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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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verschiedene Schritte der Symmetrisierung und der Antisymmetrisierung sowie der Erhöhung und Erniedrigung von Indizes umfasste. Von oben betrachtet, hätte das für jemanden, der sich in Theorik nicht auskannte, wie ein Volkstanz ausgesehen. Die Musik war angenehm, auch wenn sie alle paar Sekunden von dem Getriller eines Nicknacks unterbrochen wurde.
    Dann aßen und tranken wir weiter. Danach sangen die Fraas vom Neuen Zirkel ihr Stück, das viel besser aufgenommen wurde als der Tensorentanz. Dann aßen und tranken wir weiter. Statho sorgte für einen geregelten Ablauf, so wie Cord ihre fünfachsige Fräse in Gang hielt. Wir waren es nicht gewöhnt, ihn viel arbeiten zu sehen,
aber an diesem Abend verdiente er sich sein Bier. Für die Besucher war es nur eine kostenlose Mahlzeit mit sonderbarer Unterhaltung, aber in Wirklichkeit war es ein ebenso alter und wichtiger Ritus wie die Provene, und so gab es bestimmte Dinge, die abgehakt werden mussten, wenn wir es überstehen wollten, ohne uns eine Rüge von der Inquisition einzuhandeln. Und Statho war jemand, der seine Aufgabe auch dann korrekt erledigt hätte, wenn Varax und Onali nicht da gesessen und ihn um das Salz gebeten hätten.
    Fraa Haligastreme wurde vorgestellt, um ein paar Worte zum Edharischen Kapitel zu sagen. Er versuchte, über das zu reden, was ich zuvor Dath gegenüber erwähnt hatte, und machte es noch stümperhafter als ich. Er war der lustigste Mensch der Welt, wenn man einfach zu ihm hinging und ihn etwas fragte, aber wenn er die Gelegenheit hatte, sich vorzubereiten, war er hilflos, und das gelegentliche Geklingel der Nicknacks machte seine Konzentration zunichte und verwandelte seine Ausführungen in einen Scherbenhaufen. Die einzige Scherbe, die sich in mein Gedächtnis eingrub, war seine Schlussbemerkung: »Wenn das alles mehrdeutig erscheint, dann deshalb, weil es das ist; und wenn euch das beunruhigt, werdet ihr es hier hassen; wenn es euch jedoch ein Gefühl der Erleichterung verschafft, seid ihr hier am richtigen Ort und könntet in Erwägung ziehen zu bleiben.«
    Als Nächster war Korlandin für das Kapitel des Neuen Zirkels an der Reihe.
    »Ich war die letzten Tage mit meiner Familie zusammen«, verkündete er und lächelte zu einem Tisch mit Burghern hinüber, die sein Lächeln erwiderten. »Sie waren so nett, während der Apert ein Familientreffen zu organisieren. Sie alle sind da draußen vielbeschäftigt, genau wie ich hier drin, aber für diese Tage haben wir unseren Alltagstrott, unsere Karrieren und unsere anderen Verpflichtungen unterbrochen, damit wir zusammen sein konnten.«
    »Ich habe mir draußen Spulos angeschaut«, bemerkte Orolo. Nur fünf oder sechs von uns konnten ihn hören. »Welche mit massenhaft Explosionen. Manche sind recht unterhaltsam.«
    Korlandin fuhr fort: »Die Zubereitung des Abendessens – normalerweise eine Routinearbeit, die wir erledigen, um nicht zu verhungern -, wurde zu etwas vollkommen Anderem. Das Muster aus Schnitten, das meine Tante Prin auf die Kruste einer Pastete machte, war nicht bloß ein System von Schlitzen, um den inneren
Druck zu mindern, sondern eine Art Ritual, das wer weiß wie viele Generationen zurückreicht – gewissermaßen eine Anrufung ihrer Ahnen, die es auf dieselbe Weise machten. Die Gespräche, die wir zum Beispiel darüber führten, wie Großpapa Myrt beim Säubern der Regenrinnen vom Dach seiner Veranda fiel, waren nicht einfach Nachbesprechungen, bei denen es um die Gefahren häuslicher Renovierungsarbeiten ging, sondern Feste – auf denen mal geweint, mal gelacht und manchmal auch gleichzeitig geweint und gelacht wurde -, mit denen wir feierten, wie sehr wir einander liebten. Man könnte also sagen, dass es bei nichts um das ging, worum es oberflächlich zu gehen schien . Was es in einem anderen Zusammenhang vielleicht alles etwas finster klingen lassen würde. Offensichtlich war es aber nichts dergleichen. Wir haben es alle verstanden. Ihr hättet es auch verstanden. Und das ähnelt ziemlich gut dem, was wir Fraas und Suurs in diesem Konzent die ganze Zeit tun. Vielen Dank.« Darauf setzte Korlandin sich wieder hin.
    Leicht empörtes Gemurmel von – nicht unbedingt mit ihm einverstandenen – Avot wurde vom Beifall der Mehrheit der Besucher übertönt. Als Nächste musste die arme Suur Frandling aufstehen und ein paar Worte für die Reformierten Alten Faanier sprechen, aber sie hätte genauso gut aus einer ökonomischen Datenbank vorlesen können und wäre auch nicht

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