Yul mich in gewisser Weise um Erlaubnis fragte, also hatte ich ihn umgehend umarmt und gesagt: »Ich weiß, du wirst auf sie achtgeben.« Seine Umarmung hatte mir fast das Kreuz gebrochen, und einen Moment lang hatte ich gedacht, ich müsste einen von den Thalern rufen, damit er mich von ihm befreite.
    Nachdem er sich ein wenig beruhigt hatte, ließ er mich den Ring betrachten. »Nicht gerade ein normales Schmuckstück«, gab er zu, »aber immerhin ist er von einer anderen Welt und damit das Seltenste, was es gibt, oder?«
    »Ja«, versicherte ich ihm, »das ist er.« Dann hatten wir beide unwillkürlich zu Cord hinübergeschaut.
    Er musste sie früher am Tag gefragt und sie musste ja gesagt haben. Eine Zeitlang lief alles unter Umarmungen und Geschrei ausgelassen durcheinander. Eine Horde Orithener scharte sich um uns, angelockt von dem Gerücht, dass die Hochzeit auf der Stelle stattfinden würde. Ihnen folgten neugierige Soldaten, denen wiederum Konvox-Leute folgten, die wissen wollten, was die ganze Aufregung sollte. Es entstand so etwas wie eine verrückte Eigendynamik, die uns drängte, die Zeremonie an diesem Tag am Strand abzuhalten. Aber nach einigen Minuten beruhigten sich alle, und das Ganze verwandelte sich in ein

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