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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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seiner weit überwiegenden Mehrzahl nur auf Felsbrocken und andere Sachen auswirkt, die nicht komplex genug sind, um auf diese Interferenz auf eine Weise zu reagieren, die wir für interessant halten würden.«
    »Ja«, sagte Paphlagon.
    »Dann wollen wir unsere Diskussion auf den unendlich kleinen Anteil der Interferenz beschränken, der sich zufällig auf Nervengewebe auswirkt. Wie ich gerade gesagt habe, verschafft uns bereits das Selektivität.« Lodoghir nickte zur Tafel hin. »Aber ob Fraa Jad es nun beabsichtigt hat oder nicht, er hat einer weiteren Form von Selektionsverfahren, die hier vielleicht am Werk ist, die Tür geöffnet. Unser Gehirn empfängt diese ›Signale‹, ja. Aber es ist mehr als ein passiver Empfänger. Es ist kein bloßer Detektorapparat! Es berechnet. Es denkt nach. Die Ergebnisse dieses Nachdenkens lassen sich keineswegs so ohne weiteres anhand des Inputs vorhersagen. Und diese Ergebnisse sind die bewussten Gedanken, die wir haben, die Entscheidungen, die wir umsetzen, unsere sozialen Interaktionen mit anderen bewussten Geschöpfen und das Verhalten von Gesellschaften im Laufe der Zeiten.«
    »Danke, Fraa Lodoghir«, sagte Ignetha Foral und wandte sich wieder der Tafel zu, um einen Blick darauf zu werfen. »Möchte sich irgendwer zu den ›Rückkopplungs-Schleifen‹ äußern?«
    »Die bekommen wir gratis«, sagte Paphlagon.
    »Wie meinst du das?«
    »Das ist bereits in dem Modell enthalten, von dem wir hier sprechen, wir müssen ihm nichts mehr hinzufügen. Wir haben bereits gesehen, dass kleine Signale, verstärkt von den besonderen Strukturen von Nervengewebe und Gesellschaften bewusster Geschöpfe, zu Veränderungen in einem Narrativ – in der Konfiguration eines Kosmos – führen können, die viel stärker sind als das in Rede stehende ursprüngliche Signal. Die Weltspuren reagieren auf diese schwachen Signale, indem sie ausscheren, die Richtung wechseln, und man könnte einen Kosmos, der von bewussten Organismen bevölkert wird, durch schlichte Beobachtung des Verhaltens der jeweiligen Weltspuren von einem unterscheiden, der es nicht ist. Aber denkt daran, dass die fraglichen Signale nur zwischen Kosmen hinund hergehen, deren Weltspuren dicht beieinanderliegen. Da habt ihr eure Rückkopplungen! Interferenz steuert die Weltspuren von
bewusstseinstragenden Kosmen; in Weltspuren, die dicht nebeneinander herlaufen, gibt es weitere Interferenzen.«
    »Also zieht die Rückkopplung Weltspuren im Lauf der Zeit dichter aneinander heran?«, fragte Ignetha Foral. »Ist das die von uns gesuchte Erklärung dafür, warum die Geometer so aussehen wie wir?«
    »Nicht nur dafür«, warf Suur Asquin ein, »sondern auch für die Knoons, die HTW und alles andere, wenn ich mich nicht irre.«
    »Ich argumentiere jetzt einmal wie eine typische Loritin«, sagte Moyra, »und weise euch darauf hin, dass Rückkopplung ein laienhafter Ausdruck ist, der ein breites Spektrum von Phänomenen bezeichnet. Ganze Zweige der Theorik wurden und werden noch entwickelt, um das Verhalten von Systemen zu studieren, die das an den Tag legen, was der Laie als Rückkopplung kennt. Die meisten Verhaltensweisen von Rückkopplung-Systemen sind degeneriert, wie beispielsweise das Heulen eines Lautsprechersystems oder das totale Chaos. Sehr wenige solcher Systeme bringen stabiles Verhalten hervor – oder irgendein Verhalten, von dem wir, wenn wir es betrachteten, sagen könnten: ›Sieh mal, jetzt macht es dies!‹«
    »Diesheit!«, rief Zh’vaern aus.
    »Umgekehrt aber«, fuhr Moyra fort, » müssen Systeme, die in einem turbulenten Universum stabil sind, im Allgemeinen irgendeine Art von Rückkopplung haben, um existieren zu können.«
    Ignetha Foral nickte. »Wenn also die von Fraa Jad postulierte Rückkopplung unsere Weltspur und die der PAQD-Rassen gemeinsam steuert, ist es nicht einfach irgendeine Rückkopplung, sondern eine sehr spezielle, fein abgestimmte Art.«
    »Wir nennen etwas einen Attraktor«, sagte Paphlagon, »wenn es in einem komplexen System fortdauert oder immer wiederkehrt.«
    »Wenn es also zutrifft, dass der PAQD das adrakhonische Theorem und andere derartige theorische Vorstellungen mit uns teilt«, sagte Fraa Lodoghir, »dann könnten diese nichts weiter sein als Attraktoren in dem Rückkopplung-System, das wir beschrieben haben.«
    »Oder nichts weniger«, sagte Fraa Jad.
    Wir alle ließen das eine Zeitlang nachhallen. Lodoghir und Jad starrten einander über den Tisch hinweg an; wir alle dachten,

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