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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Geflecht, das verhindert, dass drahtlose Signale in den Raum oder aus ihm hinausgelangen. Das bedeutet, wir sind informationstechnisch vom Rest von Arbre abgeschirmt.«

    »In meiner Welt«, sagte Zh’vaern, »nennen wir das einen Faraday-Käfig.« Er stand auf, streifte sich die Kulle nach hinten vom Kopf und warf sie dann auf den Boden. Weil ich hinter ihm stand, konnte ich sein Gesicht nicht sehen – nur den Ausdruck von Ehrfurcht und Verblüffung in den Gesichtern der anderen: die ersten Arbrer – vielleicht mit Ausnahme des Himmelswarts -, die einem lebendigen Außerarbrischen ins Gesicht schauten. Aufgrund seines Hinterkopfs und seines Rückens vermutete ich, dass er derselben Rasse angehörte wie die tote Frau, die mit der Sonde gekommen war. Unter einer Art Unterhemd war mit Polyband ein kleines Gerät auf seiner Haut befestigt. Er griff unter das Kleidungsstück, schälte es ab und warf es zusammen mit einem Kabelgewirr auf den Tisch.
    »Ich bin Jules Verne Durand von Laterre – der Welt, die ihr als Antarkt kennt. Orhan kommt aus der Welt Urnud, die ihr Pangäa getauft habt. Ihr holt ihn besser in den Faraday-Käfig, bevor …«
    »Erledigt«, sagte eine Stimme von der Tür her: Lio, der gerade mit vergnügt gerötetem Gesicht zur Tür hereingekommen war. »Wir haben ihn in einem gesonderten Bucker-Korb in der Speisekammer. Sammann hat das hier bei ihm gefunden.« Und er hielt einen zweiten drahtlosen Sender hoch.
    »Gut gemacht«, sagte Jules Verne Durand, »aber das hat euch nur ein paar Minuten verschafft; diejenigen, die zuhören, wird der abgebrochene Kontakt misstrauisch machen.«
    »Wir haben Suur Ala darauf aufmerksam gemacht, dass es vielleicht nötig werden könnte, den Konzent zu evakuieren«, sagte Lio.
    »Gut«, sagte Jules Verne Durand, »denn ich muss euch leider sagen, dass die von Urnud eine Gefahr für euch sind.«
    »Und für euch von Laterre auch, so wie es aussieht!«, sagte Arsibalt. Da die Doyns allesamt zu sprachlos waren, um wieder am Gespräch teilzunehmen, tat Arsibalt – der Zeit gehabt hatte, sich vorzubereiten – sein Bestes, um alles am Laufen zu halten.
    »Das stimmt«, sagte der Laterraner. »Ich möchte euch rasch sagen, dass die von Urnud und von Tro – das ihr Diasp nennt – gleichgesinnt sind und denen von Fthos feindlich gegenüberstehen – das bezeichnet ihr als …«
    »Quator, per Eliminationsverfahren«, sagte Lodoghir.
    Ich hatte mich inzwischen an eine Stelle manövriert, von der aus ich Jules Verne Durand von vorne sehen konnte, und empfand daher etwas von der Verblüffung, die die anderen kurz vorher erlebt
hatten. Zunächst angesichts der Unterschiede – dann der Ähnlichkeiten, dann wieder der Unterschiede – zwischen laterrischen und arbrischen Gesichtern. Am ehesten kann ich es noch damit vergleichen, wie man reagiert, wenn man sich mit jemandem unterhält, dessen Gesichtsgeometrie durch einen angeborenen Defekt auf subtile Weise verändert worden ist – jedoch ohne eine Missbildung oder einen Funktionsverlust, wie sie der Begriff normalerweise impliziert. Und was wir angesichts der Gewissheit empfanden, dass wir jemanden vor uns hatten, der aus einem anderen Kosmos zu uns gekommen war, lässt sich natürlich mit gar nichts vergleichen.
    »Wie steht es mit dir und deinen Mitlaterranern?«, fragte Lodoghir.
    »Aufgespalten zwischen den Fthosiern und den anderen.«
    »Du, nehme ich an, stehst loyal zur Urnud/Tro-Achse?«, fragte Lodoghir. »Sonst hätte man dich nicht hierhergeschickt.«
    »Man hat mich hierhergeschickt, weil ich besser Orth spreche als sonst jemand – ich bin Sprachwissenschaftler. Ein eher unbedeutender, übrigens. Deshalb hat man mich frühzeitig beauftragt, mich mit Orth zu beschäftigen, als man Orth noch für eine Minderheitensprache hielt. Man traut meiner Loyalität nicht recht – aus guten Gründen! Orhan ist, wie ihr schon vermutet habt, mein Bewacher – mein Aufpasser.« Er sah Arsibalt an. »Du hast meine Verkleidung durchschaut. Eigentlich nicht verwunderlich. Aber ich wüsste doch gern, wie.«
    Arsibalt sah mich an. Ich sagte: »Ich habe gestern etwas von deinem Essen gegessen. Es hat mein Verdauungssystem durchlaufen, ohne sich zu verändern.«
    »Natürlich, denn deine Enzyme konnten nicht damit reagieren«, sagte Jules Verne Durand. »Ich muss dich loben.«
    Ignetha Foral hatte sich schließlich so weit erholt, dass sie wieder am Gespräch teilnehmen konnte. »Im Namen des Obersten Rates heiße ich dich

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