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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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wegen der Gesellschaft mitgekommen war, sondern eher deshalb, weil sich der leichte Wind gedreht hatte und Bratenduft von der Insel zum Ufer trug. Von seinem Ausguck im Bug aus hatte Barb bereits die Grillroste und andere derartige Attraktionen ausgemacht, die er als Erste aufsuchen würde. »Ihr habt ja einen Ofen!«, rief er aus und deutete auf eine gemauerte Kuppel, die soeben in der Silhouette der Insel aufgetaucht war und von der Rauch aufstieg.
    »Das war unser erstes dauerhaftes Bauwerk. Arsibalt hat damit angefangen, und Tris hat ihn fertiggebaut. Später werden wir eine Küche bauen, dann drum herum ein Refektorium.«
    »Wie steht es mit Messallanen?«, fragte Barb.
    »Vielleicht auch ein paar davon«, räumte ich ein, »für diejenigen, die ohne Servitoren einfach nicht zurechtkommen.«
    »Das wird also der Konzent Saunt Orolo?«, fragte mich Quin.
    Ich zögerte und legte die Ruder ein, da ich Yul nicht erschlagen wollte, der uns entgegengewatet kam, um uns an Land zu ziehen. »Es wird irgendetwas, das den Namen Saunt Orolo trägt«, versicherte ich Quin. »Aber wir fühlen uns nicht ganz wohl mit dem Wort Konzent. Wir brauchen ein neues Wort. Hey, Barb!« Denn Barb war drauf und dran, auf der Suche nach Essen vom Boot zu springen und an Land zu waten. Er hörte mich nicht. Aber Yul – dessen große nasse Hand inzwischen unser Dollbord gepackt hielt –
berührte ihn am Arm und zeigte auf mich. Barb drehte sich um. »Ich werde nicht ertrinken«, versicherte er mir, als beruhigte er ein quengeliges Kind, »meine Kleider bestehen aus wasserabweisenden Fasern.«
    »Du wirst auch nichts essen. Das Essen ist für später.«
    »Wie viel später?«
    »Du wirst zwei Auts über dich ergehen lassen müssen«, sagte ich. »Eine zu Mittag. Die andere unmittelbar danach. Dann essen wir für den Rest des Tages.«
    »Wie spät ist es?«
    »Gehen wir Jesry fragen.«
    Jesrys Uhr nahm auf dem höchsten Punkt der Insel Gestalt an. Auch sie gehörte zu den Projekten, die nicht zu unserer Lebenszeit fertiggestellt werden würden – aber sie tickte wenigstens schon! Jesrys Vorstellungen davon, wie »die richtige« zu bauen sei, waren so fortgeschritten, dass ich nicht einmal die Hälfte davon begriff. Aber wir hatten darauf bestanden, dass er für den heutigen Tag etwas vorweisen musste, das funktionierte. Er und Cord hatten in monatelanger Schufterei mehrere Prototypen gebaut und wieder zerstört. Ihr Arbeitstempo hatte sich in dem Maße beschleunigt, wie Cord mehr Werkzeuge herangeschafft hatte. Als Barb, Quin und ich auf die Kuppe stiegen, war Cord nicht da, da man sie zu anderen Vorbereitungen weggeholt hatte. Jesry war mit seinen Maschinen allein, und er glich einem halbverrückten Eremiten, wie er da durch eine Schutzbrille einen blendend hellen Lichtfleck beobachtete, der über einen Kunststeinklotz kroch. Der Fleck wurde von einem Hohlspiegel erzeugt, bei dessen Feinschliff wir alle geholfen hatten. »Ein Glück, dass die Sonne herausgekommen ist«, sagte Jesry zur Begrüßung.
    »Das tut sie um diese Tageszeit oft«, sagte ich.
    »Bist du bereit?«
    »Ja, Arsibalt kommt ein paar Minuten nach uns, und ich habe Tulia und Karvall die Köpfe zusammenstecken sehen, also …«
    »Nicht dafür«, sagte er. »Ob du für die andere Sache bereit bist, will ich wissen.«
    »Ach, dafür?«
    »Ja, dafür.«
    »Klar«, sagte ich, »ich war nie bereiter.«
    »Du, mein Fraa, bist ein Lügner.«

    »Wie viel Zeit bleibt noch?«, fragte ich, da ich einen Themenwechsel für angezeigt hielt.
    Er schob sich die Schutzbrille wieder vor die Augen und schätzte die Entfernung zwischen dem Lichtfleck und einem Stück Draht ab, das hilflos in dessen Weg lag. »Eine Viertelstunde«, verfügte er. »Wir sehen uns dann dort.«
    »Okay, Jesry.«
    »Raz? Sind da unten irgendwelche Deolatisten?«
    »Wahrscheinlich. Wieso?«
    »Dann sag ihnen, sie sollen darum beten, dass diese Vorrichtung in den nächsten fünfzehn Minuten nicht auseinanderfällt.«
    »Wird gemacht.«
    Wir gelangten zum Schauplatz des Aut, indem wir dem Auslöseseil von der Uhr nach unten folgten. Die Insel hatte sehr wenige flache Stellen, doch wir hatten mit Handwerkzeugen eine ausgeschabt und flachgestampft, sodass sie nun gerade groß genug für den Grundstein war. Darüber hatte Yul aus Schrottstahl ein Dreibein zusammengeschweißt. An dessen Spitze hing der Stein – ein Fragment der Stange, die die Geometer aus dem All abgeworfen hatten. Avot-Steinmetze, von denen es hier

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