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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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dass er vielleicht so entgegenkommend war, mir die Antwort mitzuteilen. Aber sein Gesichtsausdruck machte deutlich, dass das nicht der Fall war.
    Also musste ich der Logik selbst folgen. Zum Glück suchten sich Magnath und Ignetha Foral diesen Augenblick aus, um ans Ufer zu treten – als wäre deutlich geworden, dass gleich etwas geschehen würde. Ich schaute auf sie, und Emman Beldo schaute mit.

    »Die da«, sagte er.
    »Die da«, bestätigte ich.
    »Die Stammlinie?«
    »Nicht direkt die Stammlinie – denn die reicht ja bis zur Zeit des Metekoranes zurück -, sondern so etwas wie eine säkulare Inkarnation davon, ein Dotat, das ungefähr zur Zeit der Dritten Verheerung gegründet und mit Mitteln ausgestattet wurde. Verfügt über alle möglichen Verbindungen zur mathischen Welt. Besitzt Ekba, Elkhazg und wahrscheinlich noch andere Orte.«
    »Vielleicht sieht es für dich so aus«, sagte Emman, »aber ich kann dir versprechen, dass die meisten Zampanos, wie du sie nennst, noch nie von diesem Dotat gehört haben. Es sagt ihnen nichts – übt keinerlei Einfluss aus. Magnath Foral – falls sie den Namen überhaupt schon einmal gehört haben – ist für sie bloß ein vertrockneter, blaublütiger Kunstsammler.«
    »Aber genau das war auch zu erwarten«, sagte ich. »Man gründet dieses Ding nach der Dritten Verheerung. Dann ist es ungefähr zehn Minuten lang berühmt und einflussreich. Aber nach ein paar Kriegen, Revolutionen und Dunklen Zeitaltern ist es vergessen. Und wird zu dem, was es ist.«
    »Und das wäre?«, fragte mich Emman.
    »Ich versuche immer noch, das herauszukriegen«, sagte ich. »Aber ich glaube, ich will damit sagen, dass …«
    »Dass wir Säkulare hier überfordert sind?«, meinte Emman. »Dass du das sagst, macht mir nichts aus.«
    »Macht dir die praktische Konsequenz auch nichts aus?«, fragte ich ihn. »Die wäre nämlich …«
    »Dass ich den Befehl, wenn ich ihn kriege«, sagte er mit einem kurzen Blick auf die Stelle, wo ich die Allestöter versteckt hatte, »vielleicht ignorieren sollte, weil er von einem unbedarften Säkularen erteilt wurde, der vom falschen Narrativ ausgeht?«
    »Genau«, sagte ich. Und ich bemerkte, wie er mit dem Daumen an seinem Nicknack rieb. Seit Tredegarh hatte er ein neues bekommen. Höchst ungewöhnlich. Vom Zusammensein mit Cord kannte ich mich ein bisschen mit der Terminologie aus: Emmans Nicknack war aus einem soliden Block Metalllegierung gefertigt, nicht aus Poly geformt oder aus Blech gestanzt. Sehr teuer. Kein Massenprodukt.
    »Hübsch, was?« Er hatte meinen Blick bemerkt.

    »Ich habe schon mal so eins gesehen«, sagte ich.
    »Wo?«, fragte er scharf.
    »Jad hatte eins.«
    »Woher weißt du das? Er hat es erst unmittelbar vor dem Start bekommen. Er ist verglüht, ehe du mit ihm reden konntest.«
    Ich starrte ihn an und wusste kaum, wo ich anfangen sollte.
    »Gehört das zu den Dingen, mit denen ich überfordert bin?«, fragte er.
    »Mehr oder weniger. Sag mal, wie viele gibt es noch von den Dingern?«
    »Hier oben? Mindestens noch eins.« Und er drehte den Kopf zu dem aufblasbaren Pavillon hin. Die Außentür von dessen Luftschleuse war geöffnet worden, und mehrere Männer und Frauen in eindrucksvollen Kleidern traten daraus hervor und tasteten sich befangen im Gesicht herum, während sie sich an ihren Nasenschlauch gewöhnten. »Der Dritte – der kahlköpfige Mann – hat genau so eins.«
    Mein rechter Arm verließ das Gespräch. Ala hatte sich mit ihm davongemacht. Der Rest von mir holte sie gerade noch so rechtzeitig ein, dass das Schultergelenk nicht ausgerenkt wurde. »Du solltest deinen Ohrstöpsel tragen«, sagte sie mir, »dann wüsstest du, dass wir uns mitten in einem Aut befinden!« Sie drückte mir einen Ohrstöpsel in die Hand, und ich steckte ihn mir ins Ohr. Auf der anderen Seite der Ellipse hatte Musik von einem Band zu spielen begonnen. Ich schaute hinüber und sah, wie ein gemischtes Kontingent aus urnudischen, troänischen, laterranischen und fthosischen Soldaten vier längliche Kisten – Särge – zum Ufer hinabtrug.
    Ala ging mir voran hinter den aufblasbaren Pavillon, wo Arsibalt, Jesry und Lio an drei Ecken eines weiteren Sarges standen. »Ausnahmsweise bin ich mal nicht der Letzte!«, sagte Lio verwundert.
    »Die Führungsrolle hat dich verändert«, sagte ich und verfügte mich an meine Ecke. Wir hoben den Sarg an, der, wie ich wusste, die sterblichen Überreste von Lise enthalten musste.
    Alle diese Särge versetzten mich

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