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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Sturz in Hitze, Lärm und Licht.
    Und Rauch, da Arsibalt irgendetwas in Brand gesetzt hatte. Ich schob mich auf den Sandeimer zu, überlegte es mir dann aber anders, da ich keine offenen Flammen sah. Über einen Lautsprecher war Suur Asquin zu hören; die Säkulare Macht hatte einen Ita geschickt, der ein Einwegübertragungssystem installiert hatte, damit wir in der Küche – und, wie ich annehmen musste, andere, die weiter entfernt waren – jedes im Messallan gesprochene Wort mithören konnten.
    »Was ist das Problem?«, fragte ich.
    »Es gibt keins. Ach so, das? Ich habe ein Kotelett eingeäschert. Macht nichts. Wir haben noch mehr.«
    »Warum hast du dann an meinem Seil gezogen?«
    Er warf einen schuldbewussten Blick auf ein Brett an der Wand, an dem sieben Seilenden hingen, unter denen mit einer Ausnahme jeweils der Name eines Servitors stand. »Weil ich mich entsetzlich langweile!«, sagte er. »Dieses Gespräch ist blöd!«
    »Es hat gerade erst angefangen«, wandte ich ein. »Das sind bloß die Eröffnungsformalitäten.«
    »Kein Wunder, dass die Leute dieses Messale abschaffen wollen, wenn das eine Kostprobe davon ist, wie …«
    »Wozu soll es dann gut sein, an meinem Seil zu ziehen?«

    »Ach, das ist eine alte Tradition hier«, sagte Arsibalt, »ich habe das nachgelesen. Wenn der Dialog langweilig wird, zeigen die Servitoren ihre Verachtung dadurch, dass sie mit den Füßen abstimmen – sie ziehen sich in die Küche zurück. Die Doyns sollen das auch bemerken.«
    »Die Wahrscheinlichkeit, dass das bei dieser Gruppe funktioniert, ist ungefähr so hoch wie die, dass ihnen von diesem Fraß nicht übel wird.«
    »Tja, irgendwo müssen wir ja anfangen.«
    Ich ging zu den Seilenden, nahm ein Stück Kreide zur Hand und schrieb »Emman Beldo« unter das noch nicht gekennzeichnete.
    »Heißt er so?«
    »Ja. Er hat nach dem Plenar mit mir gesprochen.«
    »Warum hat er nicht beim Kochen geholfen?«
    »Eine seiner Aufgaben besteht darin, Frau Ministerin herumzufahren. Er ist erst vor fünf Minuten gekommen. Außerdem können Extras sowieso nicht kochen.«
    »Raz sagt die Wahrheit!«, sagte Suur Tris, die in diesem Augenblick mit einer Kulle voll Feuerholz vom Garten hereinkam. »Sogar ihr scheint ja leicht überfordert zu sein.« Sie öffnete die Ofenklappe und bedachte die Glut mit einem kritischen Blick.
    »Wir werden unseren Wert alsbald unter Beweis stellen«, sagte Arsibalt und nahm wie ein barbarischer Kriegsherr, der zum Zweikampf herausgefordert wird, ein riesiges Messer zur Hand. »Dieser Ofen, eure Produkte, eure Fleischstücke – das ist uns alles fremd.« Und dann, wie um apropos fremd zu sagen … richteten Arsibalt und ich den Blick auf einen riesigen Schmortopf, den man auf der Ofenplatte nach hinten geschoben hatte, weil man hoffte, dass die Dämpfe, die er hervorrülpste, weniger stinken würden, wenn sie von weiter weg kamen.
    Suur Tris stupste Kohlen hierhin und dahin und warf Holzstücke in den Ofen, als handelte es sich um Gehirnchirurgie. Wir hatten uns deswegen über sie lustig gemacht, bis unsere eigenen Bemühungen in dieser Richtung Ergebnisse gezeitigt hatten, wie man sie normalerweise nur mit strategischer nuklearer Kriegsführung in Verbindung bringt. Jetzt sahen wir reumütig zu.
    »Irgendwie komisch, dass Frau Ministerin gleich zur Eröffnung sagt, dass das Messale ein Abstellplatz für Verlierer ist«, sagte ich.
    »Da bin ich anderer Meinung. Sie ist gut!«, rief Tris aus. »Sie versucht
sie zu motivieren.« Tris war pummelig und sah nicht besonders gut aus, aber sie hatte die Persönlichkeit einer schönen Frau, weil sie in einem Math aufgewachsen war.
    »Ich frage mich, wie das auf meinen Doyn wirken wird«, sagte ich. »Er sähe nichts lieber, als dass dieses Messale abgeblasen wird, damit er endlich mit angesagten Leuten essen kann.«
    Eine Glocke bimmelte. Wir drehten uns danach um. Über den sieben Seilenden waren sieben Glocken an der Wand befestigt; jede war über ein langes, durch die Wand und unter dem Boden hindurchgeführtes Band mit der Unterseite des Tisches im Messallan verbunden, wo es in einer samtenen Zugschnur auslief. Ein Doyn konnte stumm und unsichtbar seinen Servitor rufen, indem er an der Schnur zog.
    Die Glocke läutete einmal, hielt inne und begann dann ununterbrochen und immer lauter zu bimmeln, bis es so aussah, als würde sie gleich von der Wand springen. Sie war mit »Fraa Lodoghir« gekennzeichnet.
    Ich kehrte in den Messallan zurück, trat hinter ihn

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