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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Tendenz zu Soldaten und Feuerwehrleuten – benutzten es. Die Sprossen waren elastisch, sodass es einem nicht den Arm auskugelte, wenn man eine packte. Trotz meiner Müdigkeit hatte ich große Lust, einen Versuch zu wagen, aber ich wollte nicht unangenehm auffallen. Fraa Jad zeigte keinerlei Interesse. Wir kamen langsamer voran als diejenigen, die es benutzten, was sich zu unserem Vorteil auswirkte: Einige von ihnen riefen uns im Vorbeigleiten Fragen zu, aber keiner war so neugierig, vom Band abzuspringen und das Gespräch weiterzuführen.
    Ein paar Minuten später gelangten wir an die Stelle im Kern, an der die vordersten Kugeln – eins, fünf, neun und dreizehn – damit verbunden waren. Jede von ihnen stand an der Spitze eines Stapels von vier. Die Kugeln eins bis vier waren für die Urnuder. Fünf bis acht waren troänisch, neun bis zwölf laterranisch und der Rest fthosisch. Kraft Konvention war die Kugel mit der niedrigsten Zahl in jedem Stapel – das betraf die Kugeln, die hier, an der Spitze der Stapel, mit dem Kern verbunden waren – den höchstrangigen Mitgliedern der jeweiligen Rasse vorbehalten. Diese Verbindungsstelle war also der geeignetste Treffpunkt für die VIPs der Geometer. Von uns aus gesehen machte sie nicht viel her: einfach vier höhlenartige Löcher in der Wand, die Endpunkte senkrecht darauf stoßender Schächte, die zu den Kugeln führten. Laut Jules jedoch würden wir, wenn wir von außen darauf schauten, sehen, dass dieser Teil des Kerns von einem Kringel aus Büros, Sitzungssälen und Ringkorridoren umgeben war, in denen das Kommando seinen Sitz hatte. Mehrere Luken in der Kernwand deuteten darauf hin. Doch der
Konflikt zwischen Sockel und Fulcrum hatte zu einer Aufteilung des Kommandotorus in Teile von ungleicher Größe geführt. Man hatte Luken verschlossen, Trennwände eingezogen, Wachen postiert, Kabel durchtrennt.
    Was uns alles nicht sonderlich betraf, da der Raum, in dem wir uns befanden, lediglich als Versorgungsgang und Fahrstuhlschacht diente, den das Kommando ebenso selten aufsuchte, wie es an ihn dachte. Von viel größerem Interesse für uns waren die vier riesigen Öffnungen in der Kernwand. Während wir in den Verbindungsbereich hineintrieben, konnten wir in sie hineinblicken und sahen röhrenförmige Schächte, jeder von etwa zwanzig Fuß Durchmesser, die jeweils etwa eine Viertelmeile weit »hinunterführten«. Am »Boden« jedes Schachts befand sich ein weiteres riesiges Kugelventil, das derzeit geschlossen war. Auf der anderen Seite jedes dieser Ventile befand sich eine bewohnte Kugel von einer Meile Durchmesser.
    Es war nicht schwierig, den Schacht zu identifizieren, der zu Kugel eins führte. An der Kernwand daneben stand eine große Zahl. Die Zahl war urnudisch, aber jedes denkende Wesen aus jedem Kosmos konnte sie als das Zeichen erkennen, das Eins, 1, ein einzelnes Exemplar von etwas repräsentierte. Ich jedoch hatte keine Zeit, zu verweilen und über seine tiefere Bedeutung nachzusinnen, da Fraa Jad bereits eine an der Schachtwand befestigte Leiter ausfindig gemacht und begonnen hatte, sie hinabzusteigen.
    Ich folgte ihm. Im Hinabklettern nahm die Schwerkraft langsam zu. Wie schrecklich ich mich deshalb fühlte, ist schwer zu beschreiben. Das Einzige, was verhinderte, dass ich ohnmächtig wurde, war die Angst, dass ich dann die Sprossen loslassen und auf Fraa Jad fallen würde. Während des schlimmsten Schwächeanfalls bohrte sich eine Stimme in meine Wahrnehmung und ließ mir den Schädel summen. Fraa Jad hatte irgendeinen Tausendergesang angestimmt, der dem glich, der mich in der Nacht unserer Evokation in dem bazischen Klostrum wachgehalten hatte. Er gab meinem Bewusstsein etwas, woran es sich festhalten konnte, wie die Stahlsprosse, die ich mit der Hand gepackt hielt: meine einzige feste, fassbare Verbindung mit dem riesigen, sich um mich drehenden Komplex. Und so wie mich die Sprosse vor dem Sturz bewahrte, bewahrte der Klang von Jads Stimme in meinem Schädel meinen Verstand davor, dorthin zu treiben, wohin auch immer er sich begeben hatte, als
ich im Observatorium ohnmächtig geworden und auf der falschen Weltspur wieder aufgewacht war.
    Ich stieg immer weiter hinab.
    Den Kopf zwischen den Knien kauerte ich auf einem riesigen Stahlnabel und versuchte, bei Bewusstsein zu bleiben.
    Fraa Jad tippte Zahlen in ein an der Wand befestigtes Tastenfeld ein.
    Die Kugel unter mir begann zu rotieren.
    »Woher weißt du den Code?«, fragte ich.
    »Ich habe mich

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