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Anatomie

Anatomie

Titel: Anatomie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bass jefferson
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Doch dann tauchten Kleinigkeiten auf, die mir seltsam vorkamen. Kein anderer Dealer besetzte das Gebiet. Das fehlende Kokain – angeblich irgendein heißes neues Zeug – gelangte nie auf die Straßen von Knoxville. Stattdessen wurde es bald in Memphis gesichtet. Es stellte sich heraus, dass einer der Beamten von der Drogenfahndung den Dealer aus dem Hinterhalt überfallen und das Kokain an einen Dealer in Memphis verkauft hatte, den er kannte. Beängstigend, wenn man herausfindet, dass man nicht mal den Leuten im eigenen Team trauen kann.«
    Das war allerdings beängstigend. »Und was soll ich jetzt machen?«
    »Kommt drauf an. Was ist dir denn wichtig?«
    »Ich will rausfinden, wer die junge Frau ermordet hat. Ich möchte ihr Gerechtigkeit widerfahren lassen, soweit das möglich ist.«
    Er nickte. »Etwas anderes hätte ich auch nicht erwartet. Dann tu, was du immer tust: Sprich für das Opfer, erzähl die Wahrheit und benutz deinen Verstand. Oh ja … und pass ab jetzt gut auf dich auf.«
    »Das ist alles? Einen besseren Ratschlag hast du nicht für mich, du Superbulle?«
    »Hey, einen besseren Rat habe ich auch für mich selbst nie. Scheint aber zu funktionieren. Bis jetzt.«
    »Sehr tröstlich. Kein Wunder, dass ich dich dabeihaben wollte.«
    »Verdammt richtig. Aber warte mal, da ist noch was. Ich bin nicht nur Tröster und Lebensretter, ich bin auch ein Eins-A-Beweisesammler.« Art langte in seine Hemdtasche, zog ein zusammengefaltetes Taschentuch heraus und reichte es mir.
    »Das Taschentuch soll ein Eins-A-Beweis sein?«
    »Nein, Sherlock. Sieh rein.«
    Ich faltete es auseinander. In den Falten steckte ein menschliches Haar. »Von wem?«
    »Frisch vom Kopf des Sheriffs Thomas Kitchings. Weißt du noch, wie ich dir da drin die Haut gerettet habe? Ich hatte seine Locken gut in der Hand, während ich ihm die Knarre an die Schläfe hielt. Dachte, wenn ich sie schon in der Hand hab, kann ich auch ein paar als Souvenir mit nach Hause nehmen. Arbeitet dein ehemaliger Student immer noch im kriminaltechnischen Labor des Pentagon?«
    »Bob Gonzales? Ja, warum?«
    »Könnte interessant sein, zu sehen, ob es irgendwelche Verbindungen zu deiner Höhlenfrau oder dem Baby gibt.«
    »Ich muss noch mal fragen, warum? Der Sheriff hat doch zugegeben, dass sie seine Cousine ist. Und du hast mich bereits davon überzeugt, dass er zu jung war, um der Vater des Kindes zu sein.«
    »Bill, wir sind hier im Cooke County. Sag nie nie. Man weiß nie, was sich noch ergeben könnte.«
    »Wenn du meinst. Du bist der Eins-A-Kriminalist. Danke übrigens, dass du mir da drin die Haut gerettet hast.«
    »Jederzeit. Außer wahrscheinlich in den nächsten ein, zwei Tagen. Ich arbeite noch an der Kindesentführung.«
    »Irgendwelches Glück?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nichts. Wir sind seit drei Wochen dran und haben noch nicht die geringste Spur, und das, obwohl wir den Scheißkerl fast rund um die Uhr beschatten. Wenn wir ihn nicht völlig falsch eingeschätzt haben, dann ist das Kind seit der Nacht, in der er es gekidnappt hat, tot. Wir haben schon die Leichenspürhunde losgeschickt, nach einer Leiche zu suchen.«
    Mir fiel nichts Ermutigendes dazu ein.
    Der Himmel hatte sich im Laufe des Tages bewölkt, doch als wir die große Brücke über den French Broad River überquerten, schoss die Sonne plötzlich einen ganzen Strahlenkranz hinter einem Berg Kumuluswolken hervor. Gegen eine violettschwarze Gewitterfront im Westen glühten die nahen Wolken und die waldbestandenen Flussufer mit solcher Lumineszenz, dass mir das Herz in der Brust ganz eng wurde. »Gottes Licht«, hatte meine Mutter so etwas immer genannt.
    Ich wusste nicht recht, ob ich noch an Gott glaubte. Doch an Folgendes glaubte ich: Trotz ihrer dunklen Flecken konnte die Welt ein schöner Ort sein.

14
    Ich machte seit Wochen einen weiten Bogen um den Kalender, doch ich konnte die Erinnerung an den Tag nicht verdrängen, der schließlich herangenaht war: der 27. September, der Tag, an dem Kathleens Tod sich zum zweiten Mal jährte. Ich hatte den Tag pünktlich und schlaflos um Mitternacht eingeläutet und hatte mich dann viele weitere Stunden unruhig hin und her geworfen. Bei Tagesanbruch hatte ich höllische Kopfschmerzen, und als ich mir Kaffee einschenkte, zitterte meine Hand. Als das Telefon die Stille in der Küche störte, zuckte ich dermaßen zusammen, dass ich die halbe Tasse verschüttete.
    »Hallo?«
    »Hey, Dad, ich bin’s, Jeff.«
    Jeff wohnte nur fünfundzwanzig

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