Anathem: Roman
Jahren gründlich widerlegten kosmographischen System verhaftet waren.
Als Sarks Teil der Zeremonie vorbei war, kamen ich, sekundiert von Jesry, und Ala, unterstützt von Tulia, in Anwesenheit von Fraa Paphlagon zusammen und verbanden uns zur Begleitung eines Freudengesangs und zum fernen Schurren von Ma Kartas, die sich in ihrem Kalzedonsarkophag umdrehte, zu einer perelithischen Liaison.
Es war Tradition, dass der Fraa oder die Suur, der oder die die Zeremonie leitete, einige Worte sprach, und so kamen wir in dem Aut an eine Stelle, an der sämtliche Avot verstummten und den Blick auf Fraa Paphlagon richteten. Das hätte peinlich werden können, da man nun einmal nicht darum herumkam, dass die Zuhörer seine Worte nicht ganz in deren eigenem Licht sehen, sondern sie als Gegengewicht zu dem betrachten würden, was Magister Sark gesagt hatte. Ich fand es gut, dass Paphlagon nicht versuchte, sich um diesen Umstand herumzumogeln.
»Da wir uns viel auf unsere Dialoge zugutehalten, möchte ich Magister Sark als geachteten Interlokutor willkommen heißen. In seinen Worten erkenne ich deutlich die Spuren, die vor Tausenden von Jahren zurückblieben, als einer seiner Vorgänger zu einer Draufsicht und einer Ausdrucksmöglichkeit für sie kam, die in jenem Augenblick wahr waren. Wie wenn die Teile einer Uhr ineinandergreifen und ein Stift in einen Schlitz fällt und etwas passiert: Ein Tor geht auf, und es kommt zu einer kleinen Apert und dank ihr zu einem flüchtigen Blick in den nächsten Kosmos. Vielleicht sollte
ich im Licht jüngster Entwicklungen auch sagen, in einen nächsten Kosmos.« Bei diesen Worten schaute er in die Runde und stellte Blickkontakt mit Urnudern, Troänern, Laterranern und Fthosiern her. »Diejenigen, die dabei waren, als das Tor sich öffnete, erkannten es als echte Draufsicht, schrieben es nieder, machten es zum Bestandteil ihrer Religion – was nichts anderes heißt, als dass sie alles in ihrer Macht Stehende taten, um es an diejenigen weiterzugeben, die sie liebten. Wir können bei anderer Gelegenheit eine lebhafte Debatte darüber führen, ob es ihnen gelungen ist; in meinem Falle muss ich leider sagen, dass das nicht der Fall war.«
Ich schaute unwillkürlich zu Ganelial Crade hinüber, um festzustellen, wie er reagierte. Ich sah keine Spur von dem alten, wütenden Groll, der ihn früher zu packen pflegte, wenn er den Eindruck hatte, dass wir keinen Respekt vor seinen Überzeugungen hatten. In Orithena hatte sich irgendetwas für ihn verändert.
»Der Ort, an dem wir hier versammelt sind, ist nach Fraa Orolo benannt, der eine Zeitlang mein Fid war«, fuhr Paphlagon fort. »Als er nur wenig älter war als einige von euch«, und hier sah er mich und Ala, dann Jesry, Tulia und die anderen an, die aus Edhar oder von der Konvox gekommen waren, »hat er einmal mit mir darüber gesprochen, warum er bei der Elikt meinem Orden beigetreten ist. Denn er hätte die mathische Welt bei der Apert verlassen und ein Leben im Säkulum führen oder sich nach dem Entschluss, Fraa zu bleiben, ebenso gut dem Neuen Zirkel anschließen können. Orolo hat gesagt, je mehr er von der Komplexität des Geistes und des Kosmos wisse, mit dem er unauflöslich und geheimnisvoll verbunden sei, desto mehr neige er dazu, es als eine Art Wunder zu sehen – nicht ganz in dem Sinne, in dem unsere Deolatisten den Begriff verwenden, denn er hat es für ganz und gar natürlich gehalten. Er meinte vielmehr, dass die Entwicklung unseres Geistes aus Stücken unbelebter Materie schöner und außergewöhnlicher sei als jedes der von den Religionen unserer Welt im Lauf der Zeiten katalogisierte Wunder. Und deshalb verspürte er eine instinktive Skepsis gegenüber jedem Denksystem, ob religiös oder theorisch, das den Anspruch erhob, dieses Wunder zu umfassen, und ihm dabei nur Grenzen zu ziehen trachtete. Deshalb hat er sich für den Weg entschieden, den er genommen hat. Nun hat, was die Art und Weise angeht, wie der Polykosmos funktioniert, die Ankunft unserer Freunde von Urnud, Tro, Erde und Fthos bestimmte Dinge bewiesen,
über die wir bislang nur spekuliert haben. Wir alle müssen im Lichte dieser Offenbarungen alles überprüfen, was wir wissen und glauben. Das ist die Arbeit, die heute hier beginnt. Es ist ein großer und allmählicher Anfang, der viele kleinere, aber nicht weniger schöne Anfänge wie etwa die Vereinigung von Ala und Erasmas umfasst.«
Fast hätte ich mein Stichwort verpasst. Aber ich spürte, wie sich Ala
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